Die Ampeln über Start und Ziel leuchteten nie. Keine aufheulenden Motoren, keine jubelnden Fans, keine schwarz-weiß-karierte Flagge. In Hanoi war schon alles vorbereitet, um die Formel 1 zu empfangen, aber die Hauptstadt Vietnams durfte es nie. Heute ist die Strecke ein Millionengrab.
Als Liberty Media 2017 die Rechte an der Königsklasse übernahm, träumten die Amerikaner von einer Expansion der Rennserie. Nach dem Abschied von Malaysia wurde in Südostasien ein neuer Kandidat gesucht. Von 1999 bis 2017 war Sepang Gastgeber der Königsklasse. Als Ersatz rückte Vietnam in den Fokus. Schon unter Bernie Ecclestone versuchten die Rechteinhaber, neue Märkte in der Region zu erobern. Doch nur in China und Singapur konnte sich die Formel 1 etablieren.
Indien und Südkorea verschwanden nach nur drei beziehungsweise vier Grands Prix Anfang der 2010er-Jahre aus dem Rennkalender. In Vietnam wollte man es besser machen. 2018 verkündete die Formel 1, dass Hanoi ab der Saison 2020 den GP von Vietnam austragen würde. Das renommierte Architekturbüro von Hermann Tilke entwarf das Layout für den Kurs in der Millionenstadt.

2020 sollte das erste Rennen in Hanoi stattfinden. Die Corona-Pandemie hinderte die Formel 1 aber daran.
Corona bremst Hanoi aus
Doch die Corona-Pandemie vereitelte den ersten Auftritt der Formel 1. Die Saison 2020 erhielt ein völlig neues Gesicht. Erst im Juli startete das erste Rennen in Österreich. Die meisten Grands Prix fanden in Europa statt. Nur Russland, Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate kamen noch hinzu. Ein neuer Anlauf Hanois war für 2021 geplant.
Doch diesmal scheiterte es an einem Skandal um den größten Fürsprecher des Grand Prix. Im August 2020 landete Nguyen Duc Chung im Gefängnis. Der Vorsitzende des Volkskomitees Hanoi hatte sich unrechtmäßig bereichert. Chung wollte die Wasserverschmutzung Hanois bekämpfen und das Mittel Redoxy-3C aus Deutschland einsetzen. Mit zwei anderen Beteiligten steckte er jedoch einen Teil des Geldes in die eigene Tasche. Als dann noch herauskam, dass Chung geheime Staatsunterlagen weitergegeben hatte, erhielt er eine zehnjährige Gefängnisstrafe.

Der Strecke in Hanoi fehlt die Grad-1-Klassifizierung der FIA, um ein F1-Rennen austragen zu dürfen.
Hanoi fehlt FIA-Klassifizierung
Inzwischen verfällt die Anlage in Hanoi. Gräser und Büsche wuchern neben der Strecke, die Boxenanlage ist der Witterung ausgesetzt. Der Hanoi Street Circuit gleicht einer Geisterstadt.
Eine Änderung ist momentan unwahrscheinlich. Dem Kurs fehlt die Grad-1-Einstufung der FIA. Diese Bescheinigung des Automobil-Weltverbands ist notwendig, um Formel-1-Rennen auszutragen. Aktuell besitzen 38 Strecken die erforderliche Abnahme.
Ungünstig für Hanoi ist auch, dass sich in den letzten Jahren neue Orte in der Königsklasse etabliert haben. Katar, Las Vegas, Miami und Jeddah fanden den Weg in den Formel-1-Kalender und haben langfristige Verträge. Zudem gibt es mit einer Rückkehr auf den afrikanischen Kontinent und einem Rennen in Bangkok weitere Interessenten, die an die Tür klopfen.