McLaren-Absturz im Qualifying: Was ist das Geheimnis?

Verstappen besiegt das Wunderauto
Warum verliert McLaren seinen Joker?

Veröffentlicht am 20.04.2025
Sam Bloxham via Getty Images
Foto: Lando Norris - McLaren - GP Saudi-Arabien 2025

Die Qualifikation zum GP Saudi-Arabien war ein Wiedersehen. Aus Sicht von Red Bull mit Suzuka. Aus der Perspektive von McLaren mit Bahrain. Max Verstappen wiederholte seine Traumrunde des Japan-Qualifyings. Null Fehler, jeder Meter am Limit, der entscheidende Vorteil in der Zielkurve. Wieder war es knapp. Enger noch als in Suzuka.

Nur eine Hundertstel trennte Verstappen am Ende von Oscar Piastri. Der Australier war mit seinem letzten Versuch zufrieden, "Viel mehr war nicht möglich. Ich hatte im ersten Versuch einen Fehler. Den habe ich ausgebügelt. Aber bei einem so kleinen Abstand kannst du die Zeit überall verloren haben." Im Vergleich der Idealzeiten war die Differenz noch geringer. Da hätte Verstappen den McLaren-Piloten mit 1.27,237 zu 1.27,243 Minuten geschlagen.

McLaren fühlte sich an Bahrain erinnert. Auch da deklassierte man im dritten Training in den heißen Nachmittagsstunden die Konkurrenz. Und auch da wurde es bei einer 15 Grad niedrigeren Asphalttemperatur plötzlich eng. Und trotzdem fragen sich alle: Wie kann dieser massive Vorteil plötzlich verschwinden?

Max Verstappen - Red Bull - GP Saudi-Bahrain 2025
Mark Sutton via Getty Images

Red Bull findet wieder das Setup

Max Verstappen hat Red Bull wieder einmal gerettet. Seine Klasse zeigt der Abstand zu Yuki Tsunoda, der im Q3 plötzlich von vier auf neun Zehntel anwuchs. Der Weltmeister verteilte den Applaus aber auch an sein Auto und die Strecke.

"Wir haben die richtigen Lehren aus dem Freitag gezogen, das Setup über Nacht in die richtige Richtung umgebaut und zur Qualifikation hin mit Feintuning optimiert. Auf schnellen Strecken wie Suzuka und Jeddah können wir mit den Einschränkungen unseres Autos besser leben."

Wie in Suzuka fanden die Ingenieure nach einem frustrierenden Freitag ein Setup, mit dem ihre Nummer eins um die Pole-Position kämpfen konnte. Die Strecke spielte Red Bull einen Steilpass zu. Der RB21 ist in schnellen Kurven besser als in langsamen und mittelschnellen Kurven, in denen man das Auto schnell drehen muss. Und er hält die Reifen auf dem glatten Asphalt besser im Fenster. Sportchef Helmut Marko resümierte: "Unser Auto hat großes Potenzial. Es ist nur ganz schwer abzurufen."

Max Verstappen - Red Bull - GP Saudi-Bahrain 2025
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Red Bull gibt Verstappen zwei Versuche

Trotzdem ging Red Bull mit wenig Hoffnung in das entscheidende Zeittraining. McLaren hatte alle anderen wie schon in Bahrain im dritten Training zerstört. Mercedes war sechs Zehntel langsamer, Red Bull und Ferrari acht. Zweieinhalb Stunden später war die Papaya-Magie wie weggeblasen.

Verstappen fuhr im Q1 Bestzeit und im Q2 die zweitschnellste Runde. Und dann mischte sich auch noch George Russell in den Kampf um die Bestzeit ein. Schon da trennten die drei schnellsten Autos nur Hundertstelsekunden. Aber erst der Crash von Lando Norris zu Beginn des Q3 gab Verstappen die Gewissheit: "Die McLaren sind am Limit. Da könnte was gehen."

Bei einer Restzeit von 8:32 Minuten traf Red Bull die richtige, Mercedes die falsche und McLaren gar keine Entscheidung. Red Bull quetschte zwei Versuche in die verbleibende Zeit. Mercedes hielt Russell in der Box und setzte alles auf den letzten Versuch. Für Verstappen zahlte sich die Extra-Runde auf den angefahrenen Reifen mit Sprit für vier Runden aus. Er blieb im Rhythmus, sicherte sich gegen eine späte rote Flagge ab und setzte Piastri mit einer unerwarteten Bestzeit unter Druck.

