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Jojo-Spiel bei Mercedes-Aufholjagd
W13 hat zu viele Schwachstellen

GP Belgien 2022

Mercedes tut sich schwer mit seiner Aufholjagd. Auf jeden Fortschritt folgt ein Rückschlag. Dabei wird das Auto immer besser. Doch mit jedem neuen Streckenlayout entdecken die Ingenieure neue Schwachstellen.

George Russell - GP Belgien 2022
Foto: Wilhelm

Dieser Mercedes W13 wird laut Toto Wolff keinen Ehrenplatz im Silberpfeil-Museum bekommen. Der Mercedes-Teamchef würde ihn lieber in den Keller stellen. Auf die Pole Position von Ungarn folgten 1,8 Sekunden Rückstand auf die schnellste Rennrunde. Im Rennen gab es zum ersten Mal seit dem GP Monaco kein Podium. Es war auch kein Trost, dass man im Rennen so schnell war wie Ferrari. Die geringere Reifenabnutzung ließ den Mercedes besser aussehen als er war.

Unsere Highlights

Mercedes tut sich mit seiner Aufholjagd schwer. Immer wenn man glaubt dran zu sein, folgt wieder ein Rückschlag. Wolff versucht die Stimmung im Team hochzuhalten. "Wir dürfen nicht zu sehr zwischen Hochgefühl und Depression schwanken. Dieses Wochenende war ein Tiefpunkt. Vor vier Wochen in Ungarn dachten wir noch, dass wir in diesem Jahr auf jeden Fall noch ein Rennen gewinnen werden."

Für Chefingenieur Andrew Shovlin ist klar: "Wir hatten in Spa mit verschiedenen Kompromissen zu kämpfen, viel mehr als bei den Rennen vor der Sommerpause, und das hat uns das Leben definitiv schwerer gemacht. In vielerlei Hinsicht haben wir daraus gelernt, denn das Auto ist auf einer Reihe von Strecken noch nicht gut genug ist. Es wird immer offensichtlicher, dass wir sein Arbeitsfenster vergrößern müssen."

Safety-Car - GP Belgien 2022
Mercedes
Zur großen AMG-Geburtstagsfeier in Spa wurde es nichts mit dem Podium.

Hohe Bodenfreiheit ist Gift

Das ist der Punkt. Die Schwankungen bei Mercedes haben damit zu tun, dass der W13 zu viele Schwachpunkte aufweist, die nie auf einmal auftreten, sondern nur von Strecke zu Strecke. Deshalb hilft es auch nichts, wenn man aus alten Fehlern lernt und sie kein zweites Mal macht, weil immer neue dazukommen. Und die kehren dann den Trend wieder um. Das war schon nach den Highlights in Barcelona und Silverstone so.

In Spa wurde Mercedes damit konfrontiert, dass man die Bodenfreiheit wegen der Kompression in Eau Rouge, wegen des Randsteins in Kurve 14 und der Bodenwelle in Kurve 15 dramatisch hochgesetzt werden musste. Mehr als man dachte. "Du merkst erst beim Fahren, wann das Aufsetzen auf der Straße kritisch für die Kanten des Unterbodens wird", bedauerten die Ingenieure.

Die Neujustierung der Bodenfreiheit hatte nichts mit dem Bouncing zu tun. Die Erfüllung der Direktive war für Mercedes kein Problem. Man hätte auch das Vorjahresauto wegen diesen Besonderheiten der Strecke höherlegen müssen. Es hätte nur nicht so heikel reagiert. Die Aerodynamik dieses Mercedes W13 funktioniert nur in einem Fensterspalt, und der liegt knapp über der Straße. Fällt man da noch oben raus, leidet das Konzept des W13 mehr als andere Autos.

Der Red Bull kommt am besten damit klar. Der Ferrari konnte früher auch hohe Bodenfreiheiten. Da muss es noch einen anderen Grund geben, warum die roten Autos so gegen ihren WM-Rivalen abfielen. Ob es eine Reaktion auf die Direktive ist, wird man erst in einigen Rennen wissen. Teamchef Mattia Binotto streitet es kategorisch ab: "Die Auswirkungen der Direktive sind komplett vernachlässigbar."

