MISSING :: structure.inactiveTabOverlay
{"irCurrentContainer":"30252210","configName":"structure.inactiveTabOverlay"}

Mercedes-Podium trotz Fahrfehlern
Wo hat Russell den Sieg verloren?

GP Kanada 2024

George Russell führte die ersten 20 Runden den GP Kanada an. Trotzdem wurde der Pole-Setter nur Dritter. Dabei fuhr er bis zum zweiten Boxenstopp die gleiche Strategie wie Sieger Max Verstappen.

George Russell - Mercedes - GP Kanada 2024
Foto: Wilhelm

George Russell sprach von einer verpassten Gelegenheit. Dabei wurde der Engländer Dritter. Es war mit Abstand das beste Resultat eines Mercedes-Fahrers in dieser Saison. Doch der Mercedes W15 war in Montreal nicht mehr das Auto, das er in den ersten acht Rennen war.

Der viel gescholtene Silberpfeil bot George Russell und Lewis Hamilton zum ersten Mal eine Plattform für eine Pole Position und einen Sieg. Auf Augenhöhe mit Red Bull und McLaren. Die Upgrades der letzten vier Rennen und eine günstige Streckencharakteristik haben die Restlücke zu den schnellsten Autos im Feld innerhalb von 14 Tagen geschlossen. "Die Wahrheit, ob das dauerhaft so ist, werden wir in Barcelona erfahren", dämpfte Teamchef Toto Wolff allzu großen Optimismus.

Unsere Highlights

Russell deutete mit seiner Quali-Bestzeit und 20 Führungsrunden an, dass sich bald schon vier Autos um den Sieg streiten könnten. Diesmal musste Mercedes noch anderen den Vortritt lassen. Russell nahm die Schuld auf sich. "Ich habe zu viele Fehler gemacht, die mich hinter meine Konkurrenten geworfen und mich die Chance auf den Sieg gekostet haben. Auch andere Fahrer haben Fehler gemacht, aber nicht zum gleichen Preis."

George Russell - Mercedes - GP Kanada 2024
Wilhelm

Auf feuchter Strecke konnte Russell die Spitze halten. Auf abtrocknender Bahn ging erst Norris, dann Verstappen vorbei.

Verstappen verliert Zeit, Russell Plätze

In der nassen Anfangsphase konnte sich Russell bis auf 2,9 Sekunden von Max Verstappen absetzen. Mit abtrocknender Bahn schloss der Holländer die Lücke wieder, fand aber keinen Weg vorbei. Auch nicht, als in der 16. Runde DRS freigegeben wurde. Die Mercedes-Ingenieure erklärten die unterschiedliche Form der Autos in den ersten 20 Runden mit den unterschiedlichen Reifendrücken, die je nach Wasser auf der Strecke mal dem einen und mal dem anderen ein Vorteil verschafften.

Dann begann der Sturmlauf der McLaren-Piloten, die auf abgefahrenen Intermediates ihre beste Zeit hatten. Den ersten Fehler machte Verstappen. Er segelte in Kurve 1 geradeaus durch die Wiese, wurde aber außer durch Zeitverlust nicht bestraft. Dann war Russell an der Reihe. Als er den Angriff von Norris vor der Zielschikane abwehren wollte, musste er durch den Notausgang. Damit war nicht nur Norris, sondern auch Verstappen vorbei.

Während Norris an der Spitze auf und davon fuhr, konnte Russell das Tempo von Verstappen halten. Als Logan Sargeants Unfall die erste Safety-Car-Phase auslöste, musste der Mercedes-Kommandostand nicht lange überlegen. Beide Fahrer wurden an die Box geholt. "Hätte das Wetterradar nicht weiteren Regen angekündigt, wären wir auf der Strecke geblieben und hätten den Wechsel auf Slicks abgewartet. So aber war klar, dass wir mit frischen Intermediates besser durch den neuen Regen kommen als mit alten."

George Russell - Mercedes - GP Kanada 2024
xpb

In der ersten Safety-Car-Phase kamen Russell und Verstappen parallel an die Box.

Timing entscheidend bei Wechsel auf Slicks

Mercedes schlug Red Bull im direkten Boxenstopp-Duell um drei Zehntel. Es reichte aber nicht ganz, um sich den Platz von Verstappen wieder zurückzuholen. Weil Norris erst in der Runde darauf an die Boxen ging, kehrte sich die Reihenfolge wieder um. Damit war Russell wieder Zweiter hinter Verstappen.

Im zweiten Stint konnte Russell das Tempo des Weltmeisters nicht mehr ganz halten. Innerhalb von 16 Runden wuchs der Rückstand auf 3,4 Sekunden an. Das lag auch daran, dass Red Bull mit Setup-Änderungen beim ersten Boxenstopp besser auf die Bedingungen in der zweiten Rennhälfte reagierte. "Wir haben den Frontflügel verstellt und den Reifendruck adaptiert. Danach war unser Auto in einem besseren Fenster", verrät Teamchef Christian Horner.

