Davon haben die Fans lange geträumt: Mehrere Teams können 2024 um Siege kämpfen! Vorbei sind die Zeiten, als Max Verstappen (oder Lewis Hamilton zuvor) GP-Triumphe und Weltmeisterschaften aneinanderreihten. Red Bull, Mercedes, Ferrari und McLaren haben alle mindestens zwei Rennen in dieser Saison gewonnen. Bis auf Sergio Perez siegte jeder Fahrer der vier Top-Teams. Einer davon ist Lando Norris. Der Engländer ist als WM-Zweiter auch erster Verfolger von Max Verstappen. Der Abstand zum Niederländer beträgt allerdings 78 Punkte.
Ein Grund für den seit Rennwochen ungefähr gleich bleibenden Rückstand liegt zum einen an der Klasse Verstappens, auch an einem schwierigen Wochenende das Optimum aus seinem Red Bull herauszuholen. Und zum anderen den Chancen, die McLaren liegenlässt. Der MCL38 ist seit dem Miami-Upgrade das beste Auto im Feld. Dennoch kommt Norris nur auf einen Sieg in diesem Jahr – jenem in Florida.
Lando Norris (Mitte) verlor in Ungarn am Start zwei Positionen an Teamkollege Oscar Piastri (links) und Max Verstappen (rechts).
Roter Faden durch die Saison
Das liegt auch an Fehlern bei der Strategie und Patzern von Norris. Vor allem die Start-Problematik des 24-Jährigen wiederholt sich regelmäßig. In Shanghai ging er von der Pole-Position in den Sprint und musste jedoch direkt Lewis Hamilton ziehen lassen. Weil er auf der Außenbahn nicht nachgab, schlitterte er neben die Strecke. Am Ende wurde es nur der sechste Rang. "Ich habe die erste Kurve verbockt, das geht auf meine Kappe", entschuldigte sich Norris umgehend nach der Zieldurchfahrt.
In Barcelona stellte Norris seinen McLaren für das Rennen auf die Pole. Erneut ging der Start in die Hose. Zwar drängte er Kumpel Verstappen noch auf das Gras, doch der Weltmeister schnappte sich Norris trotzdem. George Russell übertölpelte zwar beide auf der Außenbahn, doch Verstappen fackelte nicht lange und überholte den Mercedes-Mann. Das war der Schlüssel zum Sieg. Norris versauerte nach dem missglückten Start zu lange hinter Russell und es blieb, nachdem er seinen Landsmann überholen konnte, nur P2 hinter Verstappen. "Ich hätte gewinnen sollen. Ich hatte einen schlechten Start, so einfach ist das."
Ein paar Wochen später in Budapest spielte sich erneut derselbe Film ab. Pole für Norris, schlechter Start, Positionsverlust nach der ersten Kurve. Ausgerechnet Teamkollege Oscar Piastri zog an ihm vorbei. Dank einer besseren Strategie überholte Norris zwar den Australier in der Box, doch Teamchef Andrea Stella wollte Piastri nicht seinen Debütsieg wegnehmen. Norris gehorchte und wurde Zweiter. Hätte er am Start die Führung behalten, wären der Rennsieg und die sieben Extra-Punkte auf sein Konto gegangen.
Lando Norris ist seit 2019 in der Formel 1 und startet für McLaren.
Mehr Verluste als Gewinne
Die Start-Probleme von Lando Norris sind aber nicht nur ein Phänomen der Saison 2024, sondern ziehen sich durch seine gesamte Formel-1-Karriere. Der Mann aus Bristol fährt seit 2019 in der Königsklasse. In seiner ersten Saison verlor er in der Startrunde insgesamt sechs Plätze mehr als er gewann. Damals konnte man das noch auf die Unerfahrenheit des Rookies zurückführen. Im Folgejahr zeigte sich ein Aufwärtstrend. Norris verbesserte sich mehr, als dass er sich verschlechterte, und schloss die Saison mit einer +1 in der Startrunden-Statistik ab.
Doch wer nun glaubte, der einmalige Grand-Prix-Sieger hätte die Probleme abgestellt, sah sich getäuscht. Die Saison 2021 beendete er mit -25 Positionen. Dazu sei jedoch angemerkt, dass er sich im Schnitt besser qualifizierte als in den Vorjahren. Verluste waren somit realistischer als Platzgewinne. 2022 war wieder eine Tendenz nach oben zu erkennen und er verlor nur fünf Positionen mehr in Runde 1. Die letzte Saison war jedoch wieder ein Rückschlag. Norris schloss das Jahr mit -22 nach der ersten Runde ab. Das liest sich dramatisch, doch der GP Spanien verhagelt die Statistik dramatisch. Allein in Barcelona ging es nach der Startrunde von P3 auf den letzten Platz zurück.
Keine Verbesserungen 2024
Die aktuelle Spielzeit wurde bereits thematisiert. In Zahlen liest sie sich wie folgt. Norris verlor insgesamt 14 Ränge und gewann weder im Sprint noch im Rennen über die Saison verteilt einen einzigen Platz im ersten Umlauf. Als Relativierung sei angemerkt: Mit einem durchschnittlichen Startplatz von 3,2 in diesem Jahr geht Norris von so weit vorne wie noch nie auf die Jagd nach Punkten. Verbesserungen sind deshalb schwieriger als Verschlechterungen.
Im WM-Kampf helfen ihm die mäßigen Startrunden dennoch nicht. An der Erfahrung sollte es mit mittlerweile 118 Grands Prix nicht mehr liegen. Lando Norris muss sich etwas einfallen lassen, um seine hart erkämpften Grid-Positionen aus den Qualifyings zu verteidigen – oder gar zu verbessern. Die Statistik lügt nicht. Es liegt an Norris, das zu ändern.
