Haas punktet in Austin: Magnussen-Taktik Zufall

Haas punktet bei US-Heimspiel
Magnussen-Taktik ein Zufallsprodukt

Veröffentlicht am 27.10.2022

Besser hätte das Timing nicht sein können. Ausgerechnet beim Heimspiel in Austin und vor den Augen des neuen Hauptsponsors MoneyGram holte Haas wieder einmal Punkte. Nach sieben Nullrunden in Folge. Je nachdem wie der Einspruch von Alpine gegen den Protest von Haas ausgeht, hat der US-Rennstall ein oder zwei Zähler auf Alpha Tauri gut gemacht. Red Bulls Schwesterteam ist direkter Gegner im Kampf um Platz 8 in der Konstrukteurs-WM.

Da geht es auch ums Geld. Der Achte bekommt bei gleicher Ausschüttung wie im letzten Jahr 71 Millionen Dollar aus der Formel 1-Kasse, der Neunte 66 Millionen. Für kleine Teams machen fünf Millionen Dollar viel aus. Man kann das Geld in zusätzliche Ingenieure oder Upgrades investieren. Haas hat seit dem GP Ungarn keine Neuentwicklungen mehr an seinen VF-22 gebracht. Das direkte Umfeld mit Alpha Tauri, Alfa-Sauber und Aston Martin dagegen hat in der Zwischenzeit noch einmal an der Upgrade-Schraube gedreht. Auch deshalb geriet der amerikanische Rennstall zuletzt etwas ins Hintertreffen.

Mick Schumacher - Haas - GP USA - Austin - 23. Oktober 2022
xpb

Haas-Fehler am Quali-Samstag

Teamchef Guenther Steiner glaubt, dass die Basis des VF-22 immer noch gut genug für WM-Punkte ist, wenn die Rennstrecke passt und Team und Fahrer ein Wochenende ohne Probleme abspulen können. Das ist zuletzt zu selten passiert. Und dann waren da noch Strecken wie Monza und Spa ein Problem, deren lange Geraden Gift für ein Auto mit hohem Luftwiderstand sind.

In Austin war nahezu maximaler Abtrieb gefragt. Das ist gut für das Auto. Doch am Samstag lief es nicht nach Plan. Mick Schumacher und Kevin Magnussen hatten den Speed für das Q2, stellten sich aber selbst ein Bein. Schumacher drehte sich in der ersten Kurve beim Versuch seine Zeit zu verbessern. Magnussen suchte eine neue Linie, um der Bodenwelle in der ersten Kurve zu vermeiden. Die war aber um zwei Zehntel langsamer. "Warum übt er das nicht schon mal im freien Training, wo ein Fehler nicht so bestraft wird?", verzweifelte Steiner.

Alle Hoffnung auf Schumacher

Einen Tag später zauberte Magnussen dem Team mit seinem 9. Platz ein Lächeln der Erleichterung in die Gesichter. Es geht doch noch. Eigentlich hatte die Haas-Mannschaft zunächst alle Hoffnungen in Schumacher gesetzt. Wie schon bei den letzten Grand Prix kam der Deutsche besser ins Rennen als sein Teamkollege. Nachdem beide Haas-Piloten von dem geschenkten Boxenstopp in der Safety-Car-Phase profitiert hatten, lagen sie aussichtsreich auf den Plätzen 10 und 11.

Schumacher war in dieser Phase im Schnitt vier Zehntel schneller als Magnussen und nahm Kurs auf Pierre Gasly, der nur noch zwei Sekunden Luft auf den Deutschen hatte. Magnussen lag weitere 3,5 Sekunden zurück. Als Gasly eine Fünfsekunden-Strafe wegen zu viel Abstand zum Vordermann hinter dem Safety Car absitzen musste, war das die Chance, einen der beiden Alpha Tauri vor Schumacher zu überholen. Dafür musste er aber sofort eine Runde später an die Box. Für Magnussen hätte es nicht gereicht.