Beim Wechsel auf Slicks war das Timing entscheidend. Pierre Gasly traute sich als erster auf Trockenreifen. An dem Alpine-Piloten sahen die Strategen, was auf sie zukam. "Die Aufwärmphase war schrecklich. Im ersten Sektor stand noch das meiste Wasser. Da musste man mit den Slicks erst einmal durch. Und dann waren sie immer noch kalt. Gasly verlor in seiner ersten Runde nach dem Stopp fast zehn Sekunden. In der zweiten aber war der Reifen schon da und es ließ sich absehen, dass er bald besser sein würde als der Intermediate", erzählen die Mercedes-Strategen.

George Russell - Mercedes - GP Kanada 2024
xpb

Russell mit Slicks im Regen. Auch wenn es hier nicht so aussieht, das Timing beim zweiten Stopp war perfekt.

Hamilton zu früh, Russell perfekt

Mit jeder Runde verkürzte sich die Aufwärmphase und vergrößerte den Zeitvorteil der Slicks, wenn sie mal in ihrem Fenster waren. Mercedes spielte zwei Karten. Hamilton wurde in der 43. Runde an die Box zitiert und bekam frische Medium-Gummis. Russell war zusammen mit Verstappen erst zwei Runden später dran. Ihm gab man harte Reifen mit. "Weil Lewis früher stoppte, bekam er die weichere Mischung, in der Hoffnung, die verkürzt das Aufwärmen. Es hat aber keinen großen Unterschied gemacht", bedauerten die Ingenieure.

Verstappen und Russell erwischten das Timing perfekt. Die Intermediates waren den Slicks gerade noch ebenbürtig, und die Zeitspanne, bis die Slicks auf Temperatur kamen, war nun akzeptabel. Hamilton fuhr auf seiner OUT-Runde eine Zeit von 1.33,415 Minuten, Russell nur zwei Runden später schon 1.30,477 Minuten.

Norris wartete noch einmal zwei Runden länger, und das war eine Runde zu lang, weil er im letzten Umlauf auf den Intermediates schon wieder Zeit herschenkte. Der McLaren-Pilot fädelte sich in die Viersekunden-Lücke zwischen Norris und Russell ein.

George Russell - Mercedes - GP Kanada 2024
xpb

Russell hatte den Speed, um Verstappen zu gefährden. Stattdessen kämpfte er mit den beiden McLaren und Teamkollege Hamilton. Am Ende Platz drei.

Zweiter Russell-Fehler hilft Norris

In der 49. Runde war Norris nur noch Dritter. Russell bremste den McLaren am Ende der langen Gerade aus. Seine Slicks waren längst im Arbeitsfenster, die von Norris noch nicht. Doch dann übertrieb es der Mercedes-Pilot mit dem Risiko. Nachdem er zwei Mal in Folge den Abstand zu Verstappen verkürzt hatte, kam er ausgangs Kurve 8/9 quer, verlor Schwung und hatte prompt das Heck des McLaren wieder vor der Nase.

Ein zweites Safety-Car nach der Kollision zwischen Carlos Sainz und Alexander Albon schenkte den Mercedes-Fahrern eine letzte Chance. Die Lücke hinter Hamilton war mit 31 Sekunden zu Fernando Alonso groß genug, um einen Gratis-Boxenstopp einzulegen. Auch zu dem Preis, dass Russell damit auch hinter den zweiten McLaren von Oscar Piastri fiel. Jetzt bekam Russell die Medium-Reifen und Hamilton die harten Sohlen.

Obwohl die Reifen der Mercedes-Piloten um zehn Runden frischer waren als die von Piastri, erwies sich der Australier als harter Knochen. In der 63. Runde trieb der Frust Russell in einen dritten Ausrutscher. Beim Ausbremsversuch am Ende der langen Gerade, schickte Piastri den Angreifer mit kurzem Kontakt in den Notausgang der Zielkurve. Hamilton sagte Danke und war vorbei.

Zwei Runden später knackte Hamilton den McLaren-Fahrer, dessen Hinterreifen anfingen zu körnen. Russell machte es dem Teamkollege eine Runde später nach und sorgte dann an der Boxenmauer und in der Garage von Mercedes noch einmal kurz für Nervenflattern. Mit Hilfe von DRS holt sich Russell den dritten Platz zurück.

Toto Wolff sprach das Schlusswort: "Das Ergebnis ist positiv, wenn man bedenkt, wo wir vorher immer gelandet sind. Beide Fahrer wissen aber auch, dass wir mehr hätten erreichen können. Wir hätten sicherlich noch ein oder zwei Positionen gutmachen und dann vielleicht um den Sieg kämpfen können."

Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 14 / 2024

Erscheinungsdatum 20.06.2024

148 Seiten