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Rennwagen Lotus 72
Das Auto mit dem längsten Atem

1000. GP

Als der Lotus 72 in der Saison 1970 debütierte, war er eine Sensation. Ein Auto schon rein optisch wie von einem anderen Stern. Colin Chapmans neue Rakete brauchte Zeit, bis sie endlich lief. Dafür dann umso besser.

Ronnie Peterson - Lotus 72 - Monaco 1974
Foto: sutton-images.com

Heute kann man sich das gar nicht mehr vorstellen. Ein Rennauto, das sechs Jahre lang eingesetzt wird. So wie der Lotus 72. Früher gab es öfter solche Langläufer. Der Maserati 250F gewann zwischen 1954 und 1957 Rennen. Ferrari setzte den Typ 312B in mehreren Ausbaustufen drei Jahre lang ein. McLarens Erfolgsmodell M23 war von 1973 bis 1977 am Start. Der Typ MP4 mit dem Cosworth V8 im Heck hielt von 1981 bis 1983 durch.

Seit Mitte der 80er Jahre hat es sich eingebürgert, dass die Teams jedes Jahr neue Autos bauen. Das Entwicklungstempo zwingt die Ingenieure dazu, das Rennauto immer wieder neu zu erfinden. Wer stagniert, fällt zurück. Außerdem wird alle paar Jahre wieder das Reglement geändert. Das allein zwingt die Teams zu Neukonstruktionen. Deshalb wird der Lotus 72 auf ewig den Rekord halten, das Auto mit dem längsten Atem zu sein. Von der Spanne seiner Einsätze und seiner Erfolge.

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Mühsamer Start für Lotus 72

Colin Chapman und sein Konstrukteur Maurice Philippe schrieben mit dem Typ 72 ein weiteres Mal ein neues Kapitel in der Formel 1. Sein Lotus 72 sah mit seiner Keilform aus wie ein Auto von einem anderen Stern. Die messerdünne Schnauze, die Kühler in zwei kurzen Seitenkästen neben dem Cockpit, der dreiteilige Heckflügel, Torsionsstäbe statt Federn rundherum, der Haupttank hinter dem Fahrersitz, dazu innenliegende Dämpferelemente und Bremsen hinten wie vorne waren die Zutaten zu einem Rennwagen, von dem Jochen Rindt nach seinem Hockenheim-Sieg behauptete: „Mit dem Auto hätte ein dressierter Affe gewonnen.“

Der Lotus 72 lernte aber nur langsam das Laufen. Bei seinem Debüt 1970 in Jarama konnte der Lotus-Pfeil noch nicht überzeugen. Rindt qualifizierte sich nur für den 8. Startplatz und schied im Rennen schon nach neun Runden mit Problemen an der Zündung aus. John Miles konnte sich nicht einmal qualifizieren. Die Straßenlage des stark hecklastigen Autos ließ zu wünschen übrig, und die innenliegenden Bremsen machten Ärger, weil sie im Stand nur schwer gekühlt werden konnten. Die hinten innenliegenden Dämpfer wurden ebenfalls zu heiß. Lotus bezahlte noch Lehrgeld.

Erst nach dem Umbau der Aufhängungen war das Auto, das in seiner C-Version 67 Prozent des Gewichts auf der Hinterachse konzentrierte, unschlagbar. Zumindest in den Händen von Jochen Rindt. In der Zeit, in der Lotus auf sein Wunderauto wartete, kam der gute alte Lotus 49C zum Einsatz, der mit einer geänderten Vorderachse und 13-Zoll-Vorderrädern noch durchaus konkurrenzfähig war. Jochen Rindt gewann damit den GP Monaco. Mittlerweile wurde der Lotus 72 umgerüstet. Ohne Anti-Dive an der Vorderachse wurde aus ihm der 72B, ohne Anti-Squat hinten der 72C.

Nach Beseitigung der Kinderkrankheiten fuhr der Lotus 72 dem Rest des Feldes davon. Rindt gewann vier Rennen in Folge. Aber für ihn wurde Chapmans Revolution auch zum Sarg. Der Unfall in Monza wurde nach den meisten Expertenaussagen durch eine gebrochene Bremswelle rechts vorne ausgelöst. Chapman ließ die hohlgebohrten Wellen daraufhin aus dem Vollen fräsen, doch das Experiment wurde nach einem Rennen wieder aufgegeben. Die Ingenieure hatten nach dem Rennen in Watkins-Glen festgestellt, dass sich Rohre ohne Bohrung beim Bremsen nicht verdrehten und zu viel Last auf das Auto und das Fahrwerk übertrugen. Mit der Gefahr von Aufhängungsbrüchen.

