Verstappen-Wunder: So schaffte es Red Bull

Red Bulls Umschwung in Katar erklärt
Vom lahmen Gaul zum Rennpferd

GP Katar 2024
Zuletzt aktualisiert am 30.11.2024

Red Bull-Sportchef Helmut Marko schüttelte den Kopf: "Diese Formel 1 muss man nicht mehr verstehen. Im Sprint sitzt Max in einem unfahrbaren Auto und wird sogar von Hülkenberg abgehängt. Drei Stunden später fährt er auf die Pole Position." Bei Haas ging es in die andere Richtung. Der eben noch so strahlende Nico Hülkenberg flog schon im Q1 raus. Bei dem Deutschen gab es eine plausible Erklärung. Der Ferrari-Antrieb lieferte in den entscheidenden Runden nicht die volle elektrische Power. Da steht man bei dem eng gestaffelten Feld sofort auf verlorenem Posten. Teamkollege Kevin Magnussen zeigte, dass ein Platz in den Top-Ten für Haas machbar war.

Wenig Veränderung, große Wirkung

Doch wie erklärte sich das Wunder Red Bull? Der Titelverteidiger hatte es wieder einmal geschafft, die Situation innerhalb von wenigen Stunden auf den Kopf zu stellen. Die Misere deutete sich schon am Freitag mit dem 6. Platz in der Sprint-Qualifikation an. Die beiden Red Bull schwankten zwischen Unter- und Übersteuern, weil die Reifen nicht in ihr Arbeitsfenster kommen wollten.

Dann gingen die Ingenieure in Klausur und verwandelten einen lahmen Gaul in ein Rennpferd. "Wir haben einiges geändert, doch ich hätte nie geglaubt, dass so wenig so viel ausmacht", gab Verstappen zu Protokoll. Plötzlich lag er in allen drei Sektoren auf den ersten beiden Plätzen. Am Freitag war er nur im letzten Abschnitt schnell. Weil es die Reifen bis dahin geschafft hatten auf Temperatur zu kommen.

Max Verstappen - Red Bull - GP Katar - 30. November 2024
xpb

Perez testet für Verstappen

Das Geheiminis lag wie so oft im Set-up und in der Reifenvorbereitung. Das macht in einem Feld, in dem die schnellsten sieben Autos innerhalb von einer halben Sekunde liegen, sofort den Unterschied zwischen Gut und Böse aus. Red Bull änderte vor allem die Fahrwerksabstimmung und die Luftdrücke, um die Reifen schneller anzuzünden.

Sergio Perez spielte dabei den Testdummy. Der Mexikaner startete im Sprint aus der Box, weil an seinem RB20 das Setup der Aufhängung und das Abtriebsniveau geändert wurden. Red Bull wollte mit dem Experiment herausfinden, ob sich die Änderungen lohnen. "Bei Max haben wir dann vor der Qualifikation den mechanischen Teil nachgebessert, den Abtrieb aber gelassen wie er war." Red Bull zählte auf der Zielgerade zu den schnellsten Autos im Feld.

Der Trick mit dem Boxenstopp

Genauso entscheidend war die Vorbereitung der Reifen auf die schnelle Runde. Jeder hatte da seinen individuellen Trick. Verstappen beschränkte sich im Q2 und Q3 jeweils auf nur einen Satz Soft. Im Q2 legte der Weltmeister zwischen die zwei schnellen Runden zwei langsame zum Abkühlen. Im Q3 kam er zurück an die Box und ging nach einer Abkühlphase von zwei Minuten wieder auf die Strecke.

Zu aller Überraschung bot der alte Reifen nach dem Abkühlzyklus mehr Grip als der frische. Im Q3 klappte das noch besser, weil es ihm der Boxenstopp erlaubte, für die beiden Versuche so wenig Sprit wie möglich mitzunehmen. Das Abhobeln der obersten Gummischicht am Anfang hat dann verhindert, dass die Vorderreifen im zweiten Anlauf körnen.

Max Verstappen - Red Bull - GP Katar - 30. November 2024
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Pole-Position mit Nachspielzeit

Um die erste Pole-Position seit dem GP Österreich musste Verstappen noch drei Stunden zittern. Dann war sie weg. Der Champion wurde um einen Platz zurückgestuft und hat beim Start nun George Russell vor der Nase. Mercedes informierte die Sportkommissare, dass Russell vor seinem entscheidenden Q3-Versuch von ihrem Mann behindert worden war. Der Holländer fuhr in einer Abkühlrunde extrem langsam um Platz zu Fernando Alonso zu schaffen.

Russell befand sich bereits in seiner zweiten Vorbereitungsrunde, was sie zu einer fliegenden Runde machte. Der Geschwindigkeitsunterschied beim Zusammentreffen in Kurve 12 betrug 140 km/h. Beim Ausweichen streifte er mit den linken Rädern das Kiesbett. Die Sportkommissare hatten nun die Frage zu klären, ob das ein gefährliches Manöver, das Schaffen eines nachhaltigen Vorteils oder einfach nur ein unglückliches Zusammentreffen war.

Sie kamen zu dem Schluss, dass der Red Bull-Pilot in einer schnellen Kurve auf der Ideallinie unnötigerweise langsam unterwegs war und damit ein Gefahrenmoment darstellte. Wäre Russell auf einer schnellen Runde gewesen, hätten ihn die Sportkommissare um drei Startplätze nach hinten versetzt. So steht er immer noch in der ersten Startreihe.