Es war schon vorher klar, dass es eine etwas unbehagliche Pressekonferenz für Jack Doohan werden würde. Seit der Verpflichtung von Franco Colapinto als dritten Fahrer spekuliert die halbe Formel-1-Welt darüber, wann Doohan sein Stammcockpit verlieren wird. Kurz vor der großen F1-Show in London gab es die erste Gelegenheit für die Presse, den Australier selbst zu seinem Schicksal zu befragen.
Dummerweise flatterte am selben Tag auch noch eine Bekanntgabe des Teams in die Postfächer der Medienvertreter, in der angekündigt wurde, dass Colapintos persönlicher Sponsor "Mercado Libre" künftig mit seinen gelben Logos auf den französischen Werksrennern vertreten sein wird. Natürlich würde der neue Partner auch gerne den eigenen Mann im Cockpit sehen – genau wie Millionen argentinische Fans.
Und so musste Doohan in der Pressekonferenz nicht lange auf die ersten Fragen zu seinem möglichen Nachfolger warten. Ob er sich durch die Verpflichtung von Colapinto zusätzlich unter Druck gesetzt fühlt, wollte einer der Reporter wissen: "Nein. Mir wurde gesagt, dass er nur ein Ersatzfahrer ist", lautete die trockene Antwort.

Wie lange darf Doohan den Rennoverall anbehalten?
Normaler Druck als Formel-1-Fahrer
Doohan versuchte, die Fragen so elegant wie möglich abzubügeln: "Als ich noch in den Nachwuchsklassen fuhr, hätte ich alles für ein Formel-1-Cockpit getan und geopfert. Es muss nicht unbedingt jemand innerhalb des Teams oder außerhalb des Teams sein. In diesem erbarmungslosen Sport lastet einem immer ein enormer Druck auf den Schultern. Aber egal, wie hoch der Druck ist, freue ich mich schon auf meine erste Saison. Ich versuche, es zu genießen."
Auf die Frage, ob er sich nicht hintergangen fühle, dass sein möglicher Nachfolger mit einem längeren Vertrag ausgestattet wurde und praktisch nur auf seinen ersten Einsatz wartet, antwortete Doohan irritiert: "Soll das eine Frage sein?" Die Situation wurde für alle Beteiligten etwas unangenehm. Doch so schnell wurde Doohan nicht aus dem Kreuzverhör entlassen.
Auf die wiederholte Nachfrage antwortete der Neuling: "Ich war ja letztes Jahr auch ein 21-jähriger Ersatzfahrer, der einen längeren Vertrag bekommen hat." Doohan verneinte natürlich, dass er sich hintergangen fühlt. "Vielleicht sollte ich das? Keine Ahnung. Ich verstehe das wirklich nicht als Frage. Aber so ist es definitiv nicht." Um den Fahrer in Schutz zu nehmen, würgten die PR-Vertreter weitere Fragen zu Colapinto ab.

Irgendwie muss Doohan mit Gasly mithalten, um den Job nicht zu verlieren.
Vowles-Aussagen mit Zündstoff
Doch beim Test in Bahrain und beim ersten Rennen in Melbourne wird das Presse-Spiel sicher wieder von vorne losgehen. Die Aussagen der Teamverantwortlichen haben in den letzten Wochen nicht gerade dazu beigetragen, Ruhe in die Geschichte zu bringen. Niemand will dem Fahrer eine Stammplatz-Garantie bis zum Ende des Jahres geben. So scheint der Abschuss schon programmiert, bevor die Saison begonnen hat.
Weiteres Öl ins Feuer kam auch noch durch Aussagen von Williams-Teamchef James Vowles. Der Brite erklärte beim Shakedown des neuen Autos, dass man den ehemaligen Schützling nur deshalb an die Konkurrenz abgegeben habe, weil man bei Alpine eine gute Chance sehe, dass Colapinto 2025 oder 2026 Grand-Prix-Erfahrung sammeln kann. Der Plan sieht vor, den Youngster nach der Ausbildung wieder zurückzuholen.
Doohan selbst muss nun irgendwie versuchen, ruhig zu bleiben und auf der Strecke Leistung abzuliefern. Mit Pierre Gasly hat er einen starken und erfahrenen Piloten an der Seite, der ihm beim Finale 2024 in Abu Dhabi direkt schon mal die Grenzen aufgezeigt hat. Irgendwie muss Doohan das Teamduell einigermaßen ausgeglichen gestalten, um der Teamleitung keine Argumente für den Wechsel zu geben. Auf Renneinsätze bis zum Saisonende würde aber wohl niemand im Fahrerlager wetten.