MISSING :: structure.inactiveTabOverlay
{"irCurrentContainer":"26900978","configName":"structure.inactiveTabOverlay"}
MISSING :: ads.vgWort
{"irCurrentContainer":"26900978","configName":"ads.vgWort"}

Reifenproblem bei Haas
Sind auch die Bremsen schuld?

Bis jetzt hat Haas seine Reifenprobleme allein auf das kleine Aerodynamikfenster reduziert. Eine genaue Analyse der Probleme ergab jedoch, dass auch die Bremsen schuld sein könnten. Wir erklären, was die Ingenieure herausgefunden haben.

Kevin Magnussen - Haas - GP England 2023
Foto: Haas

Regen oder Temperaturen unter 20 Grad sind ideal für Haas. Doch das Wetter kann man sich nicht aussuchen. Wenn es aber mal kühl und regnerisch ist, wie beim Sprint in Spielberg, dann reicht es auch zu WM-Punkten. Weil der Haas VF-23 im Prinzip ein schnelles Auto ist. Er strapaziert nur seine Reifen zu stark.

Bei der Suche nach den Gründen konzentrierten sich die Ingenieure zunächst auf die üblichen Verdächtigen. Die Aerodynamik und das Fahrwerk. Es ist kein Geheimnis, dass der Haas nur in einem kleinen Fenster seinen Abtrieb generiert.

Unsere Highlights

Um ihn dort drin zu halten, muss das Fahrwerk je nach Strecke auf hart oder superhart getrimmt werden. Das hängt davon ab welche Bodenfreiheit die Rennstrecke verlangt und wie weit die weg ist von dem Fenster, in dem das Auto am besten funktioniert.

Vertrauen ist nicht messbar

Der erste Auftrag ging deshalb an die Aerodynamiker, ein gutmütigeres Auto zu bauen. Die hören das natürlich nicht so gerne, denn es ist gewissermaßen eine verstohlene Kritik an den Prioritäten, die im Designbüro gesetzt werden. Gegen tolle Windkanaldaten argumentiert sich erst einmal schwer. Doch was helfen schöne Zahlen, wenn der Fahrer nicht zu jeder Zeit Vertrauen in sein Auto hat? "Und Vertrauen lässt sich im Windkanal nicht messen", bedauert Ferrari-Ingenieur Jock Clear.

Ab der zweiten Runde mit frischen Reifen verlassen moderne Formel-1-Autos die virtuelle Welt und kommen in der Realität an. Weil die Parameter immer schlechter werden, die neue Reifen noch überdecken. Im Rennen kommen Verkehr, Schräganströmung, Wind, Temperaturschwankungen, abnehmendes Gewicht und nachlassender Reifengrip dazu. Genau da hatte der Haas seine größten Probleme.

Das Reifendrama fiel tatsächlich nicht immer gleich stark aus. Bei der Analyse kam heraus, dass es auf Rennstrecken, auf denen hart und viel gebremst wird und wo es für die Bremsen keine Abkühlphase gibt, am schlimmsten auftrat. Und dort, wo das Layout flüssig war, und wenig Bremsenergie erzeugt wurde, am wenigsten dramatisch ausfiel.

Nico Hülkenberg - Haas - GP England 2023
Haas
Auf der flüssigen Strecke von Silverstone trat das Verschleiß-Problem nicht so extrem auf.

Zu viel Bremsen ist schlecht für Haas

Tatsächlich holte Haas seine WM-Punkte ausschließlich auf Strecken mit wenig Bremslast, wenn man den halben Regen-Sprint in Spielberg mal ausnimmt. Da passten einfach die Bedingungen. Kevin Magnussen wurde Zehnter in Jeddah und Miami. Beides flüssige Kurse. Nico Hülkenberg holte sechs Punkte in Melbourne. Nach dem Umbau 2022 ein flüssiger Kurs.

Deshalb setzte das Team Hoffnungen auf Silverstone. Und auch da hatte Haas die Reifenabnutzung im Griff, was bei dem bescheidenen Resultat nur keinem auffiel. "Die Reifenabnutzung war besser als erwartet", lobte Magnussen. Der Däne war noch auf seinem ersten Reifensatz unterwegs, als er mit Motorschaden strandete.

Nico Hülkenberg konnte den langen Atem seiner Reifen nicht unter Beweis stellen, weil ihm Sergio Perez in der vierten Runde den Frontflügel abfuhr. Damit war das Rennen gelaufen. Ein Beweis für moderaten Verschleiß war aber, dass Hülkenberg seine persönlich schnellste Runde im letzten Umlauf fuhr. Die Soft-Gummis hatten da bereits 20 Runden auf der Lauffläche.

Zielkonflikt bei den Bremsen

Doch was haben die Reifentemperaturen, die beim Haas fast immer zu hoch sind, damit zu tun, wie viele Bremspunkte eine Rennstrecke aufweist? Die Bremsen strahlen über die Felgen Hitze ab. Die Kunst ist es, diese Hitze zu nutzen. Beim Aufwärmen der Reifen ist sie willkommen, im Dauerlauf oft hinderlich.

Ein Red Bull hat diesen Zielkonflikt im Griff. Aber schon bei Mercedes muss man sich die Frage stellen, ob das Werksteam das Thema trotz aller Analyse-Werkzeuge, Datenermittlung und Simulationen immer unter Kontrolle hat. Bei Ferrari sind da noch größere Zweifel angebracht. Die Lösung dieses Problems ist also nicht banal, schon gar nicht für so ein kleines Team wie Haas.

Guenther Steiner - Haas - GP England 2023
Haas
Teamchef Guenther Steiner hofft, dass die Haas-Ingenieure das Reifen-Problem mit Upgrades in den Griff bekommen.

Es ist nicht einfach damit getan, größere Kühlschächte an die Radträger zu schrauben. Zu viel Kühlung bringt auch nichts. Da bei Haas oft die Vorderradbremsen zu heiß liefen, teilweise sogar auf dem Niveau der Hinterradbremsen lagen, hat man in einem Schnellschuss für Silverstone vorne das Kühlsystem geändert. Es ist aber nur ein erster Schritt.

Die Bremsbelüftungen an den Hinterrädern brauchen Zeit. Weil sie aerodynamisch noch kritischer sind als ihre Pendants vorne. Das wird nach Aussage des Teams bis nach der Sommerpause dauern.

Unter Umständen ist es damit nicht getan. Die Leistung der Hinterradbremsen ist abhängig von der Einstellung des Brake-by-wire. Je nachdem übernimmt die Motorbremse bei der Rekuperation der Energie mal mehr, mal weniger Verzögerungsarbeit. Das ent- oder belastet die richtigen Bremsen. Da Ferrari ähnliche Kopfzerbrechen mit dem Reifenverschleiß hat, liegt das Grundproblem vielleicht sogar in Maranello.

Beim Bremsen kommt noch eine zweite Prüfung für die Reifen hinzu. Das Auto taucht vorne ein, womit sich hinten kurz die Bodenfreiheit erhöht. Das bedeutet bei einer spitzen Aerodynamik Abtriebsverlust. Dann rutscht das Heck, die Bremsen sind sowieso heiß, und so kommt eines zum anderen. Da muss man sich nicht wundern, wenn die Reifentemperaturen durch die Decke gehen.

Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 21 / 2024

Erscheinungsdatum 26.09.2024

148 Seiten