Mehrere Podien und ein starker Sprint-Sieg beim Monza-Finale, aber trotzdem der enttäuschende neunte Abschlussrang: Was war Ihre größte Lektion aus dem Debütjahr 2024?
Tramnitz: Am meisten habe ich bei den Qualifikationen und im Wetter-Chaos von Silverstone gelernt. Hier sahen das Team und ich unser dringendstes Verbesserungspotenzial. Die Folgen sind eine bessere Teamstruktur und eine schnellere Entscheidungsfindung.
Wie äußert sich die neue Struktur?
Tramnitz: Beispielsweise hat MP Motorsport speziell jemanden ausgewählt, der auf alle Entwicklungen nochmal schaut und an der Pitwall feste Entscheidungen trifft. Eine derart klare Linie war vorher nicht da. Außerdem möchten die Ingenieure etwas mehr Risiko bei der Strategie wagen und generell weniger konservativ an die Dinge herangehen.
Im Laufe der Motorsport-Geschichte gab es immer wieder Fahrer, die Änderungen eingefordert und so ihre Teams auf ein neues Level gehoben haben. Kann man sich an solchen Vorbildern orientieren? Oder sind die Hierarchien in Juniorserien zu unterschiedlich?
Tramnitz: Ich bin generell jemand, der Dinge einfordert und Emotionen zeigt, wenn es nicht wie gewünscht läuft. Diese Eigenschaften finde ich aber richtig, denn es gehört beim Team-Spirit dazu. Grundsätzlich sollte man dabei respektvoll gegenüber dem Team auftreten. Wer sich immer nur aus Prinzip beschwert, der läuft Gefahr, hinsichtlich seiner Vorschläge ignoriert zu werden. Unser Fall des guten Saisonendspurts zeigt, dass ordentliche Kommunikation für alle wertvoll ist. Andersrum gilt das ebenso bei konstruktiver Kritik an mir.
Wäre die Winterpause ohne den Monza-Erfolg anders verlaufen?
Tramnitz: Das war für uns alle sehr wichtig. Im Rookie-Jahr zu gewinnen, setzt immer ein Zeichen. Dabei lernen das Team und man selbst auch entscheidende Dinge. Zum Beispiel, wie der Umgang zwischen Fahrer und Renningenieur funktioniert, wenn das eigene Auto an der Spitze liegt, also eine speziellere Strategie nötig wird. Der Schwung daraus für die beginnende Saison hilft erst recht.
Ihre größte Stärke – die 2024 gewonnene Erfahrung – wurde Ihnen durch neue Autos ein Stück weit geraubt. Zudem sind die Reifen neu. Alles auf Anfang?
Tramnitz: Mit Sicherheit genießen die Rookies dadurch einen größeren Vorteil. Der Rennwagen ist vom Charakter schon anders, die Reifen verhalten sich sogar komplett unterschiedlich. Andererseits fiel es mir als Rookie immer einfach, mich gut an die veränderten Begebenheiten anzupassen. Darauf setze ich für 2025. Die eine oder andere Überraschung kommt so oder so. Manche Teams werden sich auf gewissen Strecken sehr gut zeigen, auf anderen wird es dann etwas schwieriger. Wir können uns auf jeden Fall über Spannung und Abwechslung freuen. Hoffnung macht mir persönlich, dass sich das neue Auto stark an der Formel 2 anlehnt, in der sich MP Motorsport zuletzt stark präsentierte.
Was macht den neuen Formel-3-Wagen aus?
Tramnitz: Die Aerodynamik verschiebt sich in die Richtung eines Groundeffects, um die Dirty-Air zu reduzieren. Gleichzeitig hat sich jedoch auch der Luftwiderstand auf der Geraden erhöht, wodurch der Windschatten etwas zunimmt. Der DRS-Effekt ist allerdings geringer. Den größten Unterschied machen insgesamt die Reifen: Obwohl das Auto an Gewicht zulegte, wurde es durch sie schneller – mindestens eine halbe Sekunde. Das hatte keiner erwartet!

