Warum wählte Red Bull eine Dreistopp-Strategie?
Zu Beginn des Rennens lief es noch ganz gut für Max Verstappen. Gleich in der ersten Kurve überholte er Lando Norris im McLaren und lag auf Rang zwei. Doch schon in Runde 12 meldete der Holländer, er habe keinen Grip im Vergleich zu den McLaren und wurde kurz darauf von Norris aufgeschnupft.
In Runde 13 folgte der erste Boxenstopp mit dem Wechsel von Soft auf Soft. "Da hatten wir uns schon auf eine Dreistopp-Strategie festgelegt", sagte Red Bull-Teamchef Christian Horner. Der nächste Service stand in Runde 29 an. Verstappen bekam Medium-Reifen. Der letzte geplante Halt ließ bis in Runde 47 auf sich warten. Der viermalige Weltmeister ging mit Soft-Reifen wieder auf die Bahn.
"Wir mussten etwas riskieren, um eine Chance zu haben. Und das war die Dreistoppstrategie", erklärte Red Bull-Berater Helmut Marko. In Sachen Reifenabbau war man McLaren bei 29 Grad Luft-und 50 Grad Asphalttemperatur unterlegen. Es ist die Paradedisziplin der Papaya-Renner.

Bei Red Bull legte man sich früh auf drei Stopps fest.
Insofern war es positiv, dass man bis zum Ausrücken des Safety Cars in Runde 55 nach dem Motorschaden am Mercedes von Kimi Antonelli im Plan lag und sich ein Podium ausrechnete. Zwischenzeitlich kam man McLaren auch sehr nahe. "Wir waren näher dran als gedacht bis zum Safety Car und haben alles richtig gemacht", sagte Red Bull-Teamchef Christian Horner.
"Das Problem war, dass unsere Reifen nicht lange genug gehalten haben und der mittlere Stint von McLaren sehr stark war. Unsere einzige Chance war der Undercut mit den weichen Reifen am Ende.” McLaren passte auf und konterte umgehend. Und hatte dann noch das Rennglück auf seiner Seite, wie Horner erzählt. "Das Safety Car ist im Hinblick auf unsere Strategie zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt ausgerückt. Max war auf acht Runden alten Soft-Reifen, die abgenutzt waren."
Die Krux: Er hatte keine Alternative zur Verfügung. Zwar standen ein neuer Satz Soft und drei gebrauchte Sätze Soft auf seiner Liste, doch einer davon war schon durch die Nutzung in der Qualifikation plus Fahrt in die Startaufstellung aussortiert worden. Es blieb also nur noch ein neuer Satz der harten Mischung.

Das Safety Car kam für Red Bull ungünstig.
Die Entscheidung: Pest oder Cholera. Verstappen meinte: "Vielleicht wäre es besser gewesen, draußen zu bleiben. Aber hinterher ist man immer schlauer." Laut Horner wäre man durchgereicht worden. Die harte Variante stellte sich aber auch alles andere als ideal dar. "Der war im Warm up ganz schlecht", analysierte Marko. "Wenn man was riskiert, kann es eben auch mal in die falsche Richtung gehen."
War der Rempler von Verstappen gegen Russell Absicht?
Nach dem Restart in Runde 61 ging es für Verstappen und alle, die ihm auf der Strecke begegneten, hoch her. Zunächst rutschte der Red Bull-Pilot mit dem RB21 auf den harten Reifen fast von alleine von der Strecke. Wenige Sekunden später kam es zum Zwist mit Charles Leclerc. Die beiden berührten sich.
Der Ferrari-Pilot erklärt die Situation auf der Zielgeraden so: "Es war ein Kampf um die Position auf der Strecke, um den Windschatten der McLaren zu bekommen. Max wollte mich nach innen drängen und ich wollte nicht dorthin, also habe ich versucht, ihn abzudrängen. Ich habe versucht, ihn nach links zu schieben. Es gab eine kleine Berührung, aber zum Glück ohne Folgen. Ich wusste, dass er es auf den harten Reifen schwer haben würde." Der Vorfall wurde untersucht, doch es gab keine Strafe.
Anders als für die Auseinandersetzung mit George Russell im Mercedes. Die hatte damit begonnen, dass Verstappen die Strecke verlassen musste, um dem Briten auszuweichen, der in Kurve 1 zum Überholen angesetzt hatte. Das Team befürchtete, die Sportkommissare würden ihm eine Strafe dafür aufdrücken, weil er sich damit einen Vorteil verschafft hatte. Also forderte man Verstappen auf, die Position zurückzugeben.