George Russell - GP Belgien 2022
Mercedes
Mercedes musste ein paar Millimeter mit der Bodenfreiheit hoch. Das warf die Aerodynamik aus dem Fenster.

Mehr Flügel als gewünscht

Die ungewöhnliche große Fahrzeughöhe erklärt einen signifikanten Teil der 1,8 Sekunden, die Mercedes am Samstag auf Max Verstappens beste Trainingszeit verlor. "Wenn man Red Bull mal ausklammert, hat sich der Abstand zu Ferrari im normalen Rahmen bewegt. Anderseits waren wir nicht weit genug vor dem Mittelfeld. Alpine war sogar schneller. Wir haben also nicht unsere übliche Leistung gezeigt, sind im Doppelpack mit Ferrari nach unten gerutscht", analysieren die Ingenieure.

Die Alpine waren nur in der Qualifikation schneller. Im Rennen kam Russell 44 Sekunden vor Fernando Alonso ins Ziel. Also der übliche Abstand. Das erklärt sich mit den höheren Temperaturen am Renntag. Bei 35 statt 22 Grad Asphalttemperatur brachte Mercedes die Pirelli-Sohlen einfacher in den Wohlfühlbereich. Die Angst um die Reifentemperaturen zwang Mercedes zu weiteren Eingeständnissen am Setup, was dann zumindest am Samstag zu dem Klassenunterschied zu Red Bull führte.

Mercedes musste den größeren Flügel fahren, um halbwegs Wärme in die Reifen zu bekommen. "Das hat uns eine Sekunde auf den Geraden gekostet. Wir brauchten Windschatten, um das Defizit in Grenzen zu halten." Sich hinter andere zu klemmen hat nur einen Nachteil. Sie drücken dir das Tempo in der Aufwärmrunde auf. Wenn das zu niedrig ist, fällt die Reifentemperatur in den Keller. Es ist ein Teufelskreis.

George Russell - GP Belgien 2022
Mercedes
Im Top-Speed konnte Mercedes nicht mit der Konkurrenz mithalten. Die Piloten mussten größere Flügel fahren, als sie eigentlich wollten.

Mercedes wird kein Allrounder mehr

Im Rückblick auf die ersten 14 Rennen muss man sagen, dass der Mercedes zu viele Schwachstellen hat, die jeden Fortschritt am Auto auffressen, sobald einer der kritischen Parameter aus dem Raster fällt.

Der aktuelle Silberpfeil schwächelt immer dann, wenn das Auto zu hoch in den Federn steht, wenn es kalt ist, wenn bei niedrigem Abtriebsniveau Effizienz verlangt wird, wenn es zu viele Bodenwellen und Randsteine gibt. Es ist konkurrenzfähig, wenn die Strecke viel Anpressdruck erfordert, der Belag eben ist und die Asphalttemperaturen hoch sind.

Red Bull hat ein Auto, das unter allen Bedingungen gut ist. Das wird gerade bei viel Bodenfreiheit zu einer Trumpfkarte. Der RB18 verliert viel weniger Zeit als die Konkurrenz. Mercedes führt das auf die Erfahrung der Red-Bull-Techniker mit der starken Anstellung ihrer Autos in der Vergangenheit zurück. "Sie haben für diese Strecken einfach ein besseres Aerodynamik-Kennfeld."

Sicher ist, dass der Mercedes in dieser Saison kein perfekter Allrounder mehr wird. Man muss auf den Strecken zuschlagen, die in das Anforderungsprofil des W13 passen und auf dem Rest des Programms Schadensbegrenzung betreiben.

Von den nächsten drei Schauplätzen ist nach Einschätzung der Ingenieure nur einer dabei, wo Mercedes wieder auftrumpfen kann. Ausgerechnet in der Ferrari-Hochburg Monza. "Zandvoort und Singapur sind wellige Strecken. Das könnte bedeuten, dass alle mit der Bodenfreiheit rauf müssen." Wenn es so wäre, holt die Direktive 039 Mercedes doch noch ein.

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