Jim Clark schiebt lächelnd den Brabham BT23C mit Kurt Ahrens im Cockpit in das TV-Studio. Beide Fahrer sind im Overall. Ahrens hat sogar noch den Sturzhelm auf. Am Brabham sind die Martini-Sticker abgeklebt. Dafür ist auf Clarks Overall am Rücken und der rechten Brustseite deutlich der „Gold Leaf“-Schriftzug zu sehen. Zigarettenwerbung war damals noch erlaubt im Fernsehen. Alkohol-Reklame nicht. Moderator Werner Schneider begrüßt die beiden Rennfahrer.
Moderator: Ja direkt von der Rennbahn zu uns ins Studio: Kurt Ahrens. Herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Trainingsbestzeit. Sie wussten noch gar nichts davon, als Sie hier ankamen.
Ahrens: Stimmt. Ich habe noch nichts davon gewusst. Ich hoffe, das stimmt so.
Anm. der Redaktion: Ahrens stand in der ersten Startreihe, war aber nur Dritter hinter den beiden Matra von Jean-Pierre Beltoise und Henri Pescarolo.

Moderator: Und das ist Ihr Auto?
Ahrens: Ja. (nimmt den Helm ab)
Moderator: Das ist also ein Braham-Repco, wie wir gehört haben. Ist das Auto richtig in Schuss?
Anm. der Redaktion: Es war ein Brabham-Ford. Nur in der Formel 1 fuhr Brabham mit Repco-Motoren.
Ahrens: Ich hoffe. Bis jetzt hat sich es so gezeigt.
Moderator: Sie haben ja im vorigen Jahr gewonnen und gelten also morgen auch zu den Favoriten?
Anm. der Redaktion: Ahrens hat im Jahr davor kein Rennen in Hockenheim gewonnen. Die Sieger 1967 hießen Frank Gardner und Robin Widdows.
Ahrens: Ja, das möchte ich aber nicht so laut sagen.
Moderator: Hier müssen Sie es laut sagen. Das Mikrofon ist ein Stückchen weit weg.
Ahrens: Ich hoffe es insgeheim, aber es wäre zu schön, um wahr zu sein.
Schneider zeigt plötzlich auf Jim Clark, der auf der anderen Seite des Autos steht.
Moderator: Wer ist der Herr hier? Ist der Ihr Monteur?
Ahrens (etwas peinlich berührt): Nein, das ist der Herr Jim Clark aus England.

Moderator: Hi Jim Clark, nice to have you here in the studio.
Clark: Nice to meet You.
Moderator: Meine Damen und Herren, ich darf Ihnen vorstellen: Jim Clark, zweifacher Weltmeister aus Schottland und ein sehr internationaler Mann. Welche Kamera haben wir? Da drüben. Dankeschön, jetzt ist das Rotlicht da. Jim, das ist unsere Kamera. Wir sind sehr glücklich, Sie hier in unserem Studio zu haben, und ich erkläre mal unserem Publikum, wer Sie sind. Sie sind 32 Jahre alt.
Clark: That is true.
Moderator: Man darf das doch bei einem Herrn sagen. Sie sind ja keine Frau.
Clark grinst: Yes, very young.
Moderator: Also, er ist 32 Jahre alt und stammt aus Schottland, von einer Schaf-Farm, die er von seinen Eltern übernommen hat. Er hat ein Büro in London und seinen zweiten Wohnsitz auf den Bahamas. Wer möchte das nicht, meine Damen und Herren. Um alle Verpflichtungen rechtzeitig erfüllen zu können, reist Jim Clark mit seinem eigenen zweimotorigen Flugzeug. (Schneider übersetzt)
Clark: That‘s right.
Moderator: Sie starten also morgen auch in Hockenheim?
Clark: Yes.
Moderator: Jim Clark wird also morgen auch in Hockenheim an den Start gehen, obwohl er an sich ein Formel 1-Pilot ist. Und für die A-Fahrer, die besten sechs A-Fahrer, ist die Europa-Trophäe gesperrt. (Schneider übersetzt)
Clark: Yes, the European Trophy has a series of races for B-drivers, but in all these races there is a race in itself, where we are competing for the race only.
Moderator: Jim Clark meint also, dass er nur für das morgige Rennen dort startet. Das heißt also, dass er auch auf einen Gewinn des Rennens ausgeht, obwohl er in der Punktwertung des Europäischen Pokals nicht teilnehmen kann. Dafür tut er das in der Formel 1. (Schneider übersetzt).
Clark: Oh, yes. That has already started.
Moderator: Die Formel 1 ist bereits gestartet, und er hat das erste Rennen auch schon gewonnen. In?
Clark: In South Africa.
Moderator: In Johannesburg.
Clark: Yes.
Moderator: In Johannesburg hat also Jim Clark seinen ersten Lauf gewonnen. Er hatte eine nicht so gute Saison im vorigen Jahr gehabt, aber ich glaube, er hat jetzt die meisten Grand Prix-Siege von allen Fahrern. (Schneider übersetzt und Clark nickt). Ich glaube, Sie haben Juan-Manuel Fangio damit egalisiert, oder haben Sie ihn überholt?
Clark: I overtook him at South Africa, yes.
Moderator: In Südafrika hat er also Juan-Manuel Fangio überholt. Wie viele?
Clark: He has 24, I now have 25.
Moderator: Er hat also 24 und Jim Clark 25 Siege. Das ist also ein Jubiläum, ein spezieller Tag, nicht wahr?
Clark: It was for me, yes.
Moderator: Jim Clark, was ist der Unterschied zwischen einem dieser Formel 2-Rennwagen und dem Formel 1, den Sie also auch um die Weltmeisterschaft fahren. (Schneider zeigt auf den Brabham und übersetzt)