Verstappen und Russell werden wohl keine Freunde mehr.
Doch das brachte den 27-Jährigen erst Recht auf die Palme. Statt Russell einfach durchzulassen, fuhr er dem Engländer in Kurve 5 ins Auto. Dafür hagelte es dann tatsächlich eine Strafe: 10 Sekunden und damit nur noch einen Punkt für Platz zehn statt einem Podiumsplatz. Nico Rosberg forderte bei Sky UK sogar eine Disqualifikation.
Russell kommentierte die Situation so: "Ich war genauso überrascht wie ihr. Ich habe solche Manöver schon bei Simulationsspielen und beim Go-Kartfahren gesehen, aber noch nie in der Formel 1."
Red Bull-Teamchef Horner wollte sich direkt nach dem Rennen nicht dazu äußern, weil er mit seinem Fahrer noch nicht gesprochen hatte. Marko sagte: "Wir haben nicht kalkuliert, dass die Reifen in der Aufwärmphase so schlecht sind. Da war ein gewisser Frust da, der sich in der Fahrweise ausgedrückt hat."

Max Verstappen polarisierte in Spanien.
Was im Rückblick aus Sicht von Red Bull ärgerlich ist: Nach dem Rennen stellte sich heraus, Verstappen wurde von den Sportkommissaren zum ursprünglichen Thema "Verlassen der Strecke" freigesprochen. Man hätte also gar keinen Platztausch anordnen müssen. "Es wäre schön, wenn die Schiedsrichter da direkt sagen würden: Macht weiter oder gebt den Platz zurück", wünschte sich Horner.
Verstappen antwortete auf die Frage nach der Absicht: "Spielt das denn ein Rolle?" Streng genommen schon. Denn das hätte womöglich einen Unterschied bei der Bestrafung gemacht. So kam der Holländer für sein Manöver gegen Russell nach dem mit einer Zeitstrafe von 10 Sekunden und drei Strafpunkten davon. Wenn die Sportkommissare es als Absicht gewertet hätten, wären es vier gewesen und Verstappen hätte sich eine Sperre für ein Rennen eingehandelt. So ist er noch einen Punkt davon entfernt. Er muss jetzt bis zum 30. Juni ganz brav bleiben.
Hat sich Leclercs Taktik, einen Satz Medium-Reifen zu sparen, gelohnt?
Charles Leclerc hatte in der Qualifikation am Samstag schon früher als alle anderen Feierabend. Nach dem ersten Versuch in Q3 stieg er aus dem Auto. Das hatte einen Grund. Er hatte bereits zuvor all seine neuen weichen Reifen verbraucht. Denn im zweiten Training fuhr er den Longrun auf dem Soft-Reifen. Die Garnitur Soft, die er im Q2 angefahren hatte, bevor er seinen Versuch abbrach, blieb als eiserne Reserve für das Rennen in der Hinterhand.
Das Ergebnis in der Qualifikation: Platz sieben. Diese Startposition nahm er bewusst in Kauf. Dafür hatte er im Gegensatz zu den anderen Fahrern in der Spitzengruppe noch zwei Sätze Medium-Reifen im Rennen zur Verfügung. Beide Ferrari-Piloten starteten auf dem Soft-Reifen und wechselten danach auf Medium. Im Gegensatz zu Lewis Hamilton war Leclerc auch im dritten Stint ab Runde 40 auf dem Medium-Pneu unterwegs. Beim Bonus-Stopp in der Safety Car-Phase wechselten beide wieder auf Soft.

