Liam Lawson im Interview: Lernen von Max Verstappen

Liam Lawson im Interview
„Mein Traum wurde einfach pausiert und verlängert“

Zuletzt aktualisiert am 09.01.2025

Im vergangenen Jahr wechselte Red Bull Sie bei Toro Rosso ab dem Grand Prix in Austin für Daniel Ricciardo ein. Wie war es für Sie, während der Saison einzusteigen und ins kalte Wasser springen zu müssen?

Lawson: Es war natürlich herausfordernder, weil alle anderen schon dreiviertel der Saison gefahren waren und ich für die letzten sechs Rennen reingekommen bin. Das ist dann schon hart. Aber ich habe mich das ganze Jahr darauf vorbereitet, für den Fall, dass so etwas passieren könnte. Ich wusste nicht, dass es klappen wird, aber das Gefühl war immer da, dass es ab einem bestimmten Zeitpunkt doch geschieht. Mein Job war es einfach bereit zu sein, wenn der Moment kommt.

Sie sind 2023 schon ein paar Rennen für Toro Rosso gefahren, nachdem sich Daniel Ricciardo verletzt hatte. In den fünf Rennen hatten sie die Experten überzeugt. Wie enttäuscht waren Sie, dass sie anfangs kein Stammcockpit für 2024 erhalten hatten?

Lawson: Am Anfang war ich natürlich enttäuscht, nachdem ich die fünf Rennen letztes Jahr gefahren bin. Aber auf der anderen Seite konnte ich die Gründe im Nachhinein auch nachvollziehen. Und ich habe dem Team vertraut, dass ich die Chance bekommen werde. Aber klar, ich war frustriert zu dem Zeitpunkt, habe es jedoch auch verstanden.

Liam Lawson - Formel 1 - GP Japan 2023
Red Bull

Wie sind Sie als junger Fahrer mit dieser Frustration umgegangen? Erst hatten Sie die Chance 2023 erhalten und dann mussten Sie wieder warten. Bereitet das einem Rennfahrer Sorgen?

Lawson: Ehrlich gesagt, ist das ziemlich einfach. Für jemanden wie mich war es immer mein Traum Formel 1 zu fahren – und das seit ich klein bin. Dieser Traum war nicht einfach vorbei, er wurde sozusagen einfach auf Pause gedrückt und verlängert. Ich habe mich selbst daran erinnert, warum ich das mache, dass die Chance immer noch da ist und ich einfach etwas länger darauf warten muss.

Wo würden Sie ihre Stärken als Rennfahrer sehen und wo glauben Sie, können Sie sich noch verbessern?

Lawson: Ich denke, das ist schwierig zu sagen. Vieles läuft im vom Rennen-zu-Rennen-Modus ab. Da geht es nicht nur um eine einzige Sache, die ich verbessern kann. Ich gehe von Renn-Wochenende zu Renn-Wochenende an alles gleichzeitig heran. Da tritt dann an einem Wochenende auch mal eine Sache auf, die herausfordernd ist und an die ich mich direkt anpassen muss. Wenn du so spät wie ich 2024 in die Saison einsteigst, macht das einiges schwieriger. Wir sind zu Rennstrecken gereist, die ich noch nicht gekannt habe, aber mein Teamkollege Yuki Tsunoda schon. Das hat den Start in das Wochenende herausfordernder gemacht. Also ging es im vergangenen Jahr vor allem darum, mich so gut wie möglich auf die Rennen vorzubereiten.

Liam Lawson - Yuki Tsunoda - Toro Rosso - Formel 1 - 2024
xpb

Wie können Sie es sich erklären, dass immer wieder so viele Rennfahrer aus einem verhältnismäßig kleinen Land wie Neuseeland den Sprung in den Motorsport schaffen?

Lawson: Es ist hart. Wenn man mit dem Motorsport anfängt und dann raus aus Neuseeland und nach England will, ist das extrem herausfordernd. Du gehst als junger Mensch weg von deiner Familie – und das auf die andere Seite der Welt. Wir sind ein Land mit nur fünf Millionen Einwohnern. Diesen Schritt zu wagen, ist wirklich schwierig. Das ist wahrscheinlich ein Grund, warum es nicht so viele bei uns tun. Aber auf der anderen Seite ist Motorsport in Neuseeland sehr populär und wichtig für die Leute. Auf den Strecken und in den Serien, die wir haben, entwickeln sich immer wieder starke Rennfahrer.

Haben Sie einen Hype in ihrem Heimatland ausgelöst? Ähnlich wie Franco Colapinto in Argentinien?

Lawson: Ja, aber auf einer Skala von fünf Prozent im Gegensatz dazu (lacht). Ich bin unheimlich dankbar, diese Unterstützung aus Neuseeland zu haben. Das ist wirklich richtig cool. Und wenn ich die ganzen Nachrichten aus meiner Heimat sehe und dann nach Hause komme, dann ist da ein unglaublicher Support, den ich spüre.

Liam Lawson - Max Verstappen - Red Bull - GP Abu Dhabi 2024 - Formel 1
Red Bull

Max Verstappen wird für 2025 Ihr Teamkollege. In den letzten Jahren haben sich viele Fahrer an ihm die Zähne ausgebissen. Unter anderem Pierre Gasly, Alexander Albon und zuletzt Sergio Pérez. Wie wollen Sie an die Sache herangehen?

Lawson: Ehrlich gesagt, freue ich mich am meisten darauf, denn Max ist im Moment der Beste der Welt in unserem Sport. Bei jedem freien Training, das wir absolvieren, werde ich Einblick in seine Daten haben. Ich werde genau sehen, was er macht und wie er es macht. Natürlich wird es sehr schwer sein, mit ihm mitzuhalten, aber was meine Entwicklung angeht, gibt es niemanden, von dem ich besser lernen kann.

Sie haben zu Ihrer DTM-Zeit in Deutschland gelebt. Alex Albon hat mal gesagt, es wäre ein Traum für ihn, mit Ihnen gemeinsam ein Haus am Nürburgring zu haben, damit Sie immer auf der Nordschleife fahren können. Wie denken Sie darüber?

Lawson: Wir haben vor ein paar Jahren darüber gesprochen und ich möchte auch an der Idee festhalten. Es ist ein wirklicher cooler Ort. Wir waren da regelmäßig, als wir beide in der DTM gefahren sind. Dann sind wir dort mit Straßenautos auf die Nordschleife. Wir hatten einen einfachen VW Golf und einem Citroën C3 und sind per Bluetooth und WhatsApp-Telefonat in Verbindung geblieben. Wir haben unter anderem einen BMW M2 und all die anderen sportlichen Autos überholt. Ehrlich gesagt, war es wirklich mit die witzigste Sache, die ich in einem Auto jemals gemacht habe.

Wie finden Sie die deutschen Autobahnen ohne Tempolimit?

Lawson: Ich war wirklich aufgeregt, als ich das erste Mal nach Europa gekommen bin und das erste Mal auf der deutschen Autobahn war. Du hörst davon, wenn du jung bist und träumst von einer Straße, die kein Tempolimit hat. Es war aufregend, aber ich bin nicht selbst gefahren, weil ich noch zu jung war. Ich saß hinten im Auto und habe dem Fahrer gesagt, er solle doch schneller fahren, wenn es möglich ist. Aber irgendwann will ich auch mal selbst auf der Autobahn in Deutschland fahren.