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McLaren-Teamchef Stella im Interview
„Platz 5 bleibt das Ziel“

Der neue McLaren-Teamchef Andrea Stella erzählt im Interview, wie er in seine neue Rolle gewachsen ist und wie McLaren die Wende mit einer Serie von Upgrades schaffen will.

Andrea Stella - McLaren - GP Bahrain 2023
Foto: Wilhelm

Wie wandelt man sich vom Ingenieur zum Teamchef?

Stella: Es war ein interessanter Prozess. Eigentlich tue ich nichts anderes als vorher. Ich suche Rundenzeit. Jetzt kann ich es in einem größeren Verantwortungsbereich tun, habe Einfluss auf das ganze Team, auf 700 Mitarbeiter. Nicht mehr nur auf die Technik, sondern auch den operativen Bereich. Das Ganze wird vom Team mit unheimlich viel Einsatz und Enthusiasmus getragen.

Unsere Highlights

Gibt es Bereiche, die für Sie komplett neu sind?

Stella: Mein Fokus im Moment richtet sich auf das Team. Schritt für Schritt lerne ich in den Bereichen dazu, mit denen ich vorher nichts zu tun hatte. Die große Politik, die Interaktion mit anderen Teams und der FIA. Ich bin da aber nicht allein, sondern teile mir die Arbeit mit Zak Brown. Meine Priorität im Moment ist, das Auto zum Laufen zu kriegen, die Exekution an der Strecke auf hohem Niveau zu halten und im Rahmen des Budgetdeckels unsere Arbeit zu verrichten. Das ist ein komplexer und dynamischer Prozess.

Sind die Schuhe, in die man Sie gesteckt hat, größer oder nur anders?

Stella: Für mich ist es eine Herausforderung in einem größeren Maßstab. Es sind einfach mehr Aufgaben zu bewältigen. Es gibt mehr Ansprechpartner. Mein Arbeitsansatz hat sich nicht geändert. Ich habe einen starken technischen Hintergrund, aber am Ende sind es die Menschen im Team, die den Unterschied machen.

Lando Norris - McLaren - Formel 1 - GP Miami - 5. Mai 2023
Motorsport Images
McLaren punktete in zwei der bisherigen fünf Saisonrennen.

Wie fühlen Sie sich in einer Reihe mit Bruce McLaren, Teddy Mayer oder Ron Dennis?

Stella: Das ist ein Privileg und für mich eine Inspiration. Es gibt mir Energie. Es lässt mich die Verantwortung noch mehr spüren.

Ist es ein Vorteil, als Ingenieur in die neue Rolle zu kommen? Sie sind ja nicht der einzige Ingenieur, der in den letzten Jahren zum Teamchef befördert wurde.

Stella: Ich kann das erklären. Formel-1-Teams sind heute sehr komplex. Das Regelwerk, egal ob technisch, sportlich oder finanziell, ist riesig. Wenn du effizient sein willst, die Regeln so gut wie möglich anzuwenden, hilft es, wenn du dich mit diesem Prozess auskennst. Als Techniker bist du das gewohnt. Es gibt sicher auch andere Modelle, die funktionieren, aber es reicht heute nicht mehr, sich als Teamchef nur auf die Experten im Team zu verlassen. Deshalb sehen wir diesen Trend.

Sie beginnen als Teamchef in einer Phase, in der McLaren in schwerer See segelt. Liegt darin auch eine Chance, weil es nicht schlechter werden kann?

Stella: So sehe ich das nicht. Selbst wenn wir das beste Team wären, hätte ich die gleiche Entschlossenheit, die Dinge zu verbessern. In der Formel 1 kannst du keinen Vorteil verwalten. Es wäre auch nicht korrekt, wenn ich darüber nachdenke, wie ich persönlich dabei abschneide.

Nach dem Tiefpunkt 2017 ging es bei McLaren stetig bergauf. Warum dieser Bruch letzte Saison?

Stella: Ich glaube, dass wir stagniert sind und alle anderen sich verbessert haben. Aus verschiedenen Gründen, strukturell und taktisch, haben wir uns nicht so gesteigert, dass wir unsere alte Position halten konnten. Da spielt sicher auch die fehlende Infrastruktur eine Rolle. Wenn du ein neues Auto für komplett neue Regeln bauen musst, dann ist es eine Einschränkung, keinen eigenen Windkanal zu haben, oder wenn andere Werkzeuge wie ein moderner Simulator oder eine ausreichende Produktionskapazität fehlen, die wir gerade ziemlich stark ausbauen.

Das Team hat nach der Pandemie aufgehört zu wachsen. Wir heuern gerade erfahrene und junge Leute für unsere Technikabteilung an. Außerdem waren unsere Abläufe nicht sehr effizient. Wir haben in den ersten Monaten meiner Amtszeit damit begonnen, im Technikbereich die Strukturen zu verändern.

Lando Norris - McLaren - GP Australien 2023 - Melbourne
Motorsport Images
Auf Abwegen: McLaren muss die Entwicklungsrichtung mit dem MCL60 korrigieren.

Wie sind Sie im Dezember letzten Jahres draufgekommen, dass Ihre damals eingeschlagene Entwicklungsrichtung in eine Sackgasse führt, wenn Sie gleichzeitig nicht wissen konnten, ob etwas anderes besser ist?

