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Kleines Team ärgert die Großen
So gelang das Haas-Wunder

GP Großbritannien 2024

Das kleinste Team im Feld lässt die Großen alt aussehen. In Silverstone räumte Nico Hülkenberg erneut acht Punkte ab. Im Gegensatz zur Konkurrenz funktionieren die Upgrades des US-Rennstalls. Was ist das Geheimnis?

Haas - Formel 1 - Technik - GP England 2024 - Silverstone
Foto: xpb

Haas ist das kleinste Team im Feld. 250 Angestellte arbeiten über drei Standorte verteilt für den US-Rennstall. Die großen Teams beschäftigen allein 400 Leute in ihren Technikbüros. Trotzdem ist Haas seit zwei Rennen die fünfte Kraft im Feld. Nico Hülkenberg wurde zwei Mal in Folge Sechster. Zusammen mit dem achten Platz von Kevin Magnussen in Österreich kamen innerhalb von acht Tagen 20 Punkte auf das Konto. Mehr als in der ganzen Saison 2023 zusammen.

Unsere Highlights

In Spielberg war der Höhenflug von Haas noch vom Streckenlayout begünstigt, in Silverstone jedoch das Resultat des zweiten großen Technik-Upgrades. Nach dem starken Saisonbeginn war Haas mit vier Nullrunden hintereinander ein bisschen in der Versenkung verschwunden. Tatsächlich gab es nie ein richtiges Formtief. Hülkenberg landete in dieser Saison schon sechs Mal auf Rang 11. Da fehlten meistens nur Sekunden zum Punktgewinn. Magnussen hätte es im Sprint am Red-Bull-Ring fast in die Punkteränge geschafft.

Während Ferrari, Aston Martin und Toro Rosso ihre jüngsten Entwicklungsstufen teilweise zurücknehmen mussten, funktionieren bei Haas die Ausbaustufen auf Anhieb. Allerdings auch nicht immer nach Plan. "Vom ersten Upgrade hatten wir uns zweieinhalb Zehntel erwartet. Es kamen aber nur eineinhalb Zehntel auf der Rennstrecke an", gibt Teamchef Ayao Komatsu zu.

Haas - Formel 1 - Technik - GP England 2024 - Silverstone
ams

Magnussen rüstete auf das alte Paket zurück, Hülkenberg raste mit den neuen Teilen in die Punkte.

Fahrer legen Entwicklungsrichtung fest

Das zweite Aerodynamik-Paket, das in Silverstone debütierte, nahm Anleihen bei Red Bull. Der Überbiss vor den Kühleinlässen öffnet mehr Platz darunter und erlaubt so den Haas-Ingenieuren, die Venturi-Kanäle im vorderen Bereich des Unterbodens anzuheben. Das schafft mehr Expansion und mehr Abtrieb.

Chef-Aerodynamiker Luca Metelli erklärt, dass die neue Seitenkasten-Geometrie besser mit dem Frontflügel harmoniert und es damit leichter ist, die Strömung zum Heck zu kontrollieren. Das schafft stabilen Abtrieb. Die Ingenieure trauen nicht mehr nur blind ihren Daten, sondern beziehen andere Faktoren mit in die Entwicklung ein. "Die Fahrer wollen ein Auto, das einfach zu fahren und verlässlich ist. Das schont im Endeffekt auch die Reifen."

Dieser Ansatz spricht für eine neue Arbeitsmethodik und neue Strukturen im Technikbüro. "Wir haben keinen Chef mehr, der alles bestimmt. Die Ideen aller unserer 30 Aerodynamiker fließen mit ein. Wir reden offen miteinander und lügen uns nicht etwas vor", beschreibt Metelli die neue Kultur.

Hülkenberg lobte schon nach dem ersten Trainingstag: "Du spürst einen deutlichen Unterschied zwischen den beiden Versionen. Die neue hat mehr Abtrieb, und wir haben trotzdem kein Bouncing bekommen." Bei diesen Worten spitzt die Konkurrenz die Ohren. Ferrari, Aston Martin und Toro Rosso mussten beim Unterboden zurückrüsten, weil sich ihre Autos unter bestimmten Bedingungen in schnellen Kurven aufgeschaukelt hatten.

Nico Hülkenberg - Haas - Formel 1 - Silverstone - GP England - 7. Juli 2024
xpb

Bei Hülkenberg passte in Silverstone alles. In der Qualifikation hätte es sogar noch weiter nach vorne gehen können.

