Der Druck auf Haas wächst. Mit acht Punkten lag der US-Rennstall lange auf dem siebten Platz in der Teamwertung. Jetzt ist Alfa-Sauber vorbeigezogen, und Williams hängt mit sieben Punkten direkt im Windschatten. Beide Teams haben von großen Upgrades profitiert. Und beide haben ihre Reifen im Griff.
Alpha Tauri bringt zu jedem Rennen neue Teile. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Arbeit Früchte trägt. "Wenn ich sehe, wie ruhig der Alpha Tauri im Rennen liegt, wundere ich mich, dass die nicht mehr Punkte haben", stellte Nico Hülkenberg beim Studium der Aufnahmen der Bordkamera fest. Bei den Haas-Piloten ist das Rennen meistens ein Kampf.

Keine konstante Aero-Balance
Haas bessert an seinem VF-23 in kleinen Schritten nach. "Wir wollen die Schritte verstehen. Es bringt nichts, neue Teile ans Auto zu schrauben, nur um sein Gewissen zu beruhigen", erklärt Teamchef Guenther Steiner. Gleichzeitig gibt er zu: "Wir haben ein schnelles Auto am Samstag, aber auch ein Problem am Sonntag."
Ein Problem, das schwer zu greifen ist. Weil es nicht immer gleich stark auftritt. Der Haas frisst seine Reifen, speziell hinten. Bei Schräganströmung ändert sich die Aerobalance. Dann verliert das Auto im Heck schlagartig Abtrieb. Im Verkehr tritt dieser Effekt verstärkt auf. "Selbst wenn ein anderes Auto zwei bis drei Sekunden vor dir fährt, spürst du die Auswirkungen der Turbulenzen. Das Auto ist dann nicht wiederzuerkennen", beschreibt Hülkenberg das Gefühl.
Nur in Jeddah, Melbourne und Miami trat das Problem in abgeschwächter Form auf. "Ganz weg war es aber auch nicht. In Melbourne haben mich die roten Flaggen gerettet. Sonst hätte mich Ocon noch überholt", blickt Hülkenberg zurück.
Problem nicht immer gleich groß
Um das Problem zu lösen, muss man wissen, wo es herkommt. Da liefern die Rennen, in denen es weniger stark in Erscheinung tritt, vielleicht eine Antwort. Steiner schüttelt den Kopf: "Im Moment fällt es uns schwer, ein Muster zu entdecken. Das geht vielen anderen Teams genauso. Diese Autos sind einfach schwer zu verstehen. Mit Ausnahme von Red Bull haben alle ihre Schwankungen."
Das Hauptproblem sitzt vermutlich im Auto selbst. Die Aerodynamik funktioniert in einem zu kleinen Fenster. Fällt es da raus, verschiebt sich die Balance, und das verstärkt die Reifenabnutzung. "Irgendetwas stimmt nicht mit der Aerodynamik-Charakteristik", vermutet einer im Team. Um das Auto im Fenster zu halten, sind die Haas bretthart gefedert. "Das hilft nicht, ist aber nicht die einzige Erklärung", fürchtet Hülkenberg.
Wäre die Rennstrecke ein Windkanal, wäre der Haas ein Top-Ten-Auto. Das zeigt sich in den guten Startplätzen der US-Ferrari. Hülkenberg warnt: "Frische Reifen überdecken 80 bis 90 Prozent der Probleme. Im Rennen hast du aber nur 60 bis 90 Sekunden lang frische Reifen. Dann müssen sie 40 Runden halten, und das ist eine ganz andere Aufgabe."

Hoffnung auf Ferrari
Kurzfristig kann Haas nur mit dem Setup nachkorrigieren. Lieber etwas Rundenzeit herschenken, dafür aber eine stabilere Plattform haben. "Wir werden es mit einer anderen Aero-Balance versuchen", kündigt Steiner an. Einen Hoffnungsschimmer gibt es. Der große Bruder Ferrari hatte in Montreal keine Reifenprobleme.
Lag es nur an der Strecke oder dem Umstand, dass Leclerc und Sainz frei fahren konnten? Oder hat Ferrari eine Lösung gefunden, die Reifen über die Distanz in Schuss zu halten? Steiner hofft, dass Ferrari dem Problem auf die Spur gekommen ist. "Das wäre ein Zeichen, dass wir es auch schaffen können."