Las Vegas brachte dem Branchenprimus der Formel 1 in diesem Jahr kein Glück. McLaren kassierte an beiden Fronten des Weltmeisterschafts-Kampfs empfindliche Niederlagen.
Dass Max Verstappen nach seiner Brasilien-Gala schon kurz vor dem Titelgewinn stand, war allen im Fahrerlager bewusst, doch sein Verfolger Lando Norris und die McLaren-Truppe hätten die Entscheidung gerne nach Katar verlegt.

McLaren fuhr in Las Vegas der Konkurrenz von Mercedes, Ferrari und Red Bull hinterher.
Ferrari holt auf
Daraus wurde nichts. Verstappen cruiste mit Sicherheitsabstand vor Norris auf Platz fünf ins Ziel. Das Ding war damit durch. Noch empfindlicher traf McLaren aber die Schlappe gegenüber Ferrari im Kampf um die Konstrukteurs-Krone.
Die Roten belegten mit Carlos Sainz und Charles Leclerc die Ränge drei und vier. Da Oscar Piastri im zweiten McLaren hinter Norris nur Siebter wurde, verkürzte die Scuderia den Abstand auf 24 Punkte. Lando Norris schnappte sich kurz vor Schluss immerhin noch den Bonuspunkt für die schnellste Rennrunde. Mehr als Schadensbegrenzung war aber nicht drin.
"Es ist enttäuschend, dass wir zwölf Punkte auf Ferrari verloren haben", gab Teamchef Andrea Stella zu Protokoll. Der Italiener bedankte sich bei Mercedes, die mit George Russell und Lewis Hamilton einen Doppelsieg feierten. "Wir müssen froh sein, dass Mercedes so stark war und Ferrari Punkte weggenommen hat."

McLaren litt in den USA unter den schwierigen Bedingungen. Mehr als die Plätze sechs und sieben war nicht drin.
MCL38 leidet in Las Vegas
Viele Experten hatten McLaren vor dem Grand Prix in der Zocker-Metropole weit oben auf ihrem Favoritenzettel. Das Abtriebslevel auf dem 6,201 Kilometer ähnelte auf dem Papier den Strecken in Monza und Baku. Beides Grands Prix, in denen McLaren neben Ferrari am schnellsten war. "Wir sind besser, wenn wir mit einem großen Heckflügel fahren können. Das sieht man auch an den Ergebnissen von Budapest, Zandvoort und Singapur, als wir dominiert haben", führte Stella aus.
Bereits am ersten Trainingstag begannen die Probleme. Ähnlich wie Ferrari litt McLaren in der Mojave-Wüste unter den kühlen Bedingungen und der Strecke, auf der nur wenig Gummi lag. Erst im dritten Stint kamen die MCL38 von Norris und Piastri langsam in Schwung. "Unser Auto ist so designt, dass es in solch speziellen Bedingungen wie hier in Vegas nicht optimal funktioniert", klagte Stella.
Sein Pilot Lando Norris beschwerte sich im Zocker-Paradies vor allem über den Reifenverschleiß. "Seit sechs Jahren haben wir das Problem, dass wir die Vorderreifen zu stark beanspruchen." Stella erklärte das Phänomen. "Dieses Verhalten der Vorderachse tritt manchmal noch auf. Das liegt an diesen speziellen Bedingungen, wenn das Layout, das Grip-Level oder das Downforce-Level ein Setup erfordern, dass die Vorderachse mehr beansprucht."
Der Italiener macht aber Hoffnung, dass die Probleme in Zukunft nicht mehr so häufig auftreten. "Wir haben im letzten Stint etwas an den Einstellungen des Autos geändert. Die Piloten haben ihren Fahrstil geändert. Das hat gut funktioniert. Lando ist am Ende so schnell gefahren wie die Autos an der Spitze. Wir müssen das jetzt analysieren und daraus für die Zukunft lernen."

Das Streckenlayout von Katar sollte dem MCL38 besser liegen. McLaren hat dort Matchball im Kampf um den Konstrukteurs-Titel.
Katar als Brustlöser?
Viel Zeit, um über die Niederlage zu grübeln, bleibt nicht. Der Formel-1-Tross zieht direkt nach Katar weiter. Auf dem Losail Circuit findet das vorletzte Rennen der Saison statt. Die wärmeren Temperaturen und das flüssigere Layout dürfte den Papaya-orangen Rennwagen besser schmecken. Die schnellen Kurven erfordern mehr Abtrieb als der Stadtkurs von Las Vegas.
Stella sieht das ähnlich, schickte aber sofort eine Warnung hinterher. "Katar und auch Abu Dhabi sollten uns besser liegen, was das Design unseres Autos angeht. Aber gleichzeitig sollten wir vorsichtig sein. Das Niveau der vier Top-Teams in diesem Jahr ist meiner Meinung nach so hoch wie noch nie. Wir nehmen an, dass unser Auto in Katar besser abschneidet. Aber wenn wir dahin gehen und denken, das wird eine leichte Nummer, dann werden wir dafür bestraft."
Um den ersten Konstrukteurs-Titel seit 1998 einzufahren, müssen im Duell gegen Ferrari weiter Punkte her. "Es geht darum, das Potenzial aus dem Paket herauszuholen. Wenn wir das schaffen, sollte es gut aussehen. Aber ich würde Ferrari nicht abschreiben."
McLaren reist mit einem Vorsprung zum vorletzten Rennen des Jahres. Das bedeutet: Das Traditionsteam aus Woking hat schon den ersten Matchball. Beim Finale in Abu Dhabi kann ein Team nur noch 44 Punkte sammeln. McLaren müsste also mindestens weitere 20 Zähler auf die italienische Konkurrenz gutmachen. Sonst wird der Titelkampf erst im allerletzten Rennen entschieden.