Der Hype um Lewis Hamilton ist riesig. Bei der großen Formel-1-Show in London bekam der Rekordsieger von allen 20 Fahrern den größten Applaus. Und das lag nicht nur daran, dass es für den Engländer ein Heimspiel war. Der Wechsel der lebenden Rennfahrer-Legende zu Ferrari begeistert die Massen. Jeder ist gespannt darauf, was der erfolgreichste Pilot beim erfolgreichsten Rennstall abliefern kann.
Einen Tag nach dem Event in London hatte die Scuderia in ihrer Heimat eine eigene kleine Show vorbereitet. Auf dem hauseigenen Kurs in Fiorano spulten beide Fahrer die ersten Shakedown-Runden im SF-25 ab. Tausende Fans pilgerten zur Teststrecke, um dem historischen Event beizuwohnen. Nachdem der Konstrukteurstitel im Vorjahr knapp verpasst wurde, ist das Fieber vor der neuen Saison hoch.
Im Rahmen des Rollouts waren auch die ersten offiziellen Pressetermine von Hamilton nach seinem Wechsel angesetzt. Natürlich wollten alle Medienvertreter wissen, wie er sich beim neuen Team eingelebt hat. Dabei betonte der Pilot immer wieder, wie herausfordernd die Aufgabe sei. Nach zwölf Jahren mit Mercedes muss sich der siebenfache Weltmeister an viele neue Dinge gewöhnen.

Am Rande des SF-25-Shakedowns in Fiorano nahm sich Hamilton auch etwas Zeit für die Fans.
Hamilton will Fans nicht enttäuschen
"Das ist echt ein großer Schritt. Er könnte größer nicht sein", erklärte Hamilton. "Es ist so eine gewaltige Organisation. Dazu kommt noch die Leidenschaft der Fans und aller Mitarbeiter. Es gibt diesen großen Wunsch nach Erfolg. Diese Menschen möchte man natürlich nicht enttäuschen. Man will abliefern."
Der Neuzugang gibt zu, dass er sich immer noch im Akklimatisierungsprozess befindet. "Es ist eine ganz andere Kultur. Dazu noch eine andere Sprache. Es sind neue Partner, mit denen man zusammenarbeitet. Jeden Tag erfahre ich etwas Neues. Leider ist die Zeit bis zum ersten Rennen nicht sehr lang. Für andere mag sich die Pause ziehen, für mich ist es sehr kurz. Leider gibt es auf meinem Weg keine Abkürzung. Ich muss jetzt die Arbeit reinstecken, die nötig ist."
Hamilton ist aber gewillt, den steinigen Weg zu gehen: "Ich hätte nie gedacht, dass ich nach 19 Jahren in der Formel 1 noch einmal so eine Vorfreude empfinden würde. Ich beginne jeden Tag so früh wie möglich mit der Arbeit und lege Sonderschichten ein, um den Traum wahr werden zu lassen. Ich weiß, dass ich mich selbst in allen Bereichen steigern muss – meine Fitness, das Reifenmanagement, meine Arbeit mit den Ingenieuren, wie viel Zeit ich in der Fabrik verbringe."

Hamilton muss sich erst noch an das neue Umfeld gewöhnen.
Ferrari fühlt sich richtig an
Dabei hilft Hamilton nach eigener Aussage die Energie, die er durch die Begeisterung der Fans und von seinen neuen Kollegen spürt: "Man bekommt immer gesagt, wie leidenschaftlich die Fans sind. Aber wenn man dann selbst ein Teil dieses Teams ist, fühlt es sich noch etwas spezieller an, als man es sich vorstellen konnte. Jeder hier im Team hängt sich rein, damit ich mich willkommen fühle. Für mich ist es schon mein neues Zuhause. Es fühlt sich natürlich an. Und es fühlt sich richtig an."
Hamilton tritt in die Fußstapfen von Fernando Alonso und Sebastian Vettel, die ebenfalls als mehrfache Weltmeister zu Ferrari gingen. Alonso gewann 2010 gleich sein erstes Rennen bei der Scuderia, Vettel sammelte 2015 in seinem zweiten Rennen in Rot den ersten Siegerpokal. "Der Aufwand, der nötig ist, sich einzugewöhnen, ist riesig. Vor diesem Hintergrund sind die Ergebnisse dieser Fahrer noch außergewöhnlicher. Meine Anerkennung für Fahrer wie Sebastian und Fernando ist auf jeden Fall nochmal gestiegen", lobte Hamilton seine Vorgänger.
Siege in den ersten Rennen will der Ferrari-Neuling den Fans nicht direkt versprechen. "Ich muss einfach noch mehr Zeit investieren und einen Schritt nach dem anderen machen. Es muss nicht alles direkt am ersten Tag funktionieren. Leider sind die Testfahrten stärker reglementiert als jemals zuvor. Bei Mercedes hat es damals sechs Monate gedauert, bis ich meinen ersten Sieg gefeiert habe. Ich werde alles tun, um beim ersten Rennen bereit zu sein."

