Den Großen Preis von Kanada will man bei Ferrari am besten schnell vergessen. Sowohl auf als auch neben der Strecke ging bei den Roten an dem zehnten Rennwochenende des Jahres wenig zusammen. Im Rennen am Sonntag (15.6.) trudelten Charles Leclerc und Lewis Hamilton auf den Plätzen fünf und sechs ein. Die Umstände spielten dabei natürlich eine gewichtige Rolle, doch am Ende zählen bekanntlich nur Resultate.
Vom Ziel, den ersten WM-Titel seit dem Konstrukteurs-Pokal 2008 nach Italien zu holen, kann sich das Team nach dem ersten Drittel der Saison bereits verabschieden. Der bestplatzierte Fahrer, Charles Leclerc, hat nach dem zehnten Formel-1-Rennen 2025 bereits 94 Zähler Rückstand auf Primus Oscar Piastri. In der Team-Wertung liegt man 191 Punkte hinter McLaren. Zudem zog Mercedes in Montreal wieder an der Scuderia wieder vorbei und übernahm Rang zwei im Konstrukteurspokal.
Das italienische Team brachte sich in Kanada selbst in die Bredouille. Der unnötige Crash von Charles Leclerc in FP1 (13.6.) nach nur 15 Minuten Trainingszeit kompromittierte das gesamte Wochenende. Leclerc beschädigte bei seinem Einschlag in der Kurvenpassage 3 und 4 den SF-25 so stark, dass er für das zweite Training bedröppelt zuschauen musste. Der abgerissene linke Vorderreifen hatte das Monocoque beschädigt. Lewis Hamilton musste alleine Daten sammeln und Setups ausprobieren.

Lewis Hamilton kam nach einem Kontakt mit einem Murmeltier nur auf dem sechsten Platz ins Ziel.
Leclerc verpatzt Q3
Ein Hoffnungsschimmer flackerte bei Ferrari und den Tifosi am Samstag (14.6) auf. Leclerc war mit dem reparierten Auto sowohl im dritten Training als auch in den ersten beiden Qualifying-Segmenten im Bereich der Spitze zu finden. Doch bei seinem letzten Versuch in Q3 kämpfte er in Kurve 6 mit Übersteuern. Am Ende sprang nur der achte Startplatz raus. Am Funk hatte sich der Monegasse über Isack Hadjar aufgeregt, der ihn im Toro Rosso aufgehalten haben soll: "Ich war kurz sauer, weil ich die Dirty Air abbekam und deshalb gerutscht bin."
Hamilton wurde zwar Fünfter, spielte im Kampf um die Pole-Position aber keine Rolle. Dennoch hatte man bei der Konkurrenz die Roten auf dem Zettel. "Ferrari wurde unter Wert geschlagen", meinte Red-Bull-Sportchef Helmut Marko. Die vermeintliche Stärke im Longrun kam aber am Sonntag nicht zum Tragen. Hamilton hatte eine unliebsame Begegnung mit einem Einheimischen: "Lewis hat in Runde 13 ein Murmeltier erwischt. Das hat ein großes Loch in den Unterboden geschlagen und viel Performance gekostet", erklärte Teamchef Frédéric Vasseur.
Das war jedoch nicht der einzige Grund für die schwache Leistung. Zum einen hatte der Engländer ab Rennmitte mit seinen Bremsen zu kämpfen, zum anderen war er unzufrieden mit der Strategie: "Im ersten Stint sind wir zu lange draußen geblieben." Hamilton war auf dem Medium-Reifen ins Rennen gegangen. Der hielt in Montreal aber nicht lange durch, nach seinem Stopp fiel der Rekordsieger der Formel 1 in den Verkehr. Anschließend fuhr er im Niemandsland ins Ziel.

Charles Leclerc beschwerte sich in Kanada über die Strategie bei Ferrari.
Strategie-Zoff bei Ferrari
Etwas lauter beschwerte sich Leclerc über die Strategie. Der Monegasse startete auf dem harten Gummi und zögerte seinen ersten Stopp bis Runde 28 heraus. Als er erneut den C4-Reifen aufgeschnallt bekam, wurde es kurz emotional: "Warum haben wir jetzt gestoppt? Ich habe doch gesagt, dass die Reifen noch gut sind." Leclerc wollte lieber eine Einstopp-Strategie versuchen, doch der Kommandostand entschied sich dafür, mit einem kurzen Schlussstint auf der Medium-Mischung das Rennen zu beenden.
"Ich kann Charles verstehen, aber 50 Runden auf dem harten Reifen wären zu optimistisch gewesen", wollte Vasseur die Wogen glätten. Ob der Franzose damit richtig lag? Esteban Ocon (Haas) und Carlos Sainz im Williams hielten 57 Runden auf dem C4-Reifen durch, ehe sie für die letzten 13 Umläufe auf den Medium wechselten. Beide Piloten holten damit noch Punkte in Montreal.

Ferrari-Teamchef Frédéric Vasseur steht unter Druck in Italien.
Ferrari-Teamchef fordert und steht unter Druck
Vasseur forderte nach dem Rennen zukünftig bessere Leistungen: "Ich muss sicherstellen, dass wir als Team ein Wochenende besser exekutieren. Das hat hier Mercedes gezeigt. Die waren ab dem ersten Training schnell unterwegs. Wir hingegen haben zu viele Fehler gemacht. Das muss besser werden."
Auch für die persönliche Zukunft wäre das von Vorteil. Die Gerüchteküche brodelt bereits, wer der Nachfolger von Vasseur, dessen Vertrag Ende 2025 ausläuft, werden könnte. Mittlerweile wurde sogar Red-Bull-Teamchef Christian Horner ins Gespräch gebracht.
Vasseur selbst hatte in der Teamchef-Pressekonferenz (13.6.) in Montreal dünnhäutig reagiert, als er auf zwei Artikel in den italienischen Medien angesprochen wurde. Der Corriere della Sera und die Gazzetta dello Sport hatten berichtet, dass den Ferrari-Bossen John Elkann und Benedetto Vigna die Geduld ausgeht und Vasseur um seinen Job fürchten muss.
Zwei Tage nach seinem Auftritt in der Pressekonferenz hatte sich der 57-Jährige wieder abgekühlt. Dort machte er den Fans auch Hoffnung auf Besserung: "Bis Silverstone kommen auf jeden Fall Upgrades ans Auto." Das Heimspiel von Hamilton steht am 6