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McLaren-Technikchef James Key im Interview
„Bahrain war der perfekte Sturm“

McLaren-Technikchef James Key erklärt im Interview, warum der schlechte Saisonstart ein Segen war, was der runderneuerte MCL36 besser kann und gibt zu, dass McLaren nur durch Zufall kaum Probleme mit dem Bouncing hat.

James Key - McLaren
Foto: xpb

In Bahrain wurde der McLaren MCL36 zum Flop erklärt. Danach hat er ordentliche Resultate erzielt. Haben Sie Ihr eigenes Auto unterschätzt?

Key: Der GP Bahrain war der perfekte Sturm. Natürlich fällst du dein Urteil und triffst Entscheidungen nach dem ersten Rennen, denn es ist das erste Mal, dass du auf Konkurrenz triffst und einen Anhaltspunkt bekommst, wie gut dein Auto ist. In unserem Fall sah das Auto schlechter aus, als es war. Unsere Bremsprobleme haben den ganzen Test davor zerstört. Wir konnten keine Renndistanz fahren oder das Auto auf die Strecke abstimmen. Daniel hat wegen seiner Corona-Erkrankung gar nicht an dem Test teilgenommen. Alle anderen konnten das und gingen viel besser vorbereitet in das erste Rennen. Damit gerieten wir schon mal in Rückstand. Die Folgerennen waren für uns dann eine Art Ersatztest. Da haben wir die Aufgaben erledigt, die wir in Bahrain hätten erledigen sollen. Wir haben dabei gelernt, wie wir das Auto abstimmen, ausbalancieren, und wie hoch man es fahren muss. Also alles Aufgaben, für die vorher keine Zeit war.

Unsere Highlights

Dabei kam heraus, dass der McLaren MCL36 besser war als sein Ruf?

Key: Das Resultat in Bahrain hat ein falsches Bild gezeichnet. Als wir in den nächsten Rennen in der Lage waren, die Abstimmung zu optimieren, hat sich das Potenzial des Autos gezeigt. Das sah dann so aus, als hätten wir riesige Fortschritte gemacht. Dabei waren wir einfach nur schlecht in Bahrain. Wäre Bahrain das dritte oder vierte Rennen gewesen, wären wir auf dieser Strecke auch schneller gewesen.

McLaren - GP Bahrain 2022
xpb
Beim Saisonstart in Bahrain fuhr McLaren chancenlos hinterher.

Sie haben gleich nach dem Rennen in Bahrain ein Entwicklungsprogramm angeschoben. Hätten Sie das auch getan, wenn sich das Auto dort so gut wie später in Melbourne oder Imola präsentiert hätte?

Key: Vielleicht nicht, wenn wir immer noch unter einem Reglement fahren würden, das schon lange etabliert ist. Dann hätte man sein Auto gut genug gekannt und das Ergebnis in Bahrain richtig eingeordnet. Jetzt reden wir über völlig neue Regeln. Es gab vorher keinerlei Referenz. Hätte sich unser Auto von Anfang an so gut wie in Melbourne oder Imola präsentiert, hätten wir wahrscheinlich anders reagiert. Wir hätten uns gesagt: Wir sind mit diesem Auto ungefähr dort, wo wir letztes Jahr waren. Wir haben noch einiges an Arbeit vor uns, weil der Abstand zur Spitze gewachsen ist. Also lasst uns aggressiv weiterentwickeln, aber nicht unbedingt unseren Plan ändern. Wir hätten wahrscheinlich auf dem Konzept aufgebaut. Doch nach dem Auftaktrennen konnten wir nicht sicher sein, ob es nicht ein weiteres Bahrain geben würde. Wir wussten nur, dass wir schnell Rundenzeit finden mussten. Deshalb haben wir unseren Plan geändert, mit dem Wissen, dass es Zeit brauchen wird, bis wir die Teile auf die Rennstrecke bringen können. Es hätte keinen Sinn gemacht, einfach neue Teile ans Auto zu bringen, die dann nicht funktioniert hätten. Das ist unter einem Kostendeckel das schlimmste Szenario.

Dann war Bahrain ein guter Weckruf?

Key: Absolut. Es hat uns eine neue Richtung aufgezeigt, die wir bei einem besseren Saisonstart vielleicht nicht so schnell verfolgt hätten. Somit hatten wir Glück, dass der Weckruf beim ersten und nicht beim vierten Rennen stattfand. Auch als wir mit dem zweiten Rennen besser wurden, haben wir gemerkt, dass dieses Auto immer noch Schwächen hat, an denen wir arbeiten müssen.

Was sind die Schwächen?