Die Autos von Ferrari fühlen sich laut Hamilton ganz anders an als das, was er von Mercedes gewohnt war.
Gewöhnung an neue Technik
Hamilton zeigte sich begeistert, dass sich bei Ferrari alle Abteilungen inklusive der Motorenentwicklung unter einem Dach befinden. Dazu gibt es noch eine hauseigene Rennstrecke vor der Tür, auf der die Fahrer Testrunden drehen können. In den ersten anderthalb Monaten bei seinem neuen Team durfte der Pilot bereits die Autos der Jahre 2023, 2024 und 2025 ausprobieren. Dabei ging es vor allem darum, das Gefühl des alten Mercedes aus den Knochen zu bekommen.
"Die Autos sind komplett unterschiedlich", berichtete Hamilton. "Ich dachte, dass der Ferrari einfach nur ein anderes Formel-1-Auto sein würde. Als ich von McLaren zu Mercedes gewechselt bin, gab es viele Ähnlichkeiten. Beide Autos hatten ja einen Mercedes-Motor. Jetzt fühlt es sich ganz anders an. Die Einstellungen und die Begriffe, die sie hier verwenden, sind anders. Es gibt andere Arten, wie sich das Auto abstimmen lässt. Daran muss ich mich erst noch gewöhnen. Das ist eine aufregende Erfahrung."
Nachdem der Silberpfeil jahrelang auf die Bedürfnisse von Hamilton zugeschnitten wurde, liegt es nun am Fahrer, sich anzupassen: "Ich muss auf jeden Fall meinen Fahrstil umstellen. Es kommt selten vor, dass man in ein neues Auto springt und alles direkt passt. Das Lenkrad ist zum Beispiel komplett anders. Die Einstellungen sind anders. Die Software ist anders. Ich muss mich an ein Auto gewöhnen, das ganz anders gebaut wurde, als ich es aus der Vergangenheit kenne", so Hamilton.

Auch wenn die Eingewöhnung schwerfällt, ist Hamilton immer noch überzeugt, dass der Wechsel zu Ferrari die richtige Entscheidung war.
Voraussetzungen für Erfolg vorhanden
Nach den ersten Runden in den verschiedenen Ferrari-Modellen fühle er sich aber schon einigermaßen wohl. "Wenn es dann auf die richtigen Rennstrecken geht, wird man sehen, wie viel ich noch verändern muss. Mit meiner Erfahrung sollte das aber möglich sein", gibt sich der Engländer zuversichtlich.
Neben dem Auto geht es aber auch noch darum, sich an ein neues Umfeld zu gewöhnen: "Ich weiß, wie lange es dauert, Vertrauen innerhalb eines neuen Teams aufzubauen und richtig reinzuwachsen. Das habe ich ja schon mit McLaren und Mercedes erlebt. Ich habe es sehr geschätzt, dass ich dort über eine längere Zeit arbeiten und enge Beziehungen aufbauen konnte. So etwas geht nicht über Nacht."
Die schwere Eingewöhnung soll für Hamilton aber keine Ausrede sein, wenn es am Ende doch nicht mit dem Erfolg klappt. Nach den ersten Wochen bei seinem neuen Arbeitgeber ist der Fahrer vom Potenzial der Scuderia überzeugt. "Ich habe schon mit zwei Weltmeisterteams gearbeitet. Ich weiß, wie ein Siegerteam aussieht und wie es sich anfühlt. So eine Leidenschaft wie hier habe ich noch nirgendwo gesehen."
Laut Hamilton sind alle Voraussetzungen vorhanden, um endlich den achten Titel einzufahren. "Ferrari hat alle Zutaten, die es braucht. Die Siegermentalität liegt hier in der DNA. Wir müssen jetzt einfach alle Teile zusammensetzen. Wir wissen, dass wir uns noch in allen Bereichen steigern müssen. Kein Stein bleibt hier auf dem anderen, um das Ziel zu erreichen. Natürlich sind wir uns der Konkurrenz starker Teams wie McLaren, Red Bull und Mercedes bewusst. Das wird sicher ganz eng an der Spitze."