1973 wirkte der Lotus 72 etwas antiquiert

Emerson Fittipaldi und Reine Wisell sicherten sich mit den Plätzen 1 und 3 in Watkins-Glen ihre Cockpits für 1971. Ein Jahr nach dem Titelgewinn durchlitt Lotus eine Saison ohne Sieg. Die erste seit 1959. Mit dem an der Hinterachse verbesserten Lotus 72D verbuchte Fittipaldi drei Podiumsplätze, aber auch vier Ausfälle. Sein Teamkollege Reine Wisell konnte trotz neun WM-Punkten die in ihn gesetzten Erwartungen nicht erfüllen. Colin Chapmans nächste Geheimwaffe stach nicht. Platz 8 für den Lotus 56B-Turbine auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke von Monza war eine Enttäuschung.

Also musste Lotus auch 1972 auf den Typ 72D zurückgreifen. Der gereifte Emerson Fittipaldi gewann das WM-Duell gegen Titelverteidiger Jackie Stewart mit 61:45 Punkten und 5:4 Siegen. Schon beim drittletzten Rennen in Monza stand der Brasilianer als Weltmeister fest. Mit 25 Jahren der jüngste in der GP-Geschichte. Lotus war 1972 ein Einmannteam. Während Fittipaldi acht Mal in zwölf Rennen auf dem Podium stand, schaffte Teamkollege Dave Walker keinen einzigen Punkt.

1973 verordnete die FIA der Formel 1 ein neues Reglement. In die Autos mussten seitlich Knautschzonen eingebaut werden, um die Tanks bei einem Unfall besser zu schützen. Optisch fiel nur der Lotus 72D aus der Reihe. Wie bei seinem Debüt 1970. Damals war er seiner Zeit voraus. Jetzt wirkte er mit seinem schlanken Rumpf bereits etwas antiquiert. Dagegen sah der Tyrrell 005 wie ein Kastenwagen aus.

Ein anderer Trend nahm gefährliche Ausmaße an. Die Konstrukteure platzierten die Heckflügel immer weiter von den Hinterrädern weg. Teilweise auf abenteuerlichen Stelzen. Das verbesserte die Anströmung des Flügels und den Anpressdruck. Vorreiter war wie immer Lotus. Der hintere Überhang betrug bis zu 1,50 Meter. Lotus gewann den Konstrukteurs-Titel gegen Tyrrell, stellte aber nicht den Weltmeister. Emerson Fittipaldi und Ronnie Peterson nahmen sich gegenseitig zu viele Punkte weg.

Zwei Lotus 72-Nachfolger waren Flops

1974 sollte endlich der Lotus 76 den Dauerbrenner ablösen. Doch wie beim Turbinen-Auto hatte sich Chapman auch mit diesem Modell verrannt. Lotus musste nach ein paar erfolglosen Versuchen mit dem Typ 76 den betagten Lotus 72 ein weiteres Mal auspacken. Die E-Version des Rennautos hatte als Reaktion auf die 28-Zoll-Räder von Goodyear eine neue Hinterachse und einen neuen Öltank bekommen. Da das Reglement den Überhang hinten auf einen Meter begrenzte, musste das Ölreservoir Richtung Getriebe verschoben werden, um die gewünschte Gewichtsverteilung zu erreichen.

Der Lotus 72 taugte in der fünften Saison nicht mehr zum WM-Titel. Aber immer noch zu drei Siegen mit Ronnie Peterson im Cockpit. Jacky Ickx hatte für Lotus zum falschen Zeitpunkt unterschrieben. Für den Belgier reichte es nur zu 12 Punkten und zwei Podiumsplatzierungen. Ein Jahr später zahlte Mister Lotus den Preis dafür, dass ihm sechs Jahre kein großer Wurf mehr gelungen war. 1975 war Lotus ein Schatten seiner selbst. Peterson und Ickx mühten sich mit einem Museumsauto ab. Das Modell 72, das insgesamt 20 Rennen gewonnen hatte, wurde in den Versionen E und F neu aufgewärmt.

Weil die Autos an die neuen Regeln angepasst werden mussten, legten sie immer mehr an Gewicht zu. Mit 625 Kilogramm zählte der Lotus 72F zu den schwersten Fahrzeugen im Feld. Außerdem passte das Auto mit seinen innenliegenden Bremsen nicht mehr zu den Reifen. Goodyear entwickelte seine Sohlen für Bremsen in den Radträgern. Das heizte die Reifen auf. Da im Lotus die Bremsen innen montiert waren, blieben die Reifen zu kalt. Hauptsponsor John Player hatte sein Budget gekürzt. Die Quittung für den technischen Stillstand waren neun WM-Punkte, eine Zielankunft auf dem Podium und jede Menge Frust. Jacky Ickx verließ das Team zu Saisonmitte. Es dauerte bis 1976, bis der gute alte 72er endlich ins Museum durfte. Das Modell 77 löste ihn ab.

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