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Strategie-Poker und Anfängerfehler
Hamilton rastet am Funk aus

GP Niederlande 2022

Lewis Hamilton nahm am Funk den Taktik-Split seines Teams unter Beschuss. Doch Risiko war für Mercedes die einzige Chance zum Sieg. Der Fehler unterlief Hamilton beim Re-Start. Er zog ihn zu früh an und war im falschen Motor-Modus.

George Russell - Lewis Hamilton - Mercedes - Formel 1 - GP Niederlande - 4. September 2022
Foto: xpb

So nah war Mercedes noch nie an seinem ersten Saisonsieg dran. Zwei Mal hatte man die Chance, und zwei Mal kam eine Neutralisation dazwischen. Das virtuelle Safety Car, das unter mysteriösen Umständen ausgelöst wurde, spielte Max Verstappen einen Steilpass zu. Der Holländer führte zwar, war aber bereits im Würgegriff von Lewis Hamilton und George Russell, die mit einem Einstopp-Rennen Red Bull in Verlegenheit bringen wollten.

Das echte Safety Car, das Valtteri Bottas erzwang, als er seinen Alfa Sauber auf der Zielgerade parkte, kam für Verstappen eher ungelegen. Er hatte auf Lewis Hamilton bereits elf und auf George Russell 14 Sekunden Vorsprung, die sich plötzlich in Luft auslösten. Da ab Freigabe des Rennens noch 12 Runden zu fahren waren, musste Verstappen auf Soft-Reifen wechseln, um sich gegen das zu schützen, was Mercedes dann tatsächlich plante.

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Der Herausforderer ließ Hamilton mit acht Runden alten Medium-Reifen auf der Strecke. Das brachte ihm die Führung ein. Mit Russell folgte Mercedes dem Schachzug von Verstappen, und Ferrari machte es mit dem viertplatzierten Charles Leclerc genauso. Es war klar, dass sich Hamilton schwer tun würde die Führung zu verteidigen. Aber da war ja auch noch Russell, der Verstappen mit Attacken seinerseits beschäftigen sollte.

Valtteri Bottas - Alfa Sauber - Formel 1 - GP Niederlande - 4. September 2022
xpb
Der Alfa-Sauber von Valtteri Bottas sorgte für eine Safety Car-Phase.

Falscher Motor-Modus beim Re-Start

Hamilton verlor den ersten Platz gleich beim Re-Start an Verstappen. Russell und Leclerc folgten später. Der Ex-Champion war mit seinem Reifennachteil wehrlos. Kaum hatte Hamilton realisiert, dass er wieder nicht gewinnen würde, ließ er seinem Frust am Funk freien Lauf. Er sprach "vom größten Fehler seit Jahren". Teamchef Toto Wolff schrieb Hamiltons Kritik an der Taktik den Emotionen seiner Diva zu.

Hamilton entschuldigte sich später beim Team für seinen Wutausbruch und lobte ausdrücklich die besten Boxenstopps des Jahres. "Ich hatte echt Hoffnung, dass wir als Team einen Doppelsieg einfahren würden. Aber so wie es sich nach dem letzten Safety Car und dem Platzverlust abgespielt hat, war ich mit meinen Gefühlen kurz vor dem Zusammenbruch. Ich weiß nicht einmal mehr, was ich über Funk gesagt habe und bin wohl für einen Moment ausgerastet."

Tatsächlich musste sich Hamilton selbst einen Anfängerfehler zuschreiben, der offiziell gar nicht zur Sprache kam. Er zog den Re-Start viel zu früh an und bot damit Verstappen die perfekte Chance ihn aus dem Windschatten heraus zu holen. Schlimmer noch: Hamilton drehte den Schalter für den Motor-Modus in die falsche Richtung und klaute sich damit selbst die entscheidende Power für die Gegenwehr. Das ist ihm nicht zum ersten Mal passiert. Die Ingenieure rätseln jetzt wie sie den Moduswechsel so gestalten, dass Fehler praktisch ausgeschlossen sind.

Lewis Hamilton - Mercedes - Max Verstappen - Red Bull - Formel 1 - GP Niederlande - 4. September 2022
Wilhelm
Beim Restart musste sich Hamilton geschlagen geben.