Magnussen fährt altes Auto

Da Bouncing ein physikalisches Phänomen ist, das jeden treffen kann, liegt der Schluss nahe, dass Haas in der Entwicklung einfach noch mehr Luft nach oben hat. 2023 waren die US-Renner noch die schlechtesten im Feld. Irgendwann wird auch für die Haas-Techniker der Moment kommen, wo auch sie anstehen. "Es ist ein gutes Zeichen, dass die Fahrer einen Unterschied spüren. Das zeigt uns, dass die neuen Teile nicht nur im Windkanal, sondern auch auf der Strecke etwas bewirken", resümierte Komatsu zufrieden.

Kevin Magnussen stieg trotzdem auf die alte Spezifikation um. Ihm fehlte in den schnellen Kurven das Vertrauen. Hülkenberg ist der Meinung, dass sein Kollege zu schnell die Flinte ins Korn geworfen hat. "Das neue Paket ist definitiv besser. Kevin hatte einen schwierigen ersten Tag. Im ersten Training ist Bearman sein Auto gefahren, das zweite lief nicht so. Wahrscheinlich hat er geglaubt, die neuen Teile wären schuld."

Hülkenberg zeigte schon mit dem sechsten Startplatz die Qualitäten des Autos. "Ohne meinen Fehler in Kurve 13 wäre ich sogar Dritter oder Vierter geworden." Die Sektor-Analyse zeigt, wo der Haas VF-24 seine Stärken und seine größte Schwäche hat. Im ersten Streckenabschnitt fuhr Hülkenberg absolute Bestzeit. Der beinhaltet die langsamen Kurven 3 und 4, zwei Vollgasecken und eine lange Gerade.

Nico Hülkenberg & Kevin Mahnissen - Formel 1 - GP Österreich 2024
xpb

Haas hat zur Halbzeit 2024 schon mehr Punkte auf dem Konto als in der ganzen letzten Saison.

Schwäche in mittelschnellen Kurven

Schlussfolgerung: Das Auto hat guten Topspeed, ist mechanisch gesund, bringt die Reifen schnell auf Temperatur. Hülkenberg bestätigt: "Wir sind an der Hinterachse mit der Bodenfreiheit viel variabler als früher." Aerodynamiker Metelli räumt ein: "Unser Flaschenhals sind die mittelschnellen Kurven." Die gibt es im zweiten Sektor. Dort verlor Hülkenberg die meiste Zeit. Komatsu stellte jedoch zufrieden fest: "Das Upgrade hat uns in diesen Kurven einen Schritt weitergeholfen."

Nico Hülkenberg konnte den Fortschritt auch im Rennen umsetzen. Obwohl der Rheinländer das ganze Rennen über die zwei Aston Martin im Rückspiegel hatte, verteidigte er den Platz hinter den Top-Teams souverän. Es war ein hartes Stück Arbeit, das an die Substanz ging. "Es ist schon ein Ritt auf der Rasierklinge, hier bei unbeständigem Wetter mit Slicks zu fahren. Dann plötzlich Regentropfen auf dem Visier zu haben und mit über 300 in Copse einzulenken ist ziemlich unbequem, wenn du nicht weißt, wie viel Grip du erwarten kannst."

Auch strategisch machte Haas alles richtig, was den Teamchef besonders freute, weil in Imola, Monte-Carlo und Montreal einige Abläufe nicht wie gewünscht funktionierten. "Strategisch lief es gut", lobte Hülkenberg. "Der Wechsel auf Intermediates fand zum richtigen Zeitpunkt statt. Ein paar Kollegen waren eine Runde zu spät dran. Das macht einen riesigen Unterschied. Mit Slicks auf nasser Strecke zu fahren ist undankbar und brutal. Auch das Timing zurück auf die Slicks hat gestimmt. Da haben wir nichts weggeworfen."

Die guten Platzierungen der letzten Rennen machen Lust auf mehr. Hülkenberg relativiert jedoch: "Ferrari hat sich mit seiner Strategie für Leclerc schachmatt gestellt und Russell wäre natürlich vor uns ins Ziel gekommen. Aber Platz 8, 9 oder 10 ist definitiv realistisch und möglich. Ich hoffe, dass es regelmäßig unser neues Zuhause wird." Nur eine Sorge treibt den künftigen Audi-Fahrer um: "Ich mache hier schon die ganze Arbeit für Ocon." Wenn der Franzose sich die Resultate der letzten Rennen vor Augen führt, hat er einen Grund mehr bei Haas zu unterschreiben.

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