Hersteller in der Formel 1: Spielplatz der Autokonzerne

Hersteller in der Formel 1
Spielplatz der Autokonzerne

1000. GP
Veröffentlicht am 30.01.2019
Eric van de Poele - Modena Lamborghini 291 - GP San Marino 1991
Foto: Wilhelm

Automobilhersteller und der Motorsport: Das ist eine Hassliebe. Die einen wurden auf der Rennstrecke zur Legende, für die anderen war der Wettbewerb Segen und Fluch zugleich. Eigentlich sind Autorennen das ideale Betätigungsfeld für Autokonzerne. Solange sie gewinnen. Oder mit Anstand verlieren. Wer hinterherfährt, versaut sich das Image. Besonders in der Formel 1. Da schauen alle zu, da kann man Erfolg nur bedingt steuern.

Deshalb lassen viele Autofimen die Finger von der Königsklasse. Oder kommen und gehen. Oder verstecken sich als reine Motorenlieferanten. Immer dabei war nur Ferrari. Das wurde zum Fundament eines Mythos. Ferrari verzeiht man die Niederlage. Sie ist Teil der Legendenverehrung. Nur wer in schlechten Zeiten leidet, kann die Momente des Sieges richtig genießen. Ferrari hatte beides. Die dürren Jahre wie 1962, 1969, 1973, 1980, 1992, 1993 oder 2014. Die Phasen der Dominanz wie 1952, 1953, 1961, 1975, 1979 und von 2000 bis 2004.

Die 235 GP-Siege von Ferrari sind unerreicht. McLaren folgt mit 182 Siegen und stellt derzeit auch keine Gefahr für den Rekordhalter dar. Lotus liegt mit 81 Siegen auf Rang 5 der ewigen Bestenliste. Der Rennstall von Colin Chapman existiert nicht mehr. Puristen sagen: seit 1994. Zwischen 2010 und 2015 haben sich zwei Teams darum gestritten, den Namen Lotus weiter führen zu dürfen. Sie hatten das Placet der Chapman-Familie, waren trotzdem nur Lotus Light.

Renaults bewegte Formel 1-Geschichte

Ferrari und Lotus sind Kleinserien-Hersteller. Doch die Formel 1 lockte auch die großen Konzerne auf das Parkett. Mercedes ließ 1954 die Silberpfeil-Ära der Vorkriegszeit mit zwei WM-Titeln wieder aufleben. Auch das zweite Comeback ab 2010 bemüht diesen Mythos, doch heute ist es eher eine Vokabel, als dass die Bezeichnung Silberpfeil die Leute elektrisiert. Der großen Emotion ist kühle Nüchternheit gewichen. Damals wie heute ist Mercedes eine Siegmaschinerie. Nach vier Lehrjahren setzt Mercedes seit 2014 das fort, was die Mannschaft um Alfred Neubauer in den 50er Jahren vorexerziert hat. Der totale Erfolg. Fünf Mal in Folge gingen alle WM-Titel an Mercedes. Der Rekord von Ferrari ist eingestellt.

Jean-Pierre Jabouille - Renault RS11 - GP Frankreich 1979 - Dijon
sutton-images.com

Als Bewerber geht Mercedes 2019 in sein zehntes Jahr. Zusammen mit 1954 und 1955 macht das bislang 189 GP-Starts und 87 Siege. Das ist eine Erfolgsquote von 46 Prozent. Zwischendrin lieferte der Stuttgarter Autobauer Motoren. McLaren wurde zwischen 1995 und 2014 zwei Mal Weltmeister mit den Triebwerken aus der Feder von Mario Illien. Mercedes hatte sein Motorengeschäft outgesourct und so einen neuen Trend gesetzt. Auch beim Wiedereinstieg als Team 2010 war der Blamage-Faktor gering. Mercedes kaufte das Weltmeister-Team von BrawnGP.

