Formel 1: Die Gründe für den Mercedes-Sieg in Kanada

Das hat Mercedes zum Siegerauto gemacht
Eintagsfliege oder Trendwende?

GP Kanada 2025
Veröffentlicht am 16.06.2025

Das war kein Zufallssieg. George Russell stellte den Mercedes mit einem Vorsprung von 0,160 Sekunden auf Max Verstappen auf die Pole-Position, er hatte den besten Start und er kontrollierte das Rennen von der Spitze weg. Immer wenn Verstappen sich dem DRS-Bereich näherte, zog der 27-jährige Engländer das Tempo an und fuhr dem Weltmeister mühelos wieder davon. Teamchef Toto Wolff sprach von einem "ehrlichen Sieg".

Andrea Kimi Antonelli rundete den Erfolg von Mercedes als Dritter ab. Es war der erste Podestplatz eines Italieners seit Jarno Trulli beim GP Japan 2009. Und Antonelli war gleichzeitig der drittjüngste Fahrer, der auf das Treppchen bei einem Grand Prix steigen durfte. Seine Fahrt auf den dritten Platz war nicht ganz so entspannt wie Russells vierter GP-Sieg: "Die letzten Runden habe ich gebetet, dass es bald vorbei ist. Piastri hat von hinten ganz schön Druck gemacht."

Mercedes hat sich mit 40 Punkten den zweiten Platz in der Konstrukteurs-WM von Ferrari zurückerobert. Ohne dass der W19 entscheidend verändert worden wäre. Vorne bekamen die Bremsbelüftungen größere Öffnungen. Der Unterboden war an der Kante für ein paar Punkte mehr Abtrieb modifiziert worden. Und die neue Hinterachse, die gleich nach ihrem Debüt in Imola wieder ausgemustert worden war, kehrte zurück. Sie war nicht der Grund, warum in den letzten Rennen die Hinterreifen zu heiß wurden. Rückblickend hat sie eher geholfen, das Problem besser in den Griff zu bekommen.

George Russell - Mercedes - GP Kanada 2025 - Montreal - Formel 1
Timothy A. Clary via Getty Images

Strecke, Asphalt und Wetter halfen Mercedes

Waren die Pole-Position, der Sieg und der dritte Platz nun eine Eintagsfliege oder eine Trendwende? Die Antwort lautet: keines von beidem. Mercedes wird ab jetzt kaum auf allen Strecken vorne so mitgeigen wie in Montreal. Russell gab zu: "Diese Art Rennstrecke, der glatte Asphalt und kühlere Temperaturen helfen uns. Das ist das Bild, das wir schon seit Jahren kennen. Wir müssen herausfinden, warum wir es nicht überall reproduzieren können."

Auch Toto Wolff schob es auf die Strecke und die Umstände. "George hat das Rennen kontrolliert. Kimi hat dem Druck der McLaren standgehalten. Das war möglich, weil wir ihnen das Auto dafür gegeben haben. Schnelle Kurven und ein rauer Asphalt wie in Barcelona sind nicht so gut für unser Auto, weil da die Reifen zu stark belastet werden. Und dann bekommen wir das Problem mit dem Überhitzen."

Bei der Qualifikation am Samstag herrschten für Mercedes ideale Bedingungen. Russell machte sich vor dem Start Sorgen, weil die Asphalttemperatur im Vergleich zum Samstag um sechs Grad gestiegen war. "Ich war überrascht, dass uns der Temperaturanstieg nichts ausgemacht hat. Der Reifen wird in den langsamen Kurven einfach nicht so stark gefordert. Das war schon im letzten Jahr so. Damals haben wir einen Sieg weggeworfen. Diesmal konnten wir unsere Chance nutzen.

Max Verstappen - Red Bull - GP Kanada 2025 - Montreal - Formel 1
xpb

Mercedes reagierte auf Verstappen

Aus Sicht der Ingenieure hört sich die Erklärung für das Montreal-Geheimnis von Mercedes so an. "Diese Strecke hat mit einer Ausnahme nur einen Kurventyp. Das macht es einfach, das Auto abzustimmen. In den Kurven mit wenig Querbeschleunigung walkt der Reifen zu wenig, als dass er sich zu stark erhitzen könnte. Der glatte Asphalt tut der Reifenoberfläche gut. Deshalb war die thermische Abnutzung gering. Das größte Problem für alle war das Körnen links vorne. Dagegen gab es ein einfaches Rezept. Man durfte in den Kurven 3, 5 und 7 nicht zu stark attackieren."

Mercedes hatte den Speed, das Reifenmanagement und die Position auf der Strecke, um auf alles zu reagieren, was die Gegner ins Spiel warfen. Schon bald machten die Mercedes Verstappen als Hauptgegner aus. Deshalb reagierte man auf die Boxenstopps von Red Bull. Als es kurz so aussah, Oscar Piastri könnte ein Einstopp-Rennen fahren, blieb am Mercedes-Kommandostand alles ruhig. "Wir hatten das Selbstvertrauen, ihn mit frischeren Reifen wieder einzuholen."

Die McLaren hielten nur im letzten Stint wegen der kürzeren Laufzeiten die Reifen besser in Schuss als Mercedes. Am Red Bull brachen sie in den ersten beiden Stints jeweils früher ein. "Erst am Ende mit weniger Sprit im Tank haben die Reifen gehalten", erzählte der Formel-1-Weltmeister. Da musste er schon mehr in den Rückspiegel schauen als nach hinten. Doch Antonelli übertrieb es mit der Jagd auf Verstappen etwas und ruinierte sich dabei den linken Vorderreifen. "Mein Glück war, dass die zwei McLaren hinter mir mit ihrem eigenen Zweikampf beschäftigt waren."