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Alfa-Rookie Guanyu Zhou im Interview
„Viele Opfer für den F1-Traum“

Guanyu Zhou ist der erste Formel-1-Stammfahrer aus China. Im Interview mit auto motor und sport spricht der Rookie über den steinigen Weg in die Königsklasse und seine Ziele für die Debütsaison.

Guanyu Zhou - Alfa Romeo - 2022
Foto: Alfa Romeo

Wie wird ein Junge aus Shanghai zum Formel-1-Piloten?

Guanyu Zhou: Ich habe schon früh die Formel 1 im Fernsehen verfolgt. Das hat praktisch mit dem ersten chinesischen Grand Prix 2004 angefangen. Da war ich fünf Jahre alt. Das hat mir sehr gut gefallen. Ich habe vor allem den Sound gemocht. Es hat dann aber mit den ersten Gokart-Fahrten noch gedauert, bis ich acht Jahre alt war.

Das ist ziemlich spät für einen Formel-1-Fahrer.

Unsere Highlights

Guanyu Zhou: Ja, aber für einen Chinesen ist es relativ früh. Bei uns gibt es noch nicht diese Motorsport-Tradition wie in Europa. Aber ich habe es von Anfang an geliebt und bin so oft gefahren, wie es ging. Dann bin ich irgendwann in ein pro-fessionelles Team aufgenommen worden.

Wie ist das vom Niveau zu vergleichen? Können sich da Spitzentalente entwickeln?

Guanyu Zhou: Es ist natürlich nicht so gut wie in Europa. Aber man muss ja immer erst einmal in seinem Heimatland beginnen. Ich bin dort auch nur drei Jahre lang Rennen gefahren. Dabei habe ich alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Ich wusste aber, dass ich das Land verlassen muss, wenn ich in die Formel 1 kommen will.

Guanyu Zhou - Alfa Romeo - 2022
Alfa Romeo
Von China bis zu den ersten Formel-1-Kilometern mit Alfa Romeo war es für Guanyu Zhou ein weiter Weg.

Sie sind dann 2012 nach England gegangen. Wie war das in so einem jungen Alter?

Guanyu Zhou: Das war wirklich hart. Die Länder sind so unterschiedlich. Man betreibt ja nicht nur Rennsport, sondern man lebt dort und geht zur Schule. Die Arbeitsweise der Menschen ist ganz anders. Dazu kam die neue Sprache. Ich habe für meinen Traum von der Formel 1 viel geopfert. Auch auf der Rennstrecke war es zu Beginn nicht einfach. Als chinesischer Junge fällt man natürlich auf. Die Gegner verhalten sich im Zweikampf besonders aggressiv. Am Anfang bin ich meistens noch im Mittelfeld gefahren. Doch am Ende habe ich wieder Meisterschaften gewonnen, bevor ich in die Junior-Rennwagen-Klassen gewechselt bin.

2016 haben Sie ein Formel-3-Jahr beim deutschen Rennstall Motopark absolviert. Was haben Sie aus dieser Zeit noch in Erinnerung?

Guanyu Zhou: Schnitzel! Und Apfelschorle. (grinst). Das Essen war für mich immer besonders wichtig, egal in welchem Land ich war. Ich mag vor allem Fleisch. Deshalb hatte ich kein Problem mit deutschem Essen. Ich habe damals aber noch in Italien gewohnt, weil ich Teil der Ferrari Driver Academy war. Deshalb habe ich von Deutschland hauptsächlich Oschersleben gesehen, wo Motopark seine Basis und seinen Simulator hat.

Im letzten Jahr wurden Sie Dritter in der Formel 2. Haben da andere Fahrer den Platz in der Formel 1 nicht mehr verdient?