Renault ging da deutlich mehr ins Risiko. Der Einstieg 1977 war ein großes Abenteuer. Mit einem Turbomotor, kaum Erfahrung auf dem Chassissektor und Radialreifen von Michelin. Der Turbopionier gewann nie die Weltmeisterschaft, war aber zwei Mal knapp dran. 1985 zog sich Renault mit 13 GP-Siegen zum ersten Mal aus der Formel 1 zurück. Doch nur so halb. Die Nabelschnur zur Formel 1 war die Versorgung von Teams mit Motoren. Williams feierte in den 90er Jahren vier Titel mit dem Renault-Zehnzylinder, Benetton einen. Der Renault V10 war der beste Motor seiner Epoche.

17 Jahre nach dem Abschied machte es der französische Konzern schlauer. Er kaufte sich für 120 Millionen Dollar das Benetton-Team. Und wurde endlich Weltmeister. Fernando Alonso ließ Frankreichs Nationalstolz 2005 und 2006 jubeln. Ende 2009 war wieder Schluss. Mitten in der Finanzkrise wurde der Rennstall privatisiert. Der Luxemburger Finanzjongleur Gérard Lopez führte das Team zunächst unter dem Namen Renault, dann als Lotus weiter. 2016 holte sich Renault das Team, das man einst losgeworden war, wieder zurück. Zwischendrin blieb Renault als Motorenpartner von Red Bull im Geschäft. Von 2010 bis 2013 produzierte die schwierige Ehe vier WM-Titel.

Das Ende der italienischen Marken

Alfa Romeo glänzte nur in den ersten beiden Jahren der Formel 1. Der stärkste Motor im Feld verhalf einem Auto, das 1937 konzipiert worden war, 1950 und 1951 zum Erfolg. Die zweite Ära der Mailänder Firma verlief eher bescheiden. Das Highlight blieben zwei Pole Positions 1980 in Watkins-Glen und 1982 in Long Beach. Siege kamen nicht mehr hinzu. Höchstens Spott über den großen Durst der Motoren und die Anfälligkeit der Technik. 1985 fiel Alfa Romeo bei 16 Starts mit zwei Autos 24 Mal aus. Ende der Saison machte der Vorstand dem Grauen ein Ende.

Lotus-Lamborghini 102 - Motor - V12 - Formel 1 1990
Wilhelm

Maserati war schon Ende der 50er Jahre verschwunden. Ein Jahr nach dem größten Triumph beendete die Firma mit dem Dreizack im Kühlergrill seine Werkseinsätze. 1957 feierte Juan-Manuel Fangio auf Maserati seinen fünften WM-Titel. Danach fuhren drei Jahre lang nur noch privat gemeldete Maserati über die Formel 1-Pisten. Ende 1960 hatte der Maserati 250F ausgedient. Neue Autos wurden nicht mehr gebaut. Lancias Formel 1-Karriere dauerte nur vier Rennen. Dann war das Geld aus. Autos, Ersatzteile und einige Schlüsselfiguren landeten bei Ferrari.

Hondas Geschichte in der Formel 1 ist ähnlich wie die von Renault. Ein Kommen und Gehen. Von 1964 bis 1968 und von 2006 bis 2008 waren die Japaner in eigener Mission unterwegs. Zwischendrin als Motorenlieferant, zeitweise unter dem Pseudonym Mugen. Während dem Honda-Honda nur drei Siege gelangen, befeuerten Hondas V6-Turbo und Zehnzylinder- und Zwölfzylinder Saugmotoren auch Weltmeister-Autos. Zwischen 1988 und 1991 führte an McLaren-Honda kein Weg vorbei. 2004 wurde BAR mit einem Honda V10 Vize-Weltmeister. 2015 stieg Honda in das Hybrid-Zeitalter ein. Nach vier Jahren mit großen Schmerzen steht Honda 2019 unter hohem Erwartungsdruck. Red Bull will mit Honda in den nächsten zwei Jahren Weltmeister werden.

Deutsche Motoren besser als deutsche Autos

BMW machte sich 1983 als erster Turbo-Weltmeister unsterblich. Doch so richtig haben die Bayern die Formel 1 nie geliebt. Als Ladedruckbegrenzungen und Spritlimits den Vierzylinder-Turbo von Paul Rosche aufs Abstellgleis schickten, zog der Vorstand in München den Stecker. Und ließ sich erst 2000 wieder zu einem Comeback überreden. Als Motorenpartner von Williams. 2003 vergeigte die englisch-bayerische Co-Produktion den möglichen Titel durch individuelle Fehler von Team und Fahrern.