Russell war von dem frühen Antritt des Teamkollegen sichtlich überrascht. Gerade in dem Moment nahm er etwas Abstand von dem vor ihm liegenden Red Bull. Hätten die Mercedes-Piloten Verstappen bei Grünlicht in die Zange genommen, wäre es für den holländischen Superstar schwieriger gewesen, sofort die Führung zurückzugewinnen. Hamilton hätte Russell den Weg freiblocken können.

Sieg nur mit Risiko

Hamilton hätte sich auch an die morgendliche Strategiesitzung erinnern können, in der man intern beide Piloten ausdrücklich auf volles Risiko eingeschworen hatte. "Uns war klar, dass wir anders die Red Bull nicht schlagen konnten", erzählten die Strategen ein. Das erste Risiko war die Einstopp-Strategie, die Mercedes als einziges Team ins Auge fasste. Die zweite die Wahl des harten Reifen, von dem Red Bull am Freitag behauptete, dass er viel zu hart und damit ungeeignet für das Rennen sei. Tatsächlich war es der beste Reifen am Sonntag. Die dritte Risikokarte spielte der WM-Dritte in der SafetyCar-Phase.

Toto Wolff verteidigte seine Strategen: "Wir haben beide Karten gespielt. Lewis sollte die Führung behalten, George die gleichen Reifen wie Verstappen bekommen. Lassen wir beide draußen, werden beide von Max mit den weicheren und frischeren Reifen überholt. Holen wir beide rein, liegen beide hinter Max, den wir auf der Strecke mit unserem Topspeed-Nachteil wahrscheinlich nicht überholt hätten. Wir wollten gewinnen, nicht wieder nur Zweiter und Dritter werden. Wenn es dann schiefgeht, kann ich mit Platz 2 und 4 leben. Weil wir es wenigstens versucht haben."

Tatsächlich war der Schachzug eine Entscheidung vom Kommandostand. Viele wollten gehört haben, dass Russell selbst frische Reifen angefordert hatte. Dabei teilte der augenblicklich WM-Vierte seinem Team nur mit, dass seine Reifen schon ziemlich am Ende waren. Wohl in der Hoffnung, frische zu bekommen. Diesmal war es für Hamilton kontraproduktiv, der Führende der beiden Mercedes gewesen zu sein. Er bekam die Taktik, die ihm die Führung zurückgeben sollte.

Gab Tsunoda Schützenhilfe?

Die Frage, ob Mercedes ohne die Safety Car-Phasen mit seiner Einstopp-Strategie durchgekommen wäre, wurde nicht beantwortet. Das VSC in Runde 48 durchkreuzte den Plan. "Wir wären nach unserer Rechnung nach Verstappens zweitem Stopp mit acht Sekunden in Führung gelegen. Das hätten wir verteidigen müssen. Max hätte sechs Runden vor Schluss auf uns aufgeschlossen", rechnete Wolff vor. Sein Kollege Christian Horner hatte ein anderes Chart. Red Bull berechnete den Zusammenschluss schon für 15 Runden vor der Zielflagge.

Yuki Tsunoda - Alpha Tauri - Formel 1 - GP Niederlande - 4. September 2022
xpb
Die virtuelle Safety Car-Phase ging auf das Konto von Yuki Tsunoda.

Mehr als seltsam war es wie die VSC-Phase ausgelöst wurde von der Verstappen profitierte, weil sie ihm acht Sekunden Boxenstopp-Zeit schenkte. Genug um vor den Mercedes zu bleiben, die in der Not dann aber auch frische Reifen aufzogen. Es war ausgerechnet Yuki Tsunoda, der im Schwesterauto von Alpha Tauri die Rennleitung zum Handeln zwang. Er parkte sein Auto an einer ungünstigen Stelle. Das wäre auch anders gegangen.

Der Japaner hatte sich nach einem Problem im Heck des Autos schon losgeschnallt, wurde aber nach dem Boxenstopp ins Rennen zurückbeordert und auf die Strecke geschickt, obwohl das Problem weder gefunden noch gelöst war. Die Konkurrenz schäumte: "Wenn es um den WM-Titel ginge, hätten wir eine Untersuchung verlangt", ärgerte sich Wolff. Die fand statt. Ohne den Verdacht der Schützenhilfe erhärten zu können.

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