Mehr Groundeffect, weniger Dirty-Air und überraschenderweise Extra-Speed: Die neue Formel-3-Auto-Generation soll für reichlich Spannung sorgen.
Liegt Ihnen das Konzept? Oder gilt eh, dass ein guter Fahrer in jedem Auto schnell sein muss?
Tramnitz: Diese Weisheit stimmt auch hier. Wenn einem die Philosophie entgegenkommt, kann man vielleicht Hundertstel oder auf manchen Strecken Zehntel finden. Grundsätzlich starke Fahrer setzen sich in allen Rennwagen durch.
Hilft das erworbene Wissen aus der Saison 2024 trotzdem dabei, entspannter die Wochenenden anzugehen?
Tramnitz: Da die Event-Formate und mein Team gleich sind, fühle ich mich total entspannt. Ich weiß, dass ich in diesem Umfeld vorne mitfahren kann. Diese lockere Grundhaltung soll aber nicht vom großen Ziel ablenken: Wir wollen den Titel holen.
Auf welche Strecken freuen Sie sich am meisten?
Tramnitz: Melbourne! Nach dem letzten Jahr möchte ich dort was gutmachen. Und Monaco – was zeigt, dass ich gerne auf Stadtkursen fahre. Hier können Fahrer wirklich den Ausschlag geben.
Sie haben im Winter am großen Jahrgangstreffen des Red-Bull-Junior-Teams teilgenommen. Können Sie Einblicke geben?
Tramnitz: Natürlich ging es wie im gesamten Winter um körperliche und mentale Fitness. Jedoch stand bei dem Treffen selbst das Zusammenkommen aller Junioren im Vordergrund. Red Bull hat ein breites Programm aufgestellt. Wir spielten zum Beispiel Eishockey.

Bei der Eröffnung der Münchner Veranstaltungshalle SAP Garden machte Tramnitz auf dem Eis eine schnelle Figur. Wie es wohl mit Schlittschuhen lief?
Das passt nicht so wirklich zum Klischee des Haifischbeckens Red Bull?
Tramnitz: Ich bin eh kein Fan von Spielchen abseits der Strecke. Solches Gelaber ist überflüssig, das interessiert mich nicht. Es zählt nur die Leistung auf der Strecke. Deswegen mag ich solche Veranstaltungen wie die von Red Bull. Man hat zwar immer im Kopf, dass es Konkurrenten – häufig sogar die größten – sind, aber das spricht nicht dagegen, nette Tage zu verbringen. Selbst die Formel 1 beweist, dass die Zeiten vermeintlicher Feindschaften vorbei sind.
Wäre Eishockey eine alternative Karriere?
Tramnitz: Das lasse ich lieber (lacht). Zum Treffen gehörte neben einem Besuch bei Servus TV und Fußball auch Helikopterfliegen. Da sehe ich mich viel mehr – typisch Adrenalinjunkie.
Das Förderprogramm nimmt Ihnen viele finanziellen Sorgen, aber nicht alle. Wie schwierig ist es, aktuell Sponsoren aufzutreiben? Besonders wenn man wie Sie nicht aus extrem reichem Hause stammt?
Tramnitz: Glücklicherweise wuchs dank der Formel-3-Saison die Aufmerksamkeit. Über die Winterpause gestaltete es sich deshalb einfacher als im Jahr zuvor. Weil wir schon jetzt stark auf die Formel 2 hinarbeiten, braucht es allerdings nochmal einen unfassbar großen Sprung beim Budget. Seit Jahresbeginn suchen wir Unterstützer. Die verschiedenen Sponsorenpakete sind vergleichbar mit dem, was man zum Beispiel von Fußball-Clubs kennt. Heutzutage sind Aufkleber nur ein kleiner Teil. Es geht darum, die Leute zu begeistern – im besten Fall durch Besuche an der Strecke.

Eine deutsche Flagge auf dem Siegerpodium wurde an Grand-Prix-Wochenenden zur Seltenheit. Der 20-jährige Tramnitz will zusammen mit dem Projekt Motorsport Team Germany wieder Lust auf mehr in der Rennsport-Nation Deutschland erzeugen.
Diese Leute wiederum müssen sich für solche Ausgaben wahrscheinlich mehr rechtfertigen als früher – sei es wegen der grauen wirtschaftlichen Aussichten oder Umweltschutz-Aspekten.
Tramnitz: Ganz klar. Man muss Unterstützer finden, die wirklich Bock auf Motorsport haben. Anders geht es nicht.
Sollte Helmut Marko jetzt noch ein F2-Cockpit aus dem Trachtenhut zaubern, würden Sie es sicher nicht ablehnen? Oder macht die Mission F3-Titel doch mehr Spaß?
Tramnitz: Natürlich wünscht man sich, so schnell wie möglich aufzusteigen. Es ist auch enttäuschend, dass Piloten mit viel weniger Erfahrung und vorzeigbarem Erfolg über die Abkürzung Brieftasche an einem vorbeiziehen. Ich kenne diese harte Realität allerdings seit dem Kartsport. Dass ich trotzdem die Chancen bekommen habe und Red Bull sowie das Motorsport Team Germany mich unterstützen, beweist, dass sich Geduld auszahlt – auch in der anstehenden F3-Saison.