Mick Schumacher - Haas - GP USA 2022 - Austin
Wilhelm

Wrackteil bremst Schumacher

Der Plan ging auf. Schumacher bog nach seinem zweiten Reifenwechsel vor Gasly wieder auf die Strecke ein. Hätte er sein Tempo weiterfahren können, wäre er ein Punktekandidat geblieben. Es sollte nicht sein. "Wir haben ein großes Wrackteil aufgesammelt, das unser Auto stark beschädigt hat. Es war danach nicht mehr möglich, das Maximum aus ihm herauszuholen. Das Auto fühlte sich nicht mehr so an wie im ersten Stint. Für mich fühlt es sich so an, als würde uns das Pech verfolgen", klagte Schumacher.

Steiner bestätigte: "Mick war schnell unterwegs, ist toll gefahren. Das Wrackteil muss er sich bei dem Crash zwischen Alonso und Stroll eingefahren haben. Wir konnten einen deutlichen Abtriebsverlust im Heck feststellen."

Plötzlich war Kevin Magnussen das heiße Eisen im Feuer. Der Däne rückte immer weiter vor, je mehr Kontrahenten zum zweiten Stopp in die Boxengasse abbogen. Als er plötzlich Sechster war und mitteilte, dass sich die Reifen noch gut anfühlen, entschied man sich im Team, auf Risiko zu setzen und mit dem einen Stopp durchzukommen. "Wenn die Reifen doch eingebrochen wären, hätten wir ihm kurz vor Schluss mit Soft-Reifen rausgeschickt", verrät Steiner.

Kevin Magnussen - Haas - GP USA 2022 - Austin
Wilhelm

Magnussens Strategie nicht geplant

Erst in den letzten zehn Runden begann der Grip der Medium-Gummis nachzulassen. Gegen Lando Norris, Fernando Alonso und Sebastian Vettel auf schnelleren Autos und frischeren Reifen hatte Magnussen keine Chance. Viel wichtiger war es, vor Yuki Tsunoda zu bleiben. Den Alpha Tauri hielt er mit fünf Runden auf Distanz. Nach dem Rennen wurde im deutschen Lager die Frage gestellt, warum Magnussen als schlechter platzierter Fahrer die bessere Taktik bekam.

Doch das Einstopp-Rennen des Dänen war keine Strategie. Es war so nie geplant. Wer sich darauf eingelassen hätte, hätte den ersten Stint viel mehr verlängern müssen. Das ging aber nicht, weil das Geschenk eines Safety-Car-Stopps verlockender war. Die Gelegenheit dazu kam schon in Runde 18 und war für einen Stopp viel zu früh, zumal die Haas-Piloten auch noch Medium-Reifen bekamen. Denen traute keiner eine Lebensdauer von 38 Runden zu. "Kevins Rennen hat sich durch die Umstände ergeben. Wir haben erst an einen Stopp geglaubt, als er trotz der alten Reifen immer noch gute Rundenzeiten gefahren ist", erklärte Steiner.

Haas in Protestlaune

Trotz des Punktesegens stürmte Steiner nach dem Rennen verärgert zur Rennleitung. Mit der liegt der Südtiroler seit längerer Zeit im Clinch. Magnussen war in dieser Saison bereits drei Mal an die Boxen zitiert worden, weil ein Teil des Frontflügels beschädigt war und hin- und her baumelte. Das gleiche passierte Sergio Perez in Austin. Er schleifte die rechte Endplatte fünf Runden lang neben sich her. Keine Reaktion von der Rennleitung. Das gleiche bei Alonsos rechten Spiegel. Der baumelte 20 Runden lang am Alpine herum, bevor er abfiel. Auch das blieb unbemerkt. "Die messen mit zweierlei Maß", schimpfte Steiner.

Offenbar war das auch den Sportkommissaren bewusst. Deshalb ließen sie beide Proteste zu, obwohl sie mit Verspätung eingereicht wurden. Perez blieb auch nach eingehender Analyse unbehelligt, doch Alonso erwischte es. Das sind zunächst einmal zwei Punkte mehr auf das Konto von Haas. An diesem Donnerstag (27.10.) geht es in die nächste Runde. Alpine legte Einspruch ein. Der Protest sei nicht zulässig, weil er außerhalb der Frist eingebracht wurde.