Clark: The Formula 2 car basically has got a 1600 ccm engine.
Moderator: 1.600 Kubikzentimter-Maschine.
Clark: Yes. And it must weigh a minimum of 420 kilos.
Moderator: Mindestens 420 Kilo Gewicht.
Clark: Formula 1 has a 3 liter engine
Moderator: Formel 1 ist also drei Liter, oder 3.000 Kubikzentimeter, fast doppelt so viel.
Clark: With 500 kilo.
Moderator: 500 Kilo Minimumgewicht.
Clark: That‘s right.
Moderator: Was ist der Unterschied in der Geschwindigkeit?
Clark: A Formula One is obviously a bit quicker, quite a bit quicker.
Moderator: Wie viel?
Clark: Oh, 40 miles, that‘s about 70 kilometers per hour. 60 to 70 kilometers per hour.
Moderator: Jim Clark meint also, der Formel 1 ist etwa 40 Meilen, als Brite spricht er natürlich in Meilen, also rund 65 Kilometer pro Stunde schneller als dieser Formel 2-Rennwagen. Was ist die Maximalgeschwindigkeit von diesem Auto hier? (Schneider zeigt auf den Brabham und übersetzt)
Clark: I have no clue.
Moderator: Herr Ahrens, Sie wissen es sicher besser, oder ist es ein Geheimnis vor dem Rennen morgen?
Ahrens: Das ist kein Geheimnis. Wir fahren ja alle ziemlich gleich schnell.
Moderator: Das Motodrom ist eine ziemlich schnelle Strecke.
Ahrens: Ja, auf der Geraden absolut.
Moderator: Was machen Sie auf der Geraden?
Ahrens: So 260 Stundenkilometer ungefähr.

Moderator: 260. Meine Damen und Herren, tun Sie das nie. Lassen Sie das besser den Kurt Ahrens tun und Jim Clark, die sind dafür besser geeicht. Ich bin also gestern hierher gefahren und habe nur 200 geschafft. Und da hat‘s auch schon bei mir so ein bisschen gezittert. (Clark lacht) Wie sieht das bei Ihnen aus, wenn sie solche Spitzengeschwindigkeiten fahren, Herr Ahrens?
Ahrens: Bei uns ist das so. Das Auto ist dafür gebaut. Die Dimensionen von den Reifen, die haben schon unheimliche Haftung.
Moderator: Was würden Sie sagen, für einen normalen Zuschauer, mit diesem Wagen 260, was würde das mit einem VW entsprechen?
Ahrens: Na, das kann man schlecht beurteilen. Ich bin selten VW gefahren.
Moderator: Ja was. Irgendein anderes Auto, eine gängige Marke.
Ahrens: Das entspricht mit einer mittleren Geschwindigkeit, ungefähr 110 Stundenkilometer.
Moderator: 110. Also nicht mehr, nicht risikovoller.
Ahrens: Auf der Geraden völlig risikolos. Das Auto liegt wirklich sehr ruhig.
Moderator: Ich möchte mal drin fahren.
Schneider dreht sich wieder zu Clark
Moderator: Jim Clark, wenn sie privat fahren, dann benutzen Sie ein Auto mit automatischem Getriebe, stimmt das?
Clark: Normally yes, if I don‘t drive my sports car. (Schneider übersetzt)
Moderator: Warum?
Clark: Because my sports car doesn‘t have one. In a normal car, I quite often drive an automatic.
Moderator: Sind Sie nicht gewohnt vom Rennauto die Gänge dauernd selber zu wechseln? Gibt das nicht ein sportlicheres Fahrgefühl? Man meint, ein Rennfahrer fährt auch auf der Straße etwas anders als ein Normalfahrer. (Schneider übersetzt)
Clark: But you are driving every weekend on the track, so you don‘t have to go through the gears all the time outside. (Schneider übersetzt)
Moderator: Wie viele Rennen fahren Sie im Jahr?
Clark: It varies between 40 and 55 per year.
Moderator: Zwischen 40 und 45 (Übersetzungsfehler). Ich möchte jetzt eine Frage stellen, die ist vielleicht ein bisschen indiskret. Wie viel Geld kann man als Top-Rennfahrer wie Sie einer sind verdienen? Das ist für die jungen Leute, die mal ein berühmter Rennfahrer werden wollen.
Clark: I don‘t know (lacht). I don‘t have time to add it up.