BMW wollte sein Schicksal danach selbst in die Hand nehmen und kaufte sich bei Sauber ein. Doch mehr als ein GP-Sieg 2008 in Montreal kam unter dem Strich nicht heraus. Ein Jahr später stellten die Manager in der Chefetage des Münchener Vierzylinders fest: Die Rechnung geht nicht auf. Da hatte man gerade noch groß auf die neue Technologie Kers gesetzt, dann war auch schon wieder Schluss. Die Finanzkrise und die Entwicklung effizienterer Motoren für die Straße waren eine willkommene Ausrede.

Porsche wagte nur zwei Jahre lang einen Abstecher in die Formel 1. 1961 mit einem aufgemotzten Formel 2-Auto, ein Jahr später mit dem Porsche 804. Trotz eines Sieges in Rouen wurde das Kapitel schnell wieder beendet. Porsche setzte auf Sportwagenrennen. Das passte besser zur Marke. Von 1983 bis 1987 lieferte Porsche im Fremdauftrag einen Motor an McLaren. Der TAG V6-Turbo wurde drei Jahre lang zum Matchwinner. Der Versuch Anfang der 90er Jahre mit einem V12 in die Saugmotor-Ära einzusteigen, scheiterte kläglich.

Viel Aufwand, wenig Erfolg

Jaguar machte es umgekehrt wie Porsche. In den 50er und 60er Jahren lieferte sich Jaguar in Le Mans, in Sebring oder auf der Targa Florio große Kämpfe gegen Mercedes, Ferrari, Maserati oder Aston Martin und in den späten 80er und frühen 90er Jahren zogen Tom Walkinshaws Raubkatzen gegen Porsche und Mercedes bei Langstreckenrennen ins Feld. Dann ging die britische Nobelmarke in der Formel 1 fremd. 2000 übernahm Jaguar den Stewart-Rennstall. Der hatte 1999 eine durchaus respektable Saison mit 36 Punkten und einem Sieg. Jaguar machte alles schlechter. In fünf Jahren schaffte der Werksrennstall nur 49 Punkte. Wenig Ertrag für viel Geld. Der beste Deal gelang Jaguar am Ende. Die Engländer verkauften ihr Team an Red Bull.

Nichts zu erben gab es auch für Toyota. Die Japaner pumpten acht Jahre lang rund zwei Milliarden Dollar in das Unternehmen und bekamen nicht einen Sieg zurück. Nur 280,5 WM-Punkte bei 139 Einsätzen. Die Finanzkrise war ein willkommener Anlass, die Expedition Ende 2009 abzubrechen. Fabrik und Leute blieben. Die Formel 1-Erben gewannen 2018 im 20. Anlauf endlich Le Mans.

Peugeot, Ford, Lamborghini und Yamaha tauchten nie in einer Nennliste der Formel 1 auf, waren aber trotzdem dabei. Peugeot versorgte zwischen 1994 und 2000 McLaren, Jordan und Prost mit Motoren. Ford finanzierte ab 1967 die Entwicklung des legendären Cosworth V8 und stieg ab 1986 offiziell als Motorenbauer ein. Größter Erfolg: Der WM-Titel 1994 mit Benetton und Michael Schumacher. Lamborghini baute zwischen 1989 und 1993 einen V12 für Larrousse, Lotus, Modena und Minardi. Yamaha probierte die komplette Palette durch: V8, V10, V12. Kunden des Motorradproduzenten waren Zakspeed, Tyrrell, Jordan, Brabham und Arrows.

auto motor und sport feiert das 1.000. Formel-1-Rennen in dieser Saison mit einer großen Serie in 100 Teilen. Wir liefern Ihnen im täglichen Countdown spannende Geschichte und interessante Video-Features aus der Historie der Königsklasse. Alle bisherigen Artikel finden Sie auf unserer >> Übersichtsseite zum großen Jubiläums-Grand-Prix.