Kimi Antonelli erklärt seine geheimnisvolle Punkte-Flaute in Europa

Kimi Antonelli über Formtief in Europa
Rookie erklärt geheimnisvolle Punkte-Flaute

ArtikeldatumVeröffentlicht am 14.08.2025
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Wie in jedem Sport gilt auch für die Formel 1 das alte Sprichwort: Die Statistik lügt nicht. Doch beim genaueren Blick auf die Zahlen zur Saison von Mercedes-Rookie Kimi Antonelli glaubt man zunächst, dass es sich um einen Fehler handeln muss. Der Unterschied zwischen den Klassikern in Europa und den neuen Strecken in Übersee könnte größer kaum sein.

Zwölf Punkte gab es zum Auftakt in Melbourne, acht Punkte jeweils in Shanghai, Suzuka, Jeddah und Miami. Dazu noch das erste Podium in Montreal, mit dem der Teenager auf einen Schlag 15 Zähler auf sein Konto schaufeln konnte. Das einzige Rennen außerhalb des Heimatkontinents, bei dem Antonelli leer ausging, war der Bahrain-Grand-Prix.

Die erste Nullnummer seiner Karriere hatte der Rookie vor allem einer schlechten Startrunde und einer unglücklichen Strategie zu verdanken. Im Qualifying sah es nach der viertschnellsten Zeit zunächst noch äußerst vielversprechend aus. Am mangelnden Speed lag es auf jeden Fall nicht, dass im Rennen am Ende nur Platz elf heraussprang.

Ganz anders sah das Bild bei den sieben Rennen der Europa-Saison aus. Statt Punkten gab es hier vor allem viel Frust und Enttäuschung. Egal, ob in Imola, Monaco, Barcelona, Spielberg, Silverstone oder Spa-Francorchamps – das Ergebnis war immer das Gleiche: null Punkte. Kurz vor der Sommerpause gab es in Budapest immerhin ein erstes Zählerchen auf europäischem Boden.

Antonelli punktet kaum in Europa

Die Anzahl der Übersee-Rennen und der Europa-GPs war bis zur Sommerpause genau ausgeglichen. Für die Ausbeute von Antonelli galt das nicht. Nur einen von 64 Punkten sammelte der 18-Jährige bei den Rennen, zu denen die Teams ihre Fracht per Lkw transportieren und mit den eigenen Motorhomes anreisen.

Dabei hätte man eigentlich erwartet, dass es umgekehrt ist. Fünf Mal gastierte der Grand-Prix-Zirkus zum Start von Antonellis Formel-1-Karriere außerhalb von Europa. Normalerweise müssen sich Rookies erst eingrooven und sich an die neue Herausforderung gewöhnen. Auf den Strecken in Europa, die sie von ihren Auftritten in den Nachwuchsserien kennen, tun sich die Neulinge traditionell leichter.

Kimi Antonelli - Mercedes - Formel 1 - GP Imola Emilia Romagna - 15. Mai 2025
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Zu viel Druck bei Heimrennen

Nicht so bei Antonelli. Der Italiener bezweifelt, dass es sich um einen Zufall handelt. Im Gespräch mit auto motor und sport zählt das Supertalent mehrere Gründe für die Punktediät in Europa auf: "Ein Faktor könnte sein, dass ich die Strecken unterschätzt habe, die ich bereits kenne. Ganz speziell Imola. Ich kam von Miami mit einer Pole-Position im Sprint und einem dritten Startplatz im Hauptrennen. Da dachte ich natürlich, dass es auf meiner Hausstrecke in Imola noch besser läuft."

Vor dem heimischen Publikum wollte der Silberpfeil-Pilot besonders glänzen: "Da habe ich vielleicht auch unnötigen Druck auf mich geladen. Ich habe zu viel von mir erwartet, während ich auf neuen Strecken unvorbelastet ins Wochenende gegangen bin. Da konnte ich befreiter fahren."

Es gab aber auch externe Faktoren, die Schuld an der Misere hatten: "Pirelli hat für die Europa-Rennen den C6-Reifen gebracht. Ich hatte Mühe, diesen Reifen zu verstehen. Er hat nicht konstant reagiert. Im dritten Training von Imola bin ich damit auf den vierten Platz gefahren. In der Qualifikation ein paar Stunden später konnte ich nicht mehr das Gleiche aus dem Reifen rausholen. Obwohl ich weniger Benzin an Bord hatte."

Kimi Antonelli - Mercedes - Formel 1 - GP Monaco 2025
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Mercedes-Upgrade bremst Antonelli

Doch nach dem zwischenzeitlichen Formtief setzte Antonelli mit dem Podium in Montreal ein echtes Ausrufezeichen: "Ich war plötzlich in der Lage, den Schritt zu machen, den ich von mir erwartet hatte. Ich habe mir jetzt vorgenommen, dass ich auf den Strecken, die ich schon kenne, mehr Gelassenheit zeige. Einfach fahren und sich nicht so viele Gedanken um den Rest machen."

Antonelli hatte gehofft, dass es nach dem Montreal-Erfolg auch in Europa endlich besser laufen wird. Doch diese Hoffnung erfüllte sich nicht. Auch hierfür hat Antonelli eine Erklärung: "Wir haben die neue Hinterachse im Verdacht. Sie kam zum ersten Mal in Imola, und seitdem hatte ich das Gefühl, ein anderes Auto zu fahren. Ich hatte das Vertrauen verloren."

Erst in Budapest konnte Antonelli aufatmen: "Kaum war die alte Aufhängung wieder im Auto, war das Vertrauen zurück. Die Qualifikation ist zwar wieder nicht wie gewünscht verlaufen, aber das Rennen hat gezeigt, dass ich mich jetzt wieder wohler fühle. Ich bin 50 Runden auf einem Reifensatz gefahren und habe den letzten Punkt gegen Autos verteidigt, die zu dem Zeitpunkt Reifen mit besserem Grip hatten."

Fahrstil passt nicht

Die Frage lautet nur, warum es in Montreal mit der neuen Hinterradaufhängung so gut lief: "Das lag an der Strecke", ist sich Antonelli sicher. "In Montreal bremst du gerade auf die Kurven zu. Dann musst du den richtigen Einlenkpunkt finden, um optimal aus der Kurve zu beschleunigen. Da ist unser Auto gut. Aber sobald wir dann auf die europäischen Strecken zurückgekehrt sind, kehrte auch das Problem, das wir zum ersten Mal in Imola gespürt haben, zurück."

Antonelli litt nach eigener Aussage mehr unter dem Upgrade als Teamkollege George Russell: "Wenn man in schnellen Kurven auf der Bremse eingelenkt hat, wurde das Heck unruhig und es war schwer zu spüren, ob der Grip abreißt oder nicht. Mein aggressiver Fahrstil hatte dieses Problem noch verschärft. Das Auto wurde noch unberechenbarer. Ich muss mich da aber auch selbst in die Pflicht nehmen und hätte meinen Fahrstil besser anpassen müssen."