Moderator: Also Jim Clark hat nicht einmal die Zeit durch seine vielen Rennen und Verpflichtungen, dass er das genau ausrechnet. Aber fragen wir vielleicht einmal nach Hockenheim. Was kann ein Fahrer der besten Klasse in Hockenheim verdienen? (Schneider übersetzt)
Clark: Well, ah, you get starting money and then money to win the race as well, but I don‘t even know, what the prize money for the first is.
Moderator: Also er weiß nicht genau, was der erste Preis sein wird.
Clark: Possibly about 1.000 pounds.
Moderator: Er rechnet mit etwa 1.000 Pfund. Es ist ein bisschen weniger. Herr Ahrens, können Sie uns Auskunft geben, was morgen zu gewinnen ist?
Ahrens: Also ich weiß es nur von den B-Fahrern, was für uns in Frage kommt. Wir kriegen kein Startgeld, sondern nur Preisgeld, das wir uns erringen müssen. Da sind es 7.500 Mark für den Ersten.
Moderator: Ich glaube, wenn Herr Clark morgen gewinnt, kriegt er nur die Hälfte.
Ahrens: Das stimmt, aber er hat ein festes Engagement, und das gleicht das aus oder ist sogar noch mehr.
Schneider wendet sich wieder Clark zu.
Moderator: Ich weiß es auch, darf ich das sagen. Ich kenne Ihr Startgeld für morgen, Herr Clark, darf ich es verraten? (Schneider übersetzt)
Clark: You may know the car‘s starting money for tomorrow, but you don‘t know my starting money.
Moderator: Ach, das ist unterschiedlich?
Clark lacht: Yes.
Moderator: Sie starten für ein Team...
Clark: Yes, so you probably know the team‘s starting money, which they have to pay to me, to pay the mechanics and to bring the cars all the way from England and to replace the two broken motors, we already did today.
Moderator: Also das ist ein großer Unterschied zu dem was sie auch in der Zeitung lesen. Von dem Startgeld für Jim Clark, da gehen also davon ab die Unkosten, um die Wagen von England hierher zu bringen, die Monteure müssen bezahlt werden, die Reisespesen müssen bezahlt werden und auch, wie es beim Team von Jim Clark passiert ist, zwei zerbrochene Motoren. Zwei beschädigte Motoren, die müssen auch bezahlt werden. Wir wollen auch nicht weiter darin eindringen, aber vielleicht schauen wir uns diesen Motor einmal an. Können Sie mal ein bisschen erklären.
Schneider zeigt auf das Ahrens-Auto und übersetzt. Moderator und Clark nehmen mühsam die Motorabdeckung des Brabham ab. Clark fingert nach den Schnellverschlüssen.
Clark scherzt: I am no mechanic.

