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Mercedes setzt auf falsche Reifen
Lieber einen Sieg als Vize-Titel

Mercedes setzte bei der Wahl seiner Reifen in Mexiko auf die konservative Variante. Red Bull zog mit Soft-Reifen am Start und Medium-Gummis danach das richtige Los. Pirellis C4-Mischung hielt länger als es die Mercedes-Simulationen vorausberechnet hatten.

Lewis Hamilton - GP Mexiko 2022
Foto: Wilhelm

Wenn Mercedes ein Rennen dieses Jahr gewinnen konnte, dann den GP Mexiko. Die Strecke passte zum Auto, die Upgrades schlugen an und auf den Startplätzen zwei und drei hatten Lewis Hamilton und George Russell eine gute Ausgangsposition für den 811 Meter langen Anlauf in die erste Kurve.

Doch als die Heizdecken von den Startreifen genommen wurden, rieb man sich bei Mercedes verwundert die Augen. Max Verstappen, Sergio Perez und sechs weitere Fahrer standen auf Soft-Reifen. Pirellis weichster Mischung im Angebot hatte Mercedes schon am Freitag wenig Chancen gegeben, im Rennen einmal zum Einsatz zu kommen. Nach den eigenen Hochrechnungen traute man dem Soft-Reifen 16 und dem Medium-Gummi 34 Runden zu.

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Damit lag die Wahl für den Start auf der Hand. "Wir wollten unbedingt ein Einstopp-Rennen fahren. Mit dem Medium hatten wir drei Optionen. Der Soft war nach unseren Simulationen nicht geeinigt, uns weit genug zu bringen, um mit einem Stopp durchzukommen. Schon gar nicht mit dem Medium-Reifen hinterher", erklärten die Ingenieure.

Max Verstappen - Red Bull - GP Mexiko 2022
Wilhelm
Verstappen konnte die Mercedes mit den Softs am Start in Schach halten.

Den Soft-Reifen unterschätzt

Doch warum hielt die C4-Mischung länger durch als gedacht? Mercedes führte es auf die niedrigeren Temperaturen am Sonntag zurück. Sie waren um acht Grad gefallen. Außerdem lagen weniger Informationen vor als sonst, weil das zweite Freitagstraining Reifentestfahrten zum Opfer fiel. "Und vielleicht hatte Red Bull auch bessere Informationen als wir", gaben die Ingenieure selbstkritisch zu. Das Siegerteam schrieb den Soft-Reifen am Freitag nicht so schnell ab.

Der Schlüssel lag offenbar darin, die weichen Reifen gut über die ersten fünf Runden zu bringen. Wer am Anfang zu hart attackierte, lief Gefahr, dass der linke Vorderreifen körnt. Deshalb war es für Verstappen so wichtig, den Start zu gewinnen. So konnte er das Tempo diktieren.

Teamkollege Sergio Perez gelang das in den Turbulenzen von Hamiltons Mercedes nicht so gut. Deshalb musste er auch zwei Runden früher an die Box als sein Teamkollege. Mercedes glaubt: "Wenn wir in der ersten Kurve vorne gewesen wären, hätten wir eine Siegchance gehabt."

George Russell - Mercedes - GP Mexiko 2022
Wilhelm
Die beiden Mercedes mussten früher als geplant zum Boxenstopp.

Hoffnung auf zweiten Red Bull-Stopp

Der weiche Reifen aber gab Verstappen den nötigen Gripvorteil, um mindestens gleich gut von der Linie zu kommen, die beiden Mercedes im Windschatten abzuwehren und später zu bremsen. Als der Holländer 25 Runden lang auf dem weichen Reifen durchhielt, war das Rennen für Mercedes endgültig gelaufen.

Der Versuch durch ein extremes Reifendelta am Ende des Rennens zur Attacke zu blasen scheiterte, weil Perez ins Boxenstopp-Fenster von Hamilton zu kommen drohte. So musste der Engländer schon vier Runden nach Verstappen an die Box.