Key: Unter bestimmten Bedingungen wie in Miami leiden wir. Bei hohen Asphalttemperaturen oder auf holprigen Strecken mit einem rutschigen Belag. Unter Rennbedingungen mehr als in der Qualifikation. Unser Reifenmanagement von der Auto-Seite muss besser werden. Auch im Top-Speed hinken wir noch ein bisschen hinterher. Das hatten wir uns selbst zuzuschreiben. Wir sind die ersten fünf Rennen mit nur einem Flügel gefahren und hatten da wenig Flexibilität. Da hatten wir etwas zu viel Luftwiderstand. In der Qualifikation waren wir in den Kurven so schnell wie die anderen, haben aber auf den Geraden verloren.

Lando Norris - McLaren - Formel 1 - GP Spanien - Barcelona - 20. Mai 2022
xpb
Mit dem Barcelona-Upgrade konnte sich McLaren wieder an die Spitze des Mittelfelds schieben.

Wo ist das Auto besser geworden?

Key: Wir sind deutlich besser in langsamen Kurven geworden. Die Balance zwischen schnellen und langsamen Kurven ist viel besser und viel konstanter. Das war auch unser Ziel mit der Chance, die uns die neuen Regeln gegeben haben. Daniel hat sich in den ersten Rennen viel mehr vertraut mit diesem Auto gefühlt.

McLaren hat nie über Bouncing geklagt. Haben Sie das Problem vorausgesehen?

Key: Um ehrlich zu sein: Da war viel Zufall dabei, dass wir weniger davon betroffen waren als andere. Es ist ja auch unglaublich schwierig, dieses Phänomen zu simulieren. Es gibt so viele Faktoren, die es auslösen oder verstärken können. Fahren in turbulenter Luft, Bodenwellen, die Steifigkeit der Reifen und der Aufhängung. Du hast laterale Kräfte, die auf das Auto wirken, dazu die Folgewirkung der mechanischen Abstimmung auf die Aerodynamik. Das alles in ein mathematisches Modell zu fassen, ist fast unmöglich. Wenn man das Auto im Windkanal aufschaukeln wollte, müsste man große Kräfte wirken lassen, damit das passiert. Zum Glück sind wir beim Bouncing auf der besseren Seite. Wir haben eine Ahnung, warum wir nicht so leiden wie andere, aber es ist nur eine Ahnung.

Kann es mit mehr Abtrieb schlimmer werden?

Key: Es wird jedenfalls nicht besser. Aber wie schlimm es wird, ist schwer vorherzusagen. Es ist eine Funktion des Aerodynamik-Kennfeldes und der Steifigkeit bestimmter Komponenten. Deshalb sehen Sie an manchen Autos Stützkabel zur Fixierung des Unterbodens, an anderen nicht. Es ist auch eine Funktion der Fahrwerksabstimmung, denn am Ende des Tages ist es eine Art Resonanz. Es kann also durchaus ausgelöst werden, wenn der Punkt, an dem der Großteil des Abtriebs unter dem Auto erzeugt wird, von einem Strömungsabriss betroffen ist, weil der Abstand zur Straße zu klein wird.

Lando Norris - McLaren - GP Emilia Romagna - Imola - 2022
McLaren
Viel zu jubeln gab es dieses Jahr noch nicht für McLaren.

Wir haben bislang drei große Seitenkasten-Konzepte gesehen: Ferrari, Red Bull und Mercedes. Hat sich schon eines als Flop oder Sieger herausgestellt?

Key: Ich sehe da einen Trend. Schauen Sie sich unsere neuen Seitenkästen an und die von Aston Martin. Die gehen in die Richtung von Red Bull. Der Mercedes-Weg ist einzigartig, noch mal ein anderer als unser altes Konzept, obwohl auch bei uns die Seitenkästen sehr schmal waren. Es ist ein sehr schlauer Ansatz. Ich ziehe meinen Hut vor den Mercedes-Kollegen, dass sie sich so etwas getraut haben. Doch dieses Auto funktioniert auf eine ganz andere Art als der gesamte Rest. Aber es hat großes Potenzial.

Wie schwer ist die Weiterentwicklung des Autos unter dem Kostendeckel?

Key: Ich sehe das genauso wie Ferrari. Wer sich am Anfang der Saison verausgabt, bekommt ab Juli ein Problem. Wir haben schon gut in die Fahrzeugentwicklung investiert, aber immer noch Luft. Diese Autos sind teuer. Wir reden über riesige Teile, die modifiziert werden. Allein die Werkzeuge, die es braucht, einen ganzen Unterboden zu bauen. Der Frontflügel ist das Gleiche. Mal abgesehen von Bremsbelüftungsschächten oder Spiegelhalterungen nimmt man bei diesen Autos immer große Teile in die Hand. Man muss sich schon beim Bau des Autos überlegen, wie viel Komplexität man in sein Auto investiert. Umso teurer wird es, es hinterher weiterzuentwickeln. In unserem Fall wird sicher nicht schon beim GP Kanada Schluss sein. Aber auch wir müssen uns überlegen, ob der Fortschritt eine bestimmte Ausgabe für die Entwicklung rechtfertigt.

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