Stella: Das Singapur-Upgrade letztes Jahr war nicht so gut, wie es aussah. Zwei Punkte haben uns zweifeln lassen. Erstens, als wir gemerkt haben, dass der Entwicklung die Power ausgeht. Du holst nicht mehr schnell genug in den einzelnen Schritten die Rundenzeit heraus, die du brauchst, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Gleichzeitig schaust du dir die Konkurrenz an. Du siehst die Geometrie ihrer Autos, versuchst zu verstehen, wie sie die Strömungsphysik managen, und siehst, dass sie einen anderen Ansatz haben als du selbst. Dann musst du nur eins und eins zusammenzählen.

Wenn diese andere Richtung mehr Potenzial hat, musst du deine aufgeben. Am Anfang machst du in der Regel einen Schritt rückwärts. Dann aber merkst du, dass der neue Weg viel bessere Steigerungsraten hat und gewinnst Vertrauen, dass du damit richtig liegst. Weil du aber mehr Spielraum nach oben hast, holst du dein eigenes Konzept schnell wieder ein.

In welcher Phase befinden Sie sich jetzt?

Stella: Jetzt sind wir dort, wo wir eigentlich schon in Bahrain sein wollten. Es ist die Plattform, auf der die nächsten Upgrades echte Fortschritte bringen sollten. Weil die Produktion Zeit braucht, hängst du immer hinter der Entwicklung zurück, die du daheim an den Simulationen siehst.

Wie viel Zeit haben Sie durch diese Kehrtwende verloren?

Stella: Drei Monate.

Sie haben ein ziemlich aggressives Upgrade-Programm. Werden Sie das mit dem neuen Sprintformat so einhalten können, oder müssen Sie Upgrades verschieben?

Stella: Es ist eine Herausforderung, große Upgrades zu Sprint-Events zu bringen, so wie wir das in Baku getan haben. Aber wenn du ein gutes Verständnis hast und deinen Werkzeugen vertraust, kannst du es trotzdem wagen. Wir haben festgestellt, dass unsere Windkanaldaten und CFD-Simulationen mit den Groundeffect-Autos näher an der Wirklichkeit liegen als bei der Fahrzeuggeneration davor.

Wenn deine Modifikationen allerdings das Bouncing beeinflussen, dann musst du vorsichtig sein. Das wirkt sich auf der Strecke manchmal anders aus als in den Simulationen. Auf der anderen Seite willst du nicht Rundenzeit zurückhalten. Da musst du manchmal ein kalkuliertes Risiko eingehen. Das haben wir in Baku mit dem neuen Unterboden trotz der Bouncing-Gefahr getan. Wir wollten nicht bis Miami warten. Wenn Rundenzeit versprochen wird, müssen wir zugreifen.

McLaren - Formel 1 - GP Australien 2023
Wilhelm
Mit einem aggressiven Entwicklungsplan will McLaren die Saison zum Guten drehen.

Wie viele große Upgrades werden wir noch sehen?

Stella: Mindestens zwei mehr. Das ist im Moment der Plan. Das hängt davon ab, wie wir uns entwickeln. Ob wir es an die Spitze des Mittelfeldes schaffen oder ob eine Chance besteht, näher an die Top 4 zu kommen.

Eines dieser Upgrades verdient nach Ihren Worten das Prädikat B-Version. Warum?

Stella: Man kann es eine B-Version nennen, wenn sich das Auto im Aussehen deutlich verändert. Das wird zum Beispiel passieren, wenn wir neue Seitenkästen an das Auto bringen. Das ist das Merkmal, das diese Autos unterscheidet.

Wie schwer war es, den Fahrern zu erklären, dass sie sich auf einen schweren Saisonstart gefasst machen müssen?

Stella: Ich hätte lieber gute Nachrichten für sie gehabt. Es ist wichtig, im Team eine gesunde Kultur zu haben, speziell, wenn die Nachrichten mal nicht so gut sind. Wir sind ein Team. Das sagt sich so einfach, ist aber nicht immer einfach umzusetzen. Wir sind ehrlich und offen. Auch die Fahrer ziehen da mit. Das ist wichtig, weil sie das Team ihrerseits motivieren müssen. Lando und Oscar sind da außergewöhnlich. Sie geben dem Team das Gefühl, dass sie hinter ihm stehen.

Bestes Beispiel war unser Briefing nach dem Rennen in Saudi-Arabien. Da hatten wir eine extrem unglückliche erste Runde, in der Oscars Frontflügel gebrochen ist und Teile dieses Flügels Landos Frontflügel gebrochen haben. Jeder hätte verstanden, wenn die Fahrer nach diesem Rennen keine Lust auf das Briefing gehabt hätten. Aber sie entschieden, dass sie daran teilnehmen wollten, um dem Team zu zeigen, dass sie hinter ihm stehen. Auch in der Niederlage.

Reagieren die Fahrer unterschiedlich auf die Ergebniskrise? Norris ist ein potenzieller GP-Sieger, Piastri ein Rookie.

Stella: Beide sind sehr jung. Lando hat bewiesen, dass er ein Topfahrer ist. Gib ihm ein Siegerauto, und er wird gewinnen. Wir würden verstehen, wenn er frustriert wäre, aber er zeigt es uns nicht. Oscar ist in einer anderen Phase seiner Karriere. Der Plan war, dass er sich Sitzung für Sitzung verbessern soll. Und genau das passiert. Er sieht, was er besser machen kann, und er setzt es in der nächsten Sitzung um. Obwohl das Auto nicht einfach zu fahren ist. Das ist beeindruckend und zeigt sein Ausnahmetalent.

Bleibt der fünfte Platz das Ziel?

Stella: Absolut. Das muss das Ziel bleiben. Aber wir wollen am Ende der Saison auch an der Tür der Top-4-Autos klopfen.

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Erscheinungsdatum 26.09.2024

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