Wende im Titel-Duell: Piastri leistet sich Doppelfehler

Wende im Titel-Duell
Piastri leistet sich Doppelfehler

GP Österreich 2025
Zuletzt aktualisiert am 01.07.2025

Red-Bull-Teamchef Christian Horner nannte den GP Österreich ein "Two horse race". Man könnte es so übersetzen, dass es nur zwei Kandidaten für den Sieg gab. Lando Norris und Oscar Piastri. Die Überlegenheit der McLaren auf dem Red-Bull-Ring war erschreckend. 20 Sekunden auf Ferrari, 62 Sekunden auf Mercedes.

Es war von der ersten Kurve an klar, dass dieses Rennen eine McLaren-interne Angelegenheit werden würde. Man richtete sich eigentlich auf eine Norris-Show ein. Sein Quali-Vorsprung war eklatant. Auch wenn Piastri in seiner entscheidenden Q3-Runde von einer gelben Flagge gebremst wurde, machte der Australier nicht den Eindruck, dass er seinem Teamkollegen etwas entgegenzusetzen hätte. Norris gewann das zweite und dritte freie Training sowie die Quali-Abschnitte Q1, Q2 und Q3.

Umso größer war die Überraschung, dass Piastri dem McLaren mit der Startnummer 4 bis zur 20. Runde wie ein Schatten folgte, dass seine Reifen keine Anzeichen von Abnutzung zeigten, obwohl er ständig im DRS-Fenster des Stallrivalen lag. Im Gegenteil. Der McLaren von Norris lag speziell in den schnellen Kurven unruhig. Sein Fahrer musste zaubern.

Lando Norris & Oscar Piastri - McLaren - GP Österreich 2025
Wilhelm

Drei DRS-Zonen helfen dem Verfolger

Für beides gab es eine Erklärung. "Mit drei DRS-Zonen ist es schwer zu flüchten", bedauerte Norris. Teamchef Andrea Stella ging ins Detail: "Um sich gegen Oscar zu schützen, musste Lando den Abschnitt zwischen Kurve 4 und 10 nutzen, um die Batterie wieder aufzuladen. Dafür musste er in den Kurven mehr riskieren."

Trotzdem wurde es eng. In der elften Runde war Piastri eigentlich schon vorbei, wurde aber von Norris ausgekontert. Acht Runden später unterlief ihm der rennentscheidende Fehler. Und das gleich im Doppelpack. Es war eigentlich gar kein richtiger Angriff, als der WM-Spitzenreiter im Anflug auf Kurve 4 aus dem Hinterhalt ausscherte und dann doch den Anker warf, weil es nie und nimmer gereicht hätte. Dabei bremste er sich den rechten Vorderreifen eckig.

Bis dahin hatte der McLaren-Kommandostand seinen Fahrern freien Lauf gelassen. Doch dann meldete sich Piastris Renningenieur am Funk und erinnerte seinen Fahrer an die Papaya-Regeln. Zweikampf ja, Berührung nein. Mit dem Verbremser ging es über das Limit hinaus. Der WM-Spitzenreiter sah ein: "Das war ein dummer Fehler, und es wäre nicht weise gewesen, ihn zu wiederholen."

Lando Norris & Oscar Piastri - McLaren - GP Österreich 2025
Mark Thompson via Getty Images

Piastri entschied sich für die falsche Option

Der nächste Fehler folgte auf dem Fuß. Diesmal traf Piastri die falsche taktische Entscheidung. Als Spitzenreiter bekam Norris den ersten Stopp. "Oscar hatte jetzt zwei Möglichkeiten. Entweder eine Runde später kommen oder länger draußenbleiben, um ein Reifen-Delta für den Rest des Rennens aufzubauen. Das kann auf Strecken mit starker Reifenabnutzung ein Vorteil sein", dozierte Teamchef Stella.

Für den Moment war es ein Nachteil, denn damit war Piastri raus aus dem DRS-Bereich. Stella rechnete vor: "Wenn er gleich rauskommt, verliert er wegen des Undercuts von Lando etwa zwei Sekunden. Bei vier Runden länger Warten wären es normalerweise vier Sekunden geworden." Tatsächlich wurden 6,3 Sekunden daraus.

Piastri entschied sich für die Reifen-Delta-Variante, was angesichts des Bremsplattens die falsche Entscheidung war, weil so die Lücke zum Teamkollegen stärker anwuchs als es sonst der Fall gewesen wäre. Der Mann aus Melbourne verrät, warum er zu dem Zeitpunkt lieber länger auf der Strecke blieb. "Ich wäre so oder so aus dem DRS-Fenster gefallen. Also habe ich etwas anderes probiert, in der Hoffnung am Ende des Stints die besseren Reifen zu haben. Es hat sich nicht ausgezahlt."

Lando Norris & Oscar Piastri - McLaren - GP Österreich 2025
Wilhelm

Die zwei Aufholjagden von Piastri

Der Rest des Rennens war aus Piastris Sicht eine Aufholjagd. Auf den harten Reifen dauerte es fünf Runden, bis Piastri begann, am Vorsprung seines WM-Gegners zu knabbern. Und auch dann holte er lange nur im Zehntelbereich auf. Als Norris in Runde 52 von harten Reifen auf Medium-Gummis wechselte, betrug der Abstand noch 3,9 Sekunden.

Diesmal wartete Piastri nur eine Runde. Bei einer Restdistanz von 18 Runden hilft einem auch kein Reifendelta mehr. Sein Pech war, dass er an der Boxenausfahrt hinter Yuki Tsunoda und Franco Colapinto zurückfiel, die so sehr mit ihrem eigenen Duell beschäftigt waren, dass Colapinto den McLaren bei 300 km/h auf die Wiese drückte.

Wie schon im ersten Stint hatte man den Eindruck, dass Norris speziell mit der C4-Mischung mehr Probleme hatte als sein Verfolger. Mit einer Serie schneller Runden verkürzte Piastri den Rückstand schnell auf Blickkontakt. Einen Umlauf vor dem Ende trennten die beiden McLaren-Fahrer nur noch 1,3 Sekunden.

Dann halfen die Überrundungen. Norris kam noch an Gabriel Bortoleto und Fernando Alonso vorbei, Piastri nicht mehr. Im Ziel waren es dann wieder knapp 2,7 Sekunden. Piastri zog Bilanz: "Wir hatten heute den Speed das Rennen zu gewinnen, haben aber vielleicht nicht immer die richtigen Entscheidungen getroffen."