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Günther Steiner spricht über Trennung
Wie kam es zum Haas-Beben?

Gene Haas hat sich von seinem Teamchef Günther Steiner getrennt. Wir haben beim Südtiroler nachgefragt, warum die Zusammenarbeit so plötzlich beendet wurde.

Guenther Steiner - Haas - F1 - GP Monaco 2022
Foto: Wilhelm

Das Ende war kurz und schmerzlos. Ende Dezember, ein Telefonanruf. Gene Haas informierte seinen Teamchef Günther Steiner, dass er den Vertrag mit ihm nicht verlängern will. Steiner gibt zu: "Es kam ein bisschen aus heiterem Himmel. Ich war schon überrascht, vor allem von dem Zeitpunkt."

Quasi am Vorabend der neuen Formel 1-Saison tauschte Haas die Galionsfigur seines F1-Teams aus. Der 58-jährige Südtiroler trägt es mit Fassung: "Wenn es nicht passt, dann passt es nicht. Dann muss man etwas anderes machen." Nüchtern akzeptiert er die Tatsachen: "Gene war nicht zufrieden mit der Leistung. Deshalb will er jetzt etwas anderes versuchen. Ich kann damit leben. Das Team gehört ihm. Er kann damit machen, was er will."

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Steiner war das Gesicht dieses Rennstalls. Er hat ihn mit seiner Idee 2016 in die Formel 1 gebracht und mit Gene Haas einen gefunden, der diesen Plan spannend fand und für machbar hielt. Tatsächlich war es zu der Zeit der einzige Weg, als Neuling sofort in der Formel zu bestehen.

Haas beschränkte sich auf das Wesentliche. Die Aerodynamik, das Chassis, die Kühler. Ferrari lieferte den Rest. Dallara baute die Carbonteile. Die Eigenproduktion beschränkte sich auf Metallkomponenten. Sie wurden in den USA gefertigt. So hielt man die Mannschaft klein. Mehr als 250 Mitarbeiter, verteilt über drei Standorte, waren es nie.

Nico Hülkenberg - Haas - Formel 1 - GP Las Vegas  - 18. November 2023
Motorsport Images

Lange konnte Haas ordentlich in der Formel 1 mitschwimmen. Doch die Schmalspur-Entwicklung reicht nicht mehr aus.

Haas-Modell funktioniert nicht mehr

Der schlanke Apparat reichte aus, um im Mittelfeld zu bestehen. Die erste Bewährungsprobe kam mit der Pandemie. Im Corona-Lockdown wollte Gene Haas seinen Laden schon zusperren. Kaufinteressenten gab es nicht. Und wenn, dann hätten sie nicht mehr als 50 Millionen Dollar bezahlt.

Geburtshelfer Steiner zog einen neuen Plan aus dem Hut, um den fast schon toten Patienten wiederzubeleben. Er schlug vor, ein Jahr auf Sparflamme zu kochen, um sich früher als alle anderen auf die Entwicklung der neuen Fahrzeuggeneration zu konzentrieren.

Der um ein Jahr vorgezogene Beginn der Budgetdeckelung war ein weiterer Grund für Haas durchzuhalten. Er hoffte auf mehr Chancengleichheit. Doch das war kein Automatismus. Die großen Teams mussten zwar abspecken, doch die kleinen konnten auch nicht so weiter wirtschaften wie bisher. Unter den neuen Rahmenbedingungen wurde der Sonderweg von Haas zum Auslaufmodell.

Steiner erkannte das. Sein Ex-Chef dagegen glaubt, dass die alte Masche immer noch funktioniert, wenn man die vorhandenen Mittel nur effizienter einsetzt. "Ich wollte in das Team investieren, er nicht. Wir hatten einfach unterschiedliche Ansichten, wie es weitergehen soll", beschreibt Steiner den Interessenkonflikt.

Haas F1 - Fabrik Banbury - 2016
HaasF14

Die Fabrik von Haas in Banbury platzt aus allen Nähten.

Konkurrenz investiert in Infrastruktur

Er selbst merkte im Verlauf der Saison 2022, dass mit dem Kostenlimit eine Zeitenwende eingetreten war. "So wie das Team aufgestellt war, konnte man nicht viel mehr verlangen. Das ist keine Kritik am Team, sondern die Realität. Die Budgetdeckelung hat die Formel 1 total verändert. Alte Strukturen funktionieren nicht mehr. McLaren, Williams, Alpha Tauri investieren seit zwei Jahren in die Infrastruktur, damit sie mehr Budget haben für das operative Geschäft. Wenn du da nicht nachziehst, kannst du nicht erwarten, dass du mithalten kannst", erklärt Steiner.

Die Obergrenzen für Kapitalinvestitionen und das operative Geschäft sind im Finanz-Reglement streng getrennt, hängen aber in der Praxis stark voneinander ab. Es klingt fast wie ein Widerspruch, wenn Steiner sagt: "Du musst bei der Infrastruktur aufrüsten, um Geld für die operativen Kosten zu sparen. Jede Software zum Beispiel reduziert die Ausgaben auf der personellen Seite. Jede neue Maschine hilft dir günstiger zu produzieren. Das Geld hast du dann für die Entwicklung des Autos übrig."

McLaren-Kollege Andrea Stella bestätigt: "Unser neuer Windkanal erlaubt es uns, neue Teile effektiver zu testen. Der Windkanal ist jetzt bei uns im Haus. Wir müssen die Testabteilung nicht mehr nach Köln zu Toyota auslagern. Das spart uns einige Millionen, die wir anderswo einsetzen können."