Moderator: Jim Clark sagt also, er ist kein Mechaniker, sondern er ist ein Fahrer, und vielleicht kann die Kamera jetzt einmal diese Maschine einfangen. Es ist wichtig bei dieser Maschine, das darf ich noch sagen, eine 1.600 Kubikzentimeter Maschine und sie muss homologiert sein, wie man in der Rennsprache sagt. Das heißt also, vom Block dieser Maschine müssen in den letzten 12 Monaten mindestens 500 Stück gebaut worden sein. Stimmt das, Herr Clark? (Schneider übersetzt)
Clark: That‘s right. 500 of the block. You can change the other pieces. This is four valves per cylinder.
Moderator: Herr Ahrens?
Ahrens: Vier Ventile pro Zylinder.
Moderator: Was ist das hier? (Zeigt auf die Einspritzleiste).
Clark: That‘s the injection.
Moderator: Das sind die Einspritzpumpen, die man ja auch schon bei normalen Autos hat. Tourenwagen auch. (Schneider übersetzt)
Clark: A few touring cars.
Moderator: Was ist das Teil hier? (Zeigt hinter den Motor)
Clark: That is the gearbox.
Moderator: Das ist also das Getriebe hier hinten. Also die Schaltung. Wie viel Gänge hat es?
Clark: Five forward, one reverse.
Moderator: Fünf Vorwärtsgänge, einen Rückwärtsgang. Für was brauchen Sie den Rückwärtsgang, sie fahren doch nur nach vorne? (Schneider übersetzt)
Clark: You may spin off and need to come back.
Moderator: Wenn man sich also dreht und von der Piste heruntergeht und wiederkommen muss. Also rückwärts wieder raus. Noch was Interessantes an diesem Auto, die Radaufhängung, da wo die Räder sind? (Schneider übersetzt)
Clark: It is an independant suspension.

Moderator: Also unabhängige Radaufhängung, sagt Jim Clark uns. Ganz interessant sind auch diese Reifen. Würden Sie diese Reifen auch auf einem normalen Sportwagen empfehlen? Nicht so breit, denke ich? (Schneider übersetzt)
Clark: It would hold the road very well, but it might be a bit rough.
Moderator: Also es würde zwar die Straßenlage, also die Straßenhaftung verbessern, aber es wäre doch ein bisschen rau. Noch was? Herr Ahrens, haben wir noch was vergessen bei Ihrem Auto?
Ahrens: Nein, ich glaube nicht. Wir haben alles. Für Herrn Clark ist das Erklären natürlich besonders schwierig, da er die Konkurrenz fährt.
Moderator: Ah, habe ich jetzt was Falsches gemacht, dass ich ihn habe bei Ihnen reingucken lassen?
Ahrens: Nein, aber für ihn ist das schwierig zu erklären, weil er ein anderes Auto fährt.
Moderator: Ja, wir wollten Sie nicht aus Ihrem kleinen Cockpit raushaben.
Ahrens: Ja, das ist auch ein bisschen schwierig, da rauszukrabbeln.
Schneider nimmt Ahrens den Sturzhelm ab, den der in seinen Händen hält.
Moderator: Also im Personenwagen möchte ich so nicht sitzen. Aber zeigen Sie uns doch mal für einen Normalfahrer, wie Sie in dem Auto sitzen mit gestreckten Armen, fast liegend. Würden Sie das auch dem Normalverbraucher im Auto vorschlagen? Fahren Sie so auch mit einem Tourenwagen?
Ahrens: Ja, ausgestreckte Arme schon, aber nicht so liegend wie in diesem Moment.
Moderator: Also etwas weiter mit dem Gesäß zurück?
Ahrens: Ja zurück, aber die Arme auch weit weg.
Moderator: Leicht angewinkelt.
Ahrens: Genau.
Moderator: Würden Sie auch so fahren, Jim, so sitzen im Privatauto und nicht so dicht am Lenkrad ? (Schneider übersetzt)
Clark: Yes, I much prefer.
Moderator: Warum?
Clark: It is more comfortable. You are lying back. You are not so uptight here (zeigt auf Schultern). It is more relaxed.
Moderator: Also, er sagt es ist vorteilhafter. Es ist bequemer. Man fährt entspannter.
Clark: You have more room to steer. More movement. Otherwise you stuck here (macht Lenkbewegungen).
Moderator: Man hat also mehr Bewegungsfreiheit, auch für Kurvenfahren. Ja, kleine Fahrschule für Jedermann. Ihnen brauche ich nicht mehr zu sagen, wie Sie morgen fahren müssen, Herr Ahrens. Wir halten Ihnen alle die Däumchen, dass Sie wie im vorigen Jahr in Hockenheim wieder gewinnen können und eine gute Rolle spielen, selbst gegen Asse wie Jim Clark.
Schneider wendet sich wieder Clark zu.
Moderator: Sie haben nichts dagegen, wenn wir Kurt Ahrens die Daumen halten? Ihnen halten wir die Daumen in den Grand Prix-Rennen und ihm bei den Formel 2-Rennen. Ist das okay?
Clark (lächelt höflich): No, well, ah. For second.
Moderator: Sie wollen morgen also Zweiter sein.
Clark: I didn‘t say that.
Moderator: Herzlichen Dank fürs Kommen, meine Herren. Und für morgen: Hals- und Beinbruch.