Es war mein viertes Jahr mit Ligier in der Formel 1. Wir sind regelmäßig um Podestplätze gefahren, haben auch ein Mal gewonnen, aber der ganz große Erfolg fehlte. Für 1979 hatte unser Konstrukteur Gerard Ducarouge das Groundeffect-Prinzip von Lotus kopiert. Nein, er hat es verbessert. Der Ligier JS11 ging wie eine Rakete. Der Grip war unglaublich.
Ich wusste vom ersten Test in Paul Ricard, dass ich in einem Siegerauto saß. Nach drei Runden bin ich die Signes-Kurve am Ende der langen Geraden zum ersten Mal voll gefahren. Ich kam zurück an die Boxen und habe zu Ducarouge gesagt: "Jetzt weiß ich, warum die Lotus im Vorjahr so schnell waren."
Alter Interlagos-Kurs mit zwei Steilkurven
Die Saison 1979 begann für uns mit einem Sieg in Buenos Aires. Wir alle waren völlig aus dem Häuschen. Jeder dachte, dass es sich um eine Eintagsfliege gehandelt hat. Wir sind trotzdem mit einem guten Gefühl zum nächsten Rennen nach Brasilien geflogen. Das war schon eine andere Dimension. Extrem heiß, extrem gefährlich. Der alte Kurs von Interlagos war ein Monster. Nicht vergleichbar mit der heutigen Strecke. Schnell, wellig, unversöhnlich.
Es gab die Curva del Sol. 180 Grad, über 200 km/h schnell. Und es gab zwei Steilkurven gleich nach dem Start. Ich habe mich als Einziger getraut, sie absolut voll zu nehmen. Weil das Auto so gut war. Trotzdem hast du immer die Luft angehalten, wenn du mit über 250 Sachen wie eine Kanonenkugel aus der Kurve geschossen bist. Du hast mit allen Fasern deines Körpers versucht zu spüren, ob die Vorderachse zu schieben beginnt oder das Heck ausbrechen will.
Ich hatte die Trainingsbestzeit schon am Freitag erzielt und habe am Samstag nur noch zugeschaut. Ich wusste, dass mich keiner mehr einholt. Ich hatte das gleiche Vertrauen in mich und das Auto, wie das heute bei Vettel der Fall ist. Mein Teamkollege Patrick Depailler haderte mit dem Setup. Für ihn war Vollgas in der Steilkurve tabu.
Depailler im Windschatten von Laffite Zweiter
Wir haben uns schnell vom Feld abgesetzt, Patrick immer in meinem Windschatten. Im Rennen war es unmöglich, die Wahnsinnskurve jede Runde voll zu nehmen. Deshalb habe ich ein kleines Psychospiel mit Patrick getrieben. Immer wenn er mir nahe am, blieb ich voll auf dem Gas. Irgendwann hatte er genug davon. Der Vorsprung wuchs dann schnell auf fünf Sekunden.
Patrick wollte nach seinem Ausfall in Argentinien diesmal unbedingt ins Ziel kommen. Wir kamen eigentlich ganz gut miteinander aus, aber als wir Teamkollegen wurden, stand plötzlich eine Mauer zwischen uns. Als er noch für Tyrrell fuhr, sind wir gemeinsam auf Reisen gegangen. Damit war jetzt Schluss. Wie willst du gegen einen auf der Strecke kämpfen, mit dem du den ganzen Tag herumhängst? Da geht der Biss verloren.
Er hat dann später in Jarama gewonnen. Leider warf er alle Chancen weg, als er bei einem Drachenflug abstürzte und sich die Beine brach. Nach unserem zweiten Sieg änderte sich die Meinung im Fahrerlager. Die Franzosen können doch nicht so schlecht sein, hieß es plötzlich. In Frankreich haben wir die Formel 1 populär gemacht. Da fuhr ein französisches Team um den WM-Titel, der sonst nur für die Engländer reserviert war.
Ligier nach gutem Start nur WM-Dritter
Leider haben wir uns dann selbst ein Bein gestellt. Die Flügel unter den Seitenkästen waren aus Aluminium gefertigt. Um Gewicht zu sparen, haben wir sie aus Plastik gebaut. Erst später hat sich herausgestellt, dass der Plastikflügel nicht steif genug war. Das hat die Aerodynamik gestört. Dummerweise konnten wir das Problem nicht erkennen. Der Flügel verbog sich ja nur bei voller Fahrt.
Windkanaltests waren damals noch die Ausnahme. Guy Ligier war knapp bei Kasse, und er hat sich mit den Windkanal-Leuten zerstritten, nachdem er herausgefunden hatte, dass sie Daten an Alfa Romeo weitergeleitet hatten. Die bauten dann eine Kopie von unserem Auto. So haben wir das Problem erst Ende August gelöst. Leider war da der WM-Zug schon abgefahren. Ich bedaure dennoch nichts. Es war eine wunderbare Zeit.