Dank Ihres ersten Triumphs beim Indy 500 sind Sie endgültig auf dem Olymp des Rennsports angekommen. Aus Ihrer europäischen Heimat, speziell Spanien, schlägt Ihnen aber Desinteresse entgegen. Man fragt sich eher, warum Sie nicht in die Formel 1 wechseln. Nervt Sie das?
Palou: Tatsächlich nicht, denn es gibt keinen Ort, an dem ich lieber wäre als hier. In der IndyCar habe ich ein herausragendes Team und die Chance, etwas Großes aufzubauen. Außerdem ist der Wettbewerb verrückt! Wir hatten sicher einen grandiosen Saisonstart, aber es braucht immer das erste Training, um zu wissen, wo man steht. Ich mag diese Unsicherheit durch das extrem enge Feld.
Williams-Teamchef James Vowles nannte Sie "superschnell", warnte gleichermaßen jedoch, dass es mindestens ein Jahr Testzeit bräuchte. Frédéric Vasseur fand, Sie wären in den USA schlicht vergessen worden. Als Indy-500-Sieger kann man darüber wahrscheinlich nur schmunzeln?
Palou: Absolut! Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich liebe die Formel 1 und sie war natürlich mein Traum. Aktuell stimmt das Timing einfach nicht. Warum sollte ich drei oder vier Jahre bei einem Team vergeuden, welches nicht gewinnen kann? Das ist nicht meine Vorstellung vom Rennfahren. Ich will um Siege – besonders beim Indy 500 – und um Meisterschaften kämpfen. Nur so bin ich glücklich.

2022 klopfte Palou laut an die Pforten der Formel 1. Über einen Testfahrer-Vertrag wollte er ein Cockpit bei McLaren bekommen. Es blieb bei einem FP1-Outing in Austin.
Heißt: Keine Formel 1, gar kein Problem?
Palou: Richtig, denn das Leben geht weiter. Diese Diskussion wird allen voran von den Fans geführt. Ich verfolge das recht gelassen aus der Perspektive eines F1-Zuschauers.
Eine wichtige Rolle bei den Debatten spielt Ihre Vertragskontroverse aus der Saison 2022. Ähnlich wie Oscar Piastri dementierten Sie öffentlichkeitswirksam eine Verlängerung mit dem IndyCar-Powerhouse Chip Ganassi Racing. Stattdessen sollte es zu McLaren gehen. Sie testeten auch in Papaya und absolvierten das FP1 in Austin. Doch der Deal brach auseinander und nun eilen Sie mit Ganassi von Sieg zu Sieg, während der McLaren-Rechtsstreit zumindest öffentlich noch nicht beendet ist. Wie blicken Sie darauf zurück?
Palou: Ich bin froh, dass ich mich nach dem ganzen Drama mit Chip Ganassi zusammenraufen konnte. Schon 2023 haben wir die Sache aus der Welt geschafft. Ich weiß, was damals passiert ist, und muss es akzeptieren. Es gibt ja auch keine Möglichkeit, es rückgängig zu machen. Die beste Antwort darauf kann ich im Auto geben.

Der Jungvater hat in den USA ein neues Zuhause gefunden. Obwohl er schon jetzt auf den Legendenlisten weit oben steht, sieht er sich noch im Beschleunigungsmodus.
Angesichts Ihrer drei, womöglich bald vier Titel und des Indy-500-Erfolgs vergisst man fast, dass Sie erst 28 Jahre jung sind. Ihr Teamboss wird auch nicht müde, Ihre weiter anhaltende Lernkurve zu erwähnen. Sehen Sie sich eher als Youngster oder schon als Establishment?
Palou: Es gibt noch so viel, was ich im IndyCar-Renner lernen kann. Bei jeder Ausfahrt finde ich Verbesserungspotenzial bei mir und beim Team. Ich bin also noch lange nicht am Ende.
... besonders, wenn es um Indy-500-Siege geht?
Palou: Nach dem ersten will man direkt weitermachen. Als Gewinner versteht man nochmal besser, was dieses Rennen für einen und die ganze Szene bedeutet. Ohne den Erfolg hätte ich mir wohl anhören müssen, dass meine Karriere nicht erfolgreich genug gewesen wäre. Die Last bin ich nun los!