Der harte Reifen erwies sich als Enttäuschung. Er hatte in der ersten Phase weniger Grip als der Medium-Gummi, und er hielt auch nicht länger durch. "Der Einbruch der Medium-Reifen kam leider nie", bedauerte man im Lager der Silberpfeile.

Insgeheim rechnete man noch damit, dass Red Bull einen zweiten Stopp einlegen würde. Hätte es was genutzt? "Verstappen hätte auch dann gewonnen. Er wäre zum Schluss noch einmal mit Soft-Reifen gefahren und hätte uns mit dem besseren Top-Speed überrannt. George hätte aber vor Perez landen können", hieß es im Mercedes-Camp.

Lewis Hamilton - GP Mexiko 2022
Wilhelm
Mit den harten Reifen konnte Hamilton nur noch den zweiten Platz gegen Perez sichern.

Hohe Bremstemperaturen bei Russell

Mit George Russell hatte man immerhin die Chance den Boxenstopp so lange hinauszuzögern. Die Ferrari lagen zu weit zurück, als dass man sich Sorgen hätte machen müssen. Russells Vorschlag, lange durchzuhalten und dann Soft-Reifen aufzuziehen scheiterte daran, dass bei ihm nach der 30. Runde die Medium-Reifen dramatisch nachließen. Mercedes musste ihn in der 34. Runde an die Box holen. "Die Restdistanz schien uns für die Soft-Reifen zu lange", bedauerten die Techniker.

Daniel Ricciardos starkes Finale ist kein Vorbild für Mercedes. Der Australier zögerte seinen Stopp bis Runde 44 hinaus. "Hätten wir mit George länger gewartet, hätte er sechs bis sieben Zehntel pro Runde auf Perez verloren. Das holst du auch mit Soft-Reifen nicht mehr auf." Zumal Russell schon relativ früh im Rennen angewiesen wurde, auf der Zielgerade Lift and Coast zu machen. "Wir hatten Schwierigkeiten mit den Bremstemperaturen."

Hamilton führte die Niederlage ebenfalls auf die falsche Reifenwahl zurück. "Im ersten Stint sah es noch ganz gut aus. Da konnte ich an Max dranbleiben. Auf den harten Reifen hatte ich keine Chance mehr."

Start - GP Mexiko 2022
xpb
Gibt es in den letzten zwei Rennen noch eine Chance auf den ersten Mercedes-Sieg?

Wichtig die Probleme verstanden zu haben

Auch der Teamkollege bedauerte: "Ich konnte den harten Reifen nicht zum Arbeiten bringen. Wir müssen jetzt verstehen, warum Red Bull und Ferrari beim Start den weichen Reifen gewählt haben. Das wird wohl unsere Lektion sein, die wir aus diesem Rennen ziehen müssen. Mit der gleichen Strategie wären wir sicher näher an Red Bull dran gewesen."

Teamchef Toto Wolff gab zu, dass man die Option soft-medium nie auf dem Radar hatte, höchstens die Variante soft-hart. Er stellte aber auch zufrieden fest, dass man unter gleichen Bedingungen die Lücke zu den Red Bull wieder ein bisschen kleiner gestalten konnte. Daran hatte nicht nur das Upgrade schuld, das in Austin debütierte. "Die Motorenleute haben einen hervorragenden Job gemacht, den Antrieb auf die speziellen Bedingungen in der Höhe anzupassen."

Mit dem Ergebnis verkürzte Mercedes den Abstand zu Ferrari in der Konstrukteurs-WM auf 40 Punkte. Bei der Frage, ob der Vize-Titel wichtiger sei als ein Sieg, bezog Wolff klar Stellung. "Ich würde den Sieg nehmen. Das wäre der bessere Beweis dafür, dass wir uns zurückgekämpft haben."

Es wird trotz der Windkanalstrafe für Red Bull nicht einfach, den Konzeptvorsprung des Weltmeisters wettzumachen. "Wir wissen, warum sie schneller sind. Sie werden einen Teil des Vorsprungs aber wohl auch in die Saison 2023 mitnehmen. Mir gibt Zuversicht, dass wir unsere Probleme verstanden haben, und dass dieses Team in der Lage ist, auf dieser Basis den Rückstand aufzuholen."

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