Für McLaren machte die Red-Bull-Taktik keinen Sinn. Piastri hatte als einziger in den Top Ten schon eine Zeit auf der Habenseite. Er kreuzte die Linie drei Sekunden vor dem Abbruch nach dem Norris-Unfall. "Es hätte wenig Sinn gemacht, eine weitere Runde auf gebrauchten Reifen zu drehen. Der Lerneffekt hätte das zusätzliche Risiko nicht aufgewogen."

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Lando Norris - McLaren - GP Saudi-Arabien 2025

Bluff, Sprit oder Temperaturen?

McLaren musste sich trotzdem fragen lassen, warum sich der Vorsprung bei 37 Grad Streckentemperatur im Vergleich zu 52 Grad praktisch in Luft auflöste. Red-Bull-Teamchef Christian Horner analysierte: "Dafür gibt es nur zwei Erklärungen. Entweder sie fahren im dritten Training mit weniger Sprit, oder sie verlieren bei den höheren Temperaturen dramatisch weniger Zeit als alle anderen."

Sportchef Helmut Marko vermutet gar einen Bluff. Doch welchen Sinn sollte das machen? Alle im Feld wissen, dass McLaren das schnellste Auto im Feld hat. Die Chefs Zak Brown und Andrea Stella unternehmen alles, um die Konkurrenz stark zu reden. Warum also sollte man absichtlich auf der Rennstrecke Fakten schaffen, die das Gegenteil belegen?

Der große Unterschied ist so rätselhaft wie das Geheimnis, das diesen McLaren MCL39 so schnell macht. Das ist nicht allein mit einem überragenden Abtrieb und einer ausgewogenen Fahrzeugbalance zu erklären. Da steckt mehr dahinter, wenn Brown und Stella von Innovationen sprechen, die unsichtbar im Auto stecken.

Es muss auch einen speziellen Grund haben, warum sich die Mechaniker bei bestimmten Arbeiten am Auto wie eine Wand vor der Garage aufstellen, um Spionen die Sicht zu rauben. Die meiste Zeit ist McLaren da ziemlich entspannt. Doch eben nicht immer.

Lando Norris - McLaren - GP Saudi-Bahrain 2025
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McLaren gewinnt zur zwei Zehntel

Wenn wir uns den Vergleich zwischen drittem Training und Qualifikation anschauen, dann fällt auf, dass Red Bull mit Verstappen 1,040 Sekunden gewinnen. Bei Mercedes sind es 0,709, bei Ferrari 0,702 und bei Williams 0,406 Sekunden. McLaren stagniert mit einem Fortschritt von nur 0,209 Sekunden nahezu.

Es spielt sicher eine Rolle, dass die Konkurrenz bei hohen Asphalttemperaturen mehr leidet, weil dann die Reifentemperaturen durch die Decke schießen. Doch das erklärt nicht, warum McLaren selbst so wenig dazugewinnt. Allein der zunehmende Grip von der Strecke ist mehr wert als die zwei Zehntel.

McLaren hat bei den kühleren Bedingungen auch kein Aufwärmproblem. Piastri markierte die zweitbeste Sektor-1-Zeit hinter Verstappen. Andrea Stella gab auf die Frage aller Fragen keine befriedigende Antwort. Der Italiener meinte einsilbig: "Vielleicht haben unsere Gegner im dritten Training ein anderes Programm als wir." Das würde für Horners Sprit-Theorie sprechen. Doch was sollte die bewirken? Außer, dass die Rivalen zweieinhalb Stunden frustriert sind.

Obwohl Piastri in den Longruns Verstappen mit über einer Sekunde Differenz deutlich abhängte, ist der Weltmeister ein Siegkandidat. Wenn er die Pole-Position in eine Führung ummünzt, genießt er den Vorteil der sauberen Luft. "Normalerweise profitierst du auch bei der Reifenabnutzung, wenn das Auto besser wird", hofft Verstappen. Marko relativiert: "Was unsere Siegchancen angeht, sprechen wir nicht von Hoffen, sondern von Beten."