Guanyu Zhou: Oscar (Piastri) hätte den Aufstieg sicher auch verdient. Aber für ihn kam das Alfa-Cockpit nicht infrage, weil er noch Teil des Alpine-Programms ist. Da kann man nicht einfach wechseln, wie man will. Ich hatte Glück, dass mein Vertrag gerade ausgelaufen war. Die Türen standen also für alle Teams offen. Ich glaube fest, dass ich mir diese Chance in der Formel 1 verdient habe. Ich habe genügend Superlizenz-Punkte gesammelt und letztes Jahr lange um den Titel gekämpft. Das sollte reichen. Was andere dazu sagen, ist nicht mein Problem.

Guanyu Zhou - Alfa Romeo - 2022
Alfa Romeo
Guanyu Zhou will beweisen, dass er seinen Platz in der Königsklasse nicht nur seinen Sponsoren zu verdanken hat.

Haben Sie das Gefühl, Sie müssen etwas beweisen?

Guanyu Zhou: Ich sehe es als Motivation. Den Druck habe ich vor allem in den letzten Jahren gespürt, weil ich mir unbedingt den Traum von der Formel 1 erfüllen wollte. Das ist mir jetzt gelungen. Das war der erste Schritt. Normalerweise lautet mein Ziel immer, Rennen zu gewinnen. Aber das ist in der Formel 1 bekanntlich nicht so einfach. Jetzt geht es darum, in jedem Rennen das Optimum rauszuholen und mit dem Team einen Schritt nach vorne zu machen. Es ist sehr wichtig, dass wir besser abschneiden als im Vorjahr. Natürlich steht jeder Formel-1-Fahrer irgendwo unter Druck. Bei mir überwiegt aktuell aber die Vorfreude auf die neue Saison. Die Formel 1 startet in eine neue Ära. Wer weiß, was da alles passieren kann.

Wie gut haben Sie sich schon bei Alfa eingelebt?

Guanyu Zhou: Ich fühle mich schon richtig zu Hause. Es ist wie eine große Familie. Die Atmosphäre ist super. Natürlich braucht alles noch etwas Zeit. Ich kenne noch nicht die Namen von allen Mitarbeitern aus den verschiedenen Abteilungen. Ich war zwar schon oft in der Fabrik, aber es gibt einfach so viele Leute. Ich lebe aktuell in England, aber ich versuche mindestens zwei Mal pro Woche vor Ort zu sein. Hinwil und Zürich kenne ich deshalb schon richtig gut.

Wie liefen die Testfahrten in Barcelona und Bahrain?

Guanyu Zhou: Für mich war am Anfang natürlich alles aufregend. In der Formel 1 kommt es sehr auf das Feedback des Fahrers an, um das Auto zu weiterzuentwickeln. Da muss ich noch viel lernen. Am letzten Tag in Barcelona hatte ich leider einen kleinen Dreher. Und dann kam auch noch ein Hydraulik-Leck dazu. Aber in Bahrain hatten wir zum Abschluss eine richtig gute Session. Da haben wir mit dem Auto noch einmal einen Schritt nach vorne gemacht. Es ist schön zu sehen, dass sich das Team stetig weiterentwickelt. Ich konnte alle Prozeduren üben, die ich am Rennwochenende durchführen muss. Das Team hat mir die Gelegenheit gegeben, alles richtig auszuprobieren. Ich fühle mich gut vorbereitet für den Saisonstart.

Valtteri Bottas & Guanyu Zhou - Alfa Romeo  - F1 - 2022
Alfa Romeo
Mit Valtteri Bottas hat Zhou einen erfahrenen Teamkollegen an der Seite.

Die F1-Chefs wünschen Ihnen viel Erfolg, um den chinesischen Markt zu erobern. Spüren Sie schon, dass sich etwas bewegt in China?

Guanyu Zhou: Man merkt, dass jetzt mehr über die Formel 1 gesprochen wird. Das Interesse steigt, auch von Leuten, die vorher nichts mit Motorsport am Hut hatten. Für Chinesen ist es immer sehr wichtig, wenn der Erste von uns in einer Sportart den Durchbruch schafft. Das macht das ganze Land stolz. Sicher werden viele den Saisonstart und meine Entwicklung verfolgen.

