Wenn es um die begehrtesten Jobs in der Königsklasse geht, wird stets erwähnt, dass es an der Spitze des Motorsports nur Platz für 20 Fahrer gibt. Neben diesen 20 Piloten arbeiten bei den zehn Teams aber auch nur 20 Renningenieure. Sie übernehmen den Funkverkehr ins Cockpit und sind damit Ansprechpartner und Verbindungsglied des Fahrers zum restlichen Team.
Durch die öffentliche Übertragung der Funksprüche sind einige Ingenieure mittlerweile selbst zu Stars geworden. Jeder Formel-1-Fan weiß, dass es ernst wird, wenn Peter Bonnington bei Mercedes "It’s Hammer-Time" an Lewis Hamilton funkt. Oder wenn Gianpiero Lambiase die Stimme erheben muss, um Max Verstappen in Zaum zu halten.
Auf einem dieser begehrten Posten sitzt in der kommenden Saison nun auch erstmals eine Frau. Wie Haas am Dienstag (21.1.) offiziell mitgeteilt hat, wird die deutsche Ingenieurin Laura Müller eng an der Seite von Neuzugang Esteban Ocon arbeiten. Einigen Fans dürfte der Name bereits ein Begriff sein. Müller, die in München Maschinenbau studiert hatte, war 2021 beim Abt-Team in der DTM als Renningenieurin von Sophia Flörsch angestellt.

Laura Müller hat in München Maschinenbau studiert. Über den Langstreckensport und die DTM führte sie der Weg in die Königsklasse.
Müller und Ocon passen charakterlich
2022 ging es dann als Performance-Ingenieurin zum Haas-Team in die Formel 1. Weil die beiden bisherigen Renningenieure Gary Gannon (Nico Hülkenberg) und Mark Slade (Kevin Magnussen) das Team verlassen haben, mussten die Positionen nachbesetzt werden. Teamchef Ayao Komatsu entschied sich in beiden Fällen für interne Lösungen. Neben Müller stieg auch Ronan O’Hare zum Renningenieur von Oliver Bearman auf.
"Beide waren gute Performance-Ingenieure", lobt Komatsu sein neues Duo. "Ronan hat etwas mehr Erfahrung als Laura, weil er vorher schon bei Williams gearbeitet hat. Für Laura ist Haas das erste Formel-1-Team. Bei beiden sehe ich viel Potenzial und Entschlossenheit. Wir haben uns für die interne Lösung entschieden, weil das auch ein gutes Zeichen an alle anderen setzt."
Komatsu betont, dass die Beförderung Müllers nichts mit Geschlecht oder Nationalität zu tun hat. "Sie ist ein sehr zielstrebiger Charakter – genau wie Esteban. Ich denke, sie passen sehr gut zusammen. Wenn sie ein Problem sieht, dann taucht sie tief ein und gibt sich mit der ersten Antwort nicht zufrieden. Dank ihrer guten Arbeitseinstellung weiß sie, dass nach der ersten Lösung noch zehn neue Fragen auftauchen, die es zu beantworten gilt."

Bei einem TPC-Test in Jerez bot sich die erste Chance für Müller und Ocon zum Eingrooven.
Neues Personal für das Haas-Team
Die erste Bewährungsprobe hat Müller bereits hinter sich. Bei den Testfahrten in Jerez in einem zwei Jahre alten Haas-Renner gab es Anfang Januar die erste Chance, sich mit Ocon zu akklimatisieren. Mit der neuen Strategie-Chefin Carine Cridelich wird bei Haas noch eine weitere Frau in einer wichtigen Position arbeiten. Die Französin kommt von Red Bull und wird ihren neuen Job nach Ablauf der Arbeitssperre am 1. März antreten.
Zu den weiteren wichtigen personellen Veränderungen zählt auch Francesco Nenci, der zuvor beim Dakar-Programm von Audi gearbeitet hat und jetzt als neuer Chef-Renningenieur verpflichtet wurde. Der Italiener hatte zuvor auch schon bei Sauber und Toyota Formel-1-Luft geschnuppert. Mark Lowe, der zuvor bei Haas als "Operations Team Manager" eingesetzt wurde, übernimmt 2025 die Rolle des Sport-Direktors.
Die große Umstrukturierung soll das Team in der neuen Saison stärker aufstellen. "Die Leistung an der Strecke war letztes Jahr eine unserer Schwächen", gibt Komatsu zu. "Je stärker unser Auto wurde, desto mehr wurde das sichtbar. Wir hätten den sechsten Platz in der Teamwertung einfahren sollen, aber das ist nicht gelungen. Wir haben zu viele Punkte liegen lassen, weil die Arbeit an der Strecke nicht gepasst hat. Da mussten wir uns steigern."