Mercedes AMG W14 für 2023: "Auto sieht anders aus"

Mercedes plant Konter 2023
„Nächstes Auto sieht anders aus“

Veröffentlicht am 28.10.2022

Eigentlich hätte die Stimmung im Silberpfeil-Lager nach dem US-Grand-Prix bestens sein müssen. So nah war man dieses Jahr schließlich noch gar nicht an einem Sieg dran. Die Austin-Upgrades haben das Auto an die Spitze herangebracht. Dazu konnte man den Rückstand auf Ferrari in der Teamwertung verkleinern. Doch für die Teamführung sind das nur kleine Schritte auf dem Weg zum großen Ziel. Für Mercedes zählen nur Siege und Titel.

"Wir müssen die deutsche Hymne wieder öfter hören", so die Kampfansage von Teamchef Toto Wolff nach dem Rennen. "Wir haben acht Titel in zehn Jahren geholt. Jetzt ist es an der Zeit, wieder Rennen zu gewinnen. Wir haben den anderen ein paar Pokale überlassen. Aber nächstes Jahr schlagen wir zurück."

Idealerweise will man noch in den verbleibenden drei Rennen in dieser Saison auf die Siegerstraße finden. Und den zweiten Platz in der Konstrukteurswertung würde man Ferrari auch noch gerne abjagen. Der Rückstand steht aktuell bei 53 Punkten. Doch der Fokus der Ingenieure liegt längst nur noch auf der Entwicklung des AMG W14 für die Saison 2023.

Mercedes - GP Belgien - Formel 1 - Spa-Francorchamps - 25. August 2022
xpb

Formkurve wie ein Aktienkurs

In das neue Modell soll alle Erfahrung einfließen, die man mit dem aktuellen Silberpfeil gemacht hat. Die Fehler sollen sich, wenn möglich, nicht wiederholen. Wolff ist zufrieden mit der Steigerungsrate: "Am Anfang der Saison sind wir meilenweit hinterhergefahren. Zwischendurch hatten wir immer wieder große Rückschläge, wie zum Beispiel in Spa. Die Formkurve ist wie ein Aktienkurs, es geht immer hoch und runter. Es ist nur wichtig, dass die Tendenz insgesamt nach oben zeigt."

Eine Baustelle war das hohe Gewicht. Obwohl in Austin ein paar Kilo abgespeckt werden konnten, liegt das Auto immer noch über dem Limit. Laut Technikchef Mike Elliott lag der Fokus in dieser Saison mehr darauf, die aerodynamischen Probleme auszumerzen: "Wir haben uns deshalb nicht speziell um das Gewicht gekümmert. Das haben wir uns für den Winter aufgehoben."

Auch den hohen Luftwiderstand ist Mercedes im Laufe der Saison nicht losgeworden. Auf den Geraden war der Silberpfeil regelmäßig das langsamste Auto. Um nicht zur einfachen Beute zu werden, sahen sich die Ingenieure häufig dazu gezwungen, kleinere Flügel anzubauen, was sich dann wieder negativ auf den Speed in den Kurven auswirkte.

Mercedes F1 Windkanal
Mercedes

Windkanal-Vorteil gegenüber Red Bull

"Durch den Budget-Deckel konnten wir leider nicht ständig neue Teile produzieren oder im Windkanal ewig nach Lösungen suchen", bedauert Wolff. "Das ist also auch ein Projekt für nächstes Jahr." Apropos Windkanal. Als Dauer-Champion bekam Mercedes in den letzten Jahren stets die geringsten Entwicklungsressourcen, was CFD-Durchgänge und Windkanalstunden anging. Das wird nächstes Jahr anders sein.

"Wenn wir Dritter in der Konstrukteurs-WM werden, haben wir 14 Prozent mehr als Red Bull", rechnet Wolff vor. "Die Regeln wurden ja bewusst so geschrieben, damit man die Möglichkeit hat, etwas von dem Rückstand wettzumachen." Absichtlich will man den zweiten Platz deshalb in der WM aber nicht herschenken, auch wenn das nächstes Jahr Vorteile bei der Entwicklung bringen würde.

Es ist allerdings möglich, dass der Ressourcen-Vorteil gegenüber der Red-Bull-Konkurrenz noch aus einem anderen Grund anwächst. Das Team aus Milton Keynes erwartet noch eine Strafe wegen der angeblichen Überschreitung des Budget-Limits. Wie man hört, soll eine Reduktion der Windkanalzeit Teil des Maßnahmenpakets sein, das die FIA vorgeschlagen hat.

Mercedes W13 - Bahrain-Test  -  2022
Mercedes

Experimente mit dem alten Auto

Bei Mercedes konzentriert man sich lieber auf sich selbst. Die letzten drei Rennen sollen dazu genutzt werden, möglichst viele Daten zu sammeln, die dann in die Entwicklung des 2023er-Modells einfließen. "Wir haben keine größeren Upgrades mehr geplant, aber es wird noch Änderungen am Auto geben. Wir wollen noch einige Experimente durchführen, die uns bei der Entwicklung des neuen Autos helfen", verrät Chefingenieur Andrew Shovlin.

Generell sei man aber schon zufrieden, mit den Erkenntnissen. Technikdirektor Elliot gibt sich zuversichtlich: "Wir haben einen Pfad gefunden, an den wir glauben und dem wir folgen können, um uns zu steigern. In der Formel 1 bekommt man leider nie alle Antworten. Man lernt immer dazu. Für uns galt es sicherzustellen, dass wir nichts übersehen. Wir haben jede Menge Experimente durchgeführt, um herauszufinden, wo wir noch etwas finden können."

Der Brite weiß, wie groß die Aufgabe ist, die man vor der Brust hat: "Mit Ferrari und Red Bull haben wir zwei sehr starke Gegner. Da müssen wir über den Winter richtig gute Arbeit leisten, um auf das gleiche Level zu kommen oder sie zu schlagen."

Toto Wolff & Mike Elliott - Mercedes - 2022
Wilhelm

W14 mit neuer Architektur

Nun interessiert natürlich alle, wie groß die Operation am nächstjährigen Auto ausfallen wird. Behält Mercedes das radikale Konzept mit den Mini-Seitenkästen bei? Elliott will sich jetzt noch nicht in die Karten schauen lassen. Nur so viel: "Das Auto wird anders aussehen. Ich sage nicht, warum, aber es wird anders aussehen."

Teamchef Toto Wolff wird da immerhin etwas konkreter: "Die DNA des Autos wird sich ändern. Das ist sicher. Das muss aber nicht unbedingt heißen, dass sich die Verkleidung deutlich vom aktuellen Modell unterscheiden wird. Aber die Architektur darunter wird sicher eine ganz andere sein."