Kann sogar ein Hype ausgelöst werden, wie vor 20 Jahren mit Yao Ming in der US-Basketball-Liga NBA?

Guanyu Zhou: Das ist das Ziel. Natürlich kommt es auch auf die Ergebnisse an. Die NBA und die Formel 1 lassen sich nicht ganz vergleichen. Im Basketball hat man es selbst in der Hand. In der Formel 1 spielen noch so viele andere Faktoren mit rein. Hier ist nicht jeder Fahrer gleich. Natürlich will ich zeigen, was ich draufhabe. Ich will die ersten Punkte sammeln und dann Schritt für Schritt nach oben gehen. Ich bin mir jetzt schon sicher, dass ich jede Menge Unterstützung bekommen werde, wenn der chinesische Grand Prix nächstes Jahr wieder in den Kalender zurückkehrt.

Ist es ein Vorteil für Sie, dass alle Fahrer mit den neuen Autos bei null anfangen?

Guanyu Zhou: Der Einstieg jetzt ist sicher besser als letztes Jahr. Die Autos sind für alle neu. Aber trotzdem haben die erfahrenen Piloten einen großen Vorteil. Sie kennen die Regeln und wissen, wie man die ganze Sache angehen muss. Für sie ist der Umstieg leichter. Ich muss mich erst an alles gewöhnen.

Guanyu Zhou - Alpine - 2021
xpb
In der Formel 2 trat Zhou noch als Alpine-Junior an. Die Saison 2021 schloss er auf Rang drei in der Fahrerwertung ab.

Sie kennen immerhin schon die Pirelli-18-Zoll-Reifen.

Guanyu Zhou: Ja, das stimmt. Aber wir hatten in der Formel 2 keine Servolenkung. Dadurch fühlen sich die Reifen ganz anders an. Das ist also leider nicht so richtig vergleichbar.

Haben Sie sich konkrete Ziele für das erste Jahr gesetzt?

Guanyu Zhou: Jetzt geht es erst mal darum, so schnell wie möglich alle Abläufe zu kennen und auf Speed zu kommen. Natürlich wäre es toll, wenn ich schon im ersten Jahr Punkte sammeln könnte.

Gibt es schon Freunde unter den anderen Fahrern?

Guanyu Zhou: Ich kenne bestimmt schon die Hälfte des Feldes. Gegen Lando (Norris) bin ich zu Kart-Zeiten und in der Formel 4 viele Rennen gefahren. Und dann kenne ich natürlich noch die Alpine-Piloten sehr gut, wie Fernando (Alonso) und Esteban (Ocon). Es sind aber auch einige frühere Idole dabei. Am meisten blicke ich zu Lewis (Hamilton) auf. Er hat so viel erreicht und hält dem Druck immer stand. Das ist nicht einfach. Das finde ich sehr beeindruckend.

Guanyu Zhou - Alfa Romeo - Formel 1 - Test - Barcelona - 25. Februar 2022
Stefan Baldauf
Bei den Testfahrten in Barcelona lief es noch nicht rund für Zhou.

Gibt es Strecken, auf die Sie sich besonders freuen?

Guanyu Zhou: Vor allem Kurse, die für mich neu sind, wie Miami oder Singapur. Natürlich auch Melbourne. Da war ich noch nie.

Welches Auto steht in Ihrer privaten Garage?

Guanyu Zhou: Ein Alfa Romeo Giulia Quadri-foglio. Der hat 510 PS. Der geht schon ganz ordentlich.

Dann sollten Sie doch noch mal nach Deutschland auf die Autobahn kommen.

Guanyu Zhou: Da haben Sie recht. Im Zentrum von London macht der Verkehr leider nicht ganz so viel Spaß.

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