Hamilton konnte mit Emotionen nicht umgehen

Lewis Hamilton vor Mercedes-Abschied
„Konnte mit den Emotionen nicht umgehen“

GP Abu Dhabi 2024
Zuletzt aktualisiert am 05.12.2024

4284 Tage. Das ist die Zeit, die zwischen dem ersten und letzten Grand Prix für Mercedes von Lewis Hamilton am Sonntag (8.12.) liegt. In Abu Dhabi geht eine der größten Ären in der Geschichte der Formel 1 zu Ende. Lewis Hamilton hat mit den Silberpfeilen die Königsklasse geprägt wie kaum jemand zuvor. 2025 klettert er in den Ferrari.

Der Engländer wurde bereits im Vorfeld des Wochenendes sentimental. In der offiziellen Pressekonferenz (5.12.) wirkte der Superstar der Formel 1 in seinen Gedanken verloren. Mehrmals atmete der Rekordsieger schwer durch. Auf Instagram hatte Hamilton am Mittwoch (4.12.) bereits einen Beitrag geteilt, indem er sich für die zwölf Saisons bei den Silberpfeilen bedankt: "Das ist es jetzt wirklich. Mein letztes Rennen für Mercedes. Was wir zusammen aufgebaut haben, ist historisch."

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Hamilton der Rekordbrecher

Historisch trifft es wohl am besten. In 245 Rennen für Mercedes feierte Hamilton 84 Siege, holte 78 Pole-Positions und fiel nur 14 Mal aus. Er drehte 55 Mal die schnellste Rennrunde. Allein seine 153 Podien für Mercedes würden zu Platz zwei in dieser Wertung reichen. Michael Schumacher schaffte über seine Karriere 155 Podiumsplätze – aber für drei Teams.

Sechs WM-Titel mit einem Hersteller gelangen zuvor niemandem. Schumacher, mit dem er sich die Bezeichnung Rekordweltmeister teilt, holte sich mit Ferrari nur fünf Mal die Fahrerkrone. Bei der Mythosmarke will Hamilton nun die alleinige Bestmarke von acht WM-Siegen aufstellen.

Davor steht das letzte Rennen mit Mercedes in Abu Dhabi an, Hamilton gab dort nochmal Einblick in seine Gefühlswelt. "Es ist wirklich emotional für mich. Ich fühle mich zwar gut vor dem Wochenende, aber in den Meetings dazusitzen und zu wissen, dass es das letzte Mal ist, das ist hart." Hamilton behält vor allem die positiven Emotionen in seinem Herzen. "Ich denke an die vielen Erfolge, die wir hatten. An Tränen auf dem Podium. Den ersten Sieg oder Silverstone dieses Jahr. Es sind die schönen Erlebnisse, die ich mitnehme."

Lewis Hamilton - Mercedes - Formel 1 - Silverstone - GP England - 7. Juli 2024
xpb

Leidensjahr 2024 für Hamilton

Davon gab es in den letzten Jahren aus seiner Sicht zu wenige. Die Saisons 2022 und 2023 gingen ohne Sieg in der Formel 1 über die Bühne. Erst in Silverstone platzte dieses Jahr der Knoten. Hamilton übte Selbstkritik. "Es war ein emotionales Jahr für mich. Vielleicht das schlechteste Jahr meiner Karriere, was den Umgang mit meinen Emotionen anging."

Hamilton ging in seinem Instagram-Post auch nochmal darauf ein, dass ihm viele Experten von seinem Mercedes-Wechsel abgeraten hatten. "Die Leute hatten an mir gezweifelt, als ich 2013 hierhergekommen bin. Aber seht euch an, was wir geschafft haben."

Der 39-Jährige verließ vor zwölf Jahren McLaren. Der Rennstall, der ihn als 13-Jähriger in sein Förderprogramm aufgenommen hatte. Der Rennstall, der ihm 2007 ein Stammcockpit gab. Der Rennstall, mit dem Hamilton 2008 seinen ersten WM-Titel in einem dramatischen Saisonfinale gegen Felipe Massa (Ferrari) einfuhr.

Lewis Hamilton & Niki Lauda
Wilhelm

Laudas Überzeugungskunst

Niki Lauda hatte Hamilton in Singapur 2012 von einem Wechsel zu den Silberpfeilen überzeugt. Der zukünftige Ferrari-Pilot war, nachdem er beim Grand Prix in Führung liegend ausgefallen war, empfänglich für die Avancen des damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden des Mercedes-Teams. Die Silberpfeile lagen damals nur auf Platz fünf bei den Konstrukteuren, während McLaren ein siegfähiges Auto hatte. Doch Lauda überredete Hamilton. Versprach ihm, dass er in den Formel-1-Olymp aufsteigt, wenn er mit Mercedes Titel holen würde.

Hamilton dachte in Abu Dhabi nochmal an seinen ehemaligen Weggefährten, der 2019 verstarb. "Ich erinnere mich an das Meeting mit Niki und an meine Entscheidung. Im Gegensatz zu meinem Mercedes-Wechsel ist das jetzt viel emotionaler, weil ich hier viel länger war als bei McLaren."

Ein besonderes Geschenk machte ihm sein Team vor einigen Wochen. Nach dem Grand Prix von Singapur durfte Hamilton in seinem geliebten Silverstone den W04 aus der Saison 2013, dessen Nachfolger W05 und den 2018er-F1-Mercedes W09 noch einmal fahren.

Mit allen Autos verbindet der Brite etwas. Im W04 bestritt er seine erste Mercedes-Saison und feierte in Ungarn den Debüt-Sieg, mit dem W05 krönte er sich zum ersten Mercedes-Weltmeister seit Juan Manuel Fangio. Und mit dem W09 stellte er sich bei seinem fünften Titelgewinn auf eine Stufe mit Argentinier.

Lewis Hamilton - George Russell - Mercedes - GP Abu Dhabi 2024 - Yas Marina - Formel 1
Motorsport Images

Hamiltons persönliche Bindungen

Mit seinen Teammitgliedern teilte Hamilton auch einige persönliche Erlebnisse. "Ich habe einige unglaubliche Beziehungen aufgebaut. Wir haben viel durchgemacht. Wenn man sich vorstellt, dass man eine Saison mit so vielen Menschen zusammen durchlebt."

Vor allem die Schicksale seiner Weggefährten haben sich eingebrannt. "Man erlebt auch Höhen und Tiefen im Privatleben. Durch Ehen, Scheidungen, den Verlust von Familienmitgliedern, Krebs, durch alles Mögliche. Man macht diese Reisen mit diesen Menschen durch. Es ist also eine wirklich schöne Reise, auf die man sich gemeinsam begibt. Und da ich so lange hier war, ist es auch so emotional."

Und diese Reise endet für den erfolgreichsten Formel-1-Fahrer aller Zeiten am Sonntagabend in Abu Dhabi.