Die Abhängigkeit des US-Rennstalls von Lieferanten birgt Gefahren. Steiner rechnet damit, dass die FIA auf Druck anderer Teams mittelfristig mehr Eigenständigkeit fordern wird, um Allianzen zwischen Teams zu erschweren. Ein Team wie Haas darauf umzustellen, geht nicht über Nacht. Das ist ein Prozess von drei bis fünf Jahren.

Gene Haas & Guenther Steiner - Formel 1 - 2022
Motorsport Images

Gene Haas will den eingeschlagenen Weg nicht verlassen.

Haas operiert unter dem Budget-Limit

Um die größten Tretminen zu entschärfen, dachte Steiner über ein eigenes Gebäude in Maranello und eine neue Fabrik in Banbury nach. Die alte platzte aus allen Nähten. "Wenn du neue Leute anlocken willst, musst du ihnen ein angenehmes Umfeld bieten. Sonst kommt heute keiner mehr", erzählt Steiner.

Die Büros der Technikabteilung bei Ferrari sind nur gemietet, allerdings nicht auf ewig, weil Ferrari kein Bürovermieter ist. Dallara baut und betreut die Windkanalmodelle, die jedes Mal über 100 Kilometer zum Windkanal nach Maranello und wieder zurückgeschafft werden müssen. Die Rechnungen dafür gehen voll in das operative Budget. Eigenproduktion ist billiger, weil Investitionen in Gebäude oder den Maschinenpark auf anderen Kostenstellen verbucht werden.

Ausgaben für fremde Entwicklungsleistungen, wie zum Beispiel Aufhängungen oder Getriebe, werden dazu höher in das individuelle Kostenlimit angerechnet, als es bei eigenen Konstruktionen der Fall wäre. Wenn ein Team wie Haas dann noch deutlich unter dem Budgetdeckel wirtschaftet, hat man am Ende 20 Prozent weniger Geld zur Verfügung als die direkte Konkurrenz.

Das war auch mit ein Grund, warum der US-Rennstall oft passabel in eine Saison eingestiegen ist, im Entwicklungswettlauf dann aber nach Luft schnappte. So wie im letzten Jahr. "Es ist kein Geheimnis, dass wir mit unserem Konzept in einer Sackgasse gesteckt haben, und dass es zu lange gedauert hat, bis wir reagiert haben", blickt Steiner zurück. Erkenntnis: "Das passiert halt, wenn du nur die Hälfte der Leute wie andere hast. Dafür haben unsere Jungs keinen so schlechten Job gemacht."

Guenther Steiner - Ayao Komatsu - Haas - Formel 1 - 2015
xpb

Steiner holte Ayao Komatsu selbst von Lotus zu Haas. Der ehemalige Renningenieur von Romain Grosjean soll das Team nun in die Zukunft führen.

Kein Verkauf, keine Investoren

Steiners Pläne, Haas fit für die Zukunft zu machen, hätten zwischen 100 und 150 Millionen Dollar gekostet. Mit mehr Eigenleistung müsste der Rennstall auf rund 600 Mitarbeiter wachsen. Nicht von heute auf morgen. Die Geschwindigkeit hängt davon ab, wann die Produktionsanlagen fertig gewesen wären und wie sich das Reglement ändert.

Gegen Kaufangebote war Haas bis jetzt immun. Dabei gab es sie, egal ob als Teilhaber oder komplett. Ein Investor hätte die notwendigen Investitionen bezahlt, und Haas hätte immer noch die Kontrolle über sein Team gehabt. Oder eine Milliarde für das ganze Team auf den Tisch gelegt. Deshalb ist es fraglich, ob Andretti überhaupt interessiert ist. Bei dieser Summe wäre es für ihn billiger, die 200 Millionen Dollar Eintrittsgeld zu bezahlen und für 300 Millionen ein eigenes Team von der grünen Wiese aufzubauen.

Gene Haas will jetzt beweisen, dass es trotzdem geht. Der 71-jährige Amerikaner wird sich wieder mehr in das Tagesgeschäft einbringen. Ayao Komatsu ist seine Exekutive an der Rennstrecke. Interessanterweise hat Haas als Ersatz für Steiner nicht auf Personal mit Erfahrung in dieser Position zurückgegriffen. Mit Otmar Szafnauer hätte es einen auf dem Markt gegeben, der den Job schon einmal gemacht hat. Aber der hätte vermutlich das gleiche gefordert wie Steiner.

Komatsu schließt sich eher der Meinung seines Brötchengebers an. "Auch im Rahmen unserer begrenzten Mittel können wir eine bessere Arbeit abliefern. Ich gehe mit einem anderen Ansatz an die Dinge heran und sehe schon mehrere Bereiche, in denen wir uns steigern können. Wenn ich daran nicht glauben würde, hätte ich diesen Job nicht angetreten."

Günther Steiner hat noch keine Pläne für die Zukunft. Mit seiner eigenen Firma Fibreworks Composites ist er abgesichert. Sie beliefert unter anderem die Nascar-Serie mit Karbonteilen. Der Netflix-Star hat mit der Formel 1 noch nicht abgeschlossen: "Ich gehe es mit Ruhe an und schaue was kommt. Es gibt natürlich ein paar Angebote, auch vom Fernsehen. Aber ich werde nichts überstürzen."

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