Leclerc landete auf dem Podium.
"Es ist schwierig zu sagen, ob Charles mit einem Satz Soft mehr auf Startplatz drei oder vier gestanden hätte", sagte Ferrari-Teamchef Fréd Vasseur zum Quali. Fakt ist: Leclerc verbesserte sich im Rennen von Platz sieben am Ende auf Rang drei. Einen Platz bekam er mehr oder weniger von Verstappen geschenkt, der auf den harten Reifen herumrutschte. Den anderen von Hamilton bereits zu Beginn, der ihn vorbeilassen musste, weil die Pace von Leclerc besser war.
Wäre das Safety Car nicht auf die Bahn gekommen, hätte Leclerc sicher einen größeren Vorteil gehabt, weil er mit dem Medium-Reifen die 26 Runden bis zum Ende einfacher absolviert hätte als Hamilton, der mit dem Soft-Reifen hätte 20 Runden durchhalten müssen. Abgesehen davon startete Hamilton von Platz fünf und kam mit seiner Strategie am Ende nur als Sechster ins Ziel.
Wie hat es Hülkenberg auf Platz fünf geschafft?
Es war neben dem McLaren-Doppelsieg und der Aufregung um Max Verstappen die eigentliche Sensation: Nico Hülkenberg bescherte Sauber Platz fünf. Eine Top 5-Platzierung schaffte der Emmericher zuletzt in Monza 2019. Für diese Leistung gab es zehn Punkte. Zuletzt erzielte Hülkenberg in Australien ein zählbares Ergebnis. Nun liegt er mit 16 Punkten in der Fahrerwertung auf Platz elf, Sauber hat es in der Konstrukteurs-Wertung vor Alpine und Aston Martin geschafft.

Sauber erlebte ein kleines Wunder.
Dabei hatte der 37-Jährige Glück im Unglück. Denn ausgerechnet das frühe Ausscheiden in der Qualifikation in Q1 bescherte ihm drei Satz frische Soft-Reifen. Einen davon konnte er nach dem Restart als Joker nutzen . Doch bereits vor der finalen Phase lag Hülkenberg nach den absolvierten Boxenstopps auf Rang neun. Das neue Upgrade-Paket bestehend aus Unterboden und Frontflügel und Seitenkasten wirkte sich positiv aus. Der C46 war berechenbarer geworden. Daneben war Sauber strategisch bestens aufgestellt und positionierte Hülkenberg so, dass er sich nach dem zweiten Stopp direkt an Verstappen beim Überrunden dran hängen konnte.
"Es war einer dieser Sonntage, an denen alles sehr gut zusammenkam", sagte Hülkenberg. "Wir waren von Anfang an dabei – ein starker Start, eine saubere erste Runde, und wir konnten sofort um Punkte kämpfen." In Runde 65 setzte Hülkenberg mit seinem Überholmanöver gegen Hamilton im Ferrari, der im Gegensatz zu Hülkenberg auf gebrauchten Soft fuhr, ein besonderes Ausrufezeichen. Dank der Strafe für Verstappen rückte er noch einen weiteren Platz auf Rang fünf auf. "Der Unterschied zwischen gebrauchten und neuen Reifen war heute sehr groß, und das hat sich wirklich ausgezahlt", freute sich Hülkenberg.
Wie hat Alonso seine ersten Punkte geholt?
Ein ähnlich großer Stein wie Hülkenberg dürfte Fernando Alonso vom Herzen gefallen sein. Der Spanier holte ausgerechnet bei seinem Heimrennen mit Platz neun die ersten Punkte der Saison. Und das als Einzelkämpfer, denn Lance Stroll musste die Teilnahme am GP Spanien wegen Schmerzen an der Hand absagen.

Alonso besiegte den Punkte-Fluch.
In Sachen Pace war man bei Aston Martin im Rennen zunächst nicht so glücklich. Von Platz zehn gestartet, sah es zwischenzeitlich so aus, als müsse der Asturier weiterhin mit dem Punkte-Fluch leben. Doch Alonso zauberte vor allem in den letzten Runden nach der Safety Car-Phase. Allein drei Autos ließ er in den verbleibenden sechs Runden hinter sich. Dazu gehörten Liam Lawson und Gabriel Bortoleto. "Ich hatte Schwierigkeiten, auf den Geraden zu überholen, also musste ich in Kurve drei ziemlich kreativ werden", sagte er.