Kühlwesten-Streit in der Formel 1: Muss die FIA handeln?

Kühlwesten-Streit in der Formel 1
Unfairer Vorteil für einzelne Fahrer?

GP Miami 2025
Veröffentlicht am 02.05.2025

Das Hitzerennen in Katar in der Saison 2023 hat die Formel-1-Piloten an ihre Grenzen gebracht. Die extremen Bedingungen führten vereinzelt sogar zu Schwächeanfällen und zu Erbrechen. Direkt im Anschluss versprach die FIA nach Lösungen zu suchen, um die Stars bei ähnlichen Umständen besser zu schützen. Als erste Reaktion wurden größere Kühlschlitze zugelassen, um den Luftfluss zum Cockpit zu verbessern.

Zur Saison 2025 gingen die Regelhüter noch einen Schritt weiter. Zusammen mit den Teams wurden spezielle Kühlwesten entwickelt. In den Hightech-Unterhemden ist ein knapp 50 Meter langes Schlauchsystem eingearbeitet, durch das eine Kühlflüssigkeit gepumpt wird. Bei der Entwicklung des Equipments achtete die FIA vor allem darauf, dass die Fahrer im Falle eines Crashes beim Verlassen des Cockpits nicht behindert werden. Und natürlich spielte auch der Feuerschutz eine wichtige Rolle.

Dazu muss das Spezial-Equipment natürlich auch bequem sein und darf den Piloten während der Fahrt nicht stören. So wurden die Kühlwesten seit den ersten Probeläufen bei den Wintertests in Bahrain bereits mehrmals upgedatet. Der Zufluss zum Kühlkreislauf ist nun nicht mehr seitlich angebracht, wo er an der Sitzschale eingeklemmt wurde, sondern an der Vorderseite, wo er nicht stört.

Kühlweste - Formel 1 - 2025
Chillout Motorsports

Kühlweste mit Gewichtsnachteil

George Russell war der erste Fahrer, der die Kühlweste in einem Rennen ausprobieretn konnte. Der Mercedes-Pilot spielte in Bahrain das Versuchskaninchen. Viele andere Piloten haben das Kit mittlerweile auch in Freien Trainingssitzungen getestet. Manche waren davon wenig begeistert, andere würden die Westen auch gerne im Rennen fahren. Die Sache hat allerdings einen Haken.

Der Einsatz ist erst bei Hitzerennen mit über 31 Grad Außentemperatur von der FIA vorgesehen. Wer die Kühlweste dann nicht trägt, muss Ausgleichsballast an Bord nehmen, um keinen Gewichtsvorteil zu bekommen. Rund fünf Kilogramm wiegt das komplette System. Russell konnte die Kühlweste bei Temperaturen unter der FIA-Grenze nur deshalb einsetzen, weil der Mercedes weit genug unter dem Gewichtslimit liegt, so dass ihm kein Nachteil entstand.

In Miami könnte es dieses Wochenende auch wieder heiß zur Sache gehen. Schon am Donnerstag (1.5.) kletterte das Thermometer auf bis zu 29 Grad. Dazu kommt noch eine extreme Luftfeuchtigkeit. Im Gegensatz zu Bahrain oder Jeddah findet das Florida-Spektakel nicht unter Flutlicht statt, sondern unter der brutzelnden Nachmittagssonne. Da dürften die Piloten in ihren Cockpits wieder ordentlich ins Schwitzen kommen.

George Russell - GP Bahrain 2025
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Bearman sieht unfairen Nachteil

So wurde im Fahrerlager auch wieder über das Thema Kühlwesten diskutiert: "Ich habe es in Jeddah getestet und war sehr zufrieden damit. Leider können wir es aber nicht fahren, weil wir beim Gewicht zu nah am Limit liegen", ärgerte sich Ollie Bearman. "Die Temperaturgrenze ist ziemlich hoch gewählt. Wenn man die Rennen nie offiziell zu Hitzerennen erklärt, kann nur die Hälfte davon profitieren. Das finde ich etwas unfair."

Der britische Haas-Rookie sieht in der Verwendung einen enormen Vorteil: "Natürlich spürt man die Weste ein wenig während der Fahrt, vor allem am Rücken. Aber mit dem kalten Wasser, selbst wenn es nur 10, 15 oder 20 Runden lang funktioniert, ist es ein echter Game-Changer. In Jeddah war es zwar nur 27 oder 28 Grad warm, aber was man nicht sieht, ist die Luftfeuchtigkeit. Mit den vielen Schichten Kleidung wird es richtig heiß. Das kalte Wasser ändert alles."

Charles Leclerc sieht die Sache ähnlich: "Ich habe es einmal probiert. Und es war wirklich sehr hilfreich. Man wird richtig runtergekühlt, was einen echten Unterschied macht." Bei Ferrari kommen die Kühlwesten aber höchstens dann zum Einsatz, wenn alle Autos das Extra-Gewicht einbauen müssen. Leclerc äußert aber auch kleinere Bedenken: "Wenn das System zur Rennmitte nicht mehr richtig funktioniert, wird die Flüssigkeit warm. Da bin ich noch nicht sicher, ob ich es überhaupt nutzen würde."

Oliver Bearman & Kimi Antonelli - GP Bahrain 2025
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Russell für Reduzierung der Grenze

Russell selbst steht in dieser Frage etwas in der Zwickmühle. Als Mercedes-Pilot kann er von dem Gewichtsvorteil seines Autos profitieren. Auf der anderen Seite ist der Brite als Vorsitzender der Fahrergewerkschaft auch dem Wohle seiner Kollegen verpflichtet. In der FIA-Pressekonferenz äußerte Russell Verständnis für die Klagen seiner Konkurrenten.

"Ich hatte das Glück, dass ich schon mit der Kühlweste fahren durfte. Es ist noch nicht perfekt, aber es ist definitiv eine Verbesserung", erklärte der Engländer. "Man muss aber auch bedenken, dass nicht alle Autos gleich sind. In den Cockpits wird es unterschiedlich heiß. Bei uns geht es bis 60 Grad hoch. Das offizielle Limit liegt bei 31 Grad. Aber wenn man das mit der Sonne und der Hitze des Autos kombiniert, dann wird es schnell zur Sauna."

Eine gemeinsame Initiative der Fahrer zu dem Thema gibt es laut Russell noch nicht: "Wir haben noch nicht darüber gesprochen. Nicht jeder will es unbedingt benutzen. Einer hat gesagt, dass es wie bei Fußballspielern ist: Einige spielen bei Kälte mit Handschuhen, andere mit kurzärmligen Shirts. Jeder Fahrer sollte die Wahl haben. Vielleicht sollten wir die Hitzegrenze etwas heruntersetzen. Saudi war heiß, Bahrain war heiß, auch hier in Miami – vielleicht sollte man es um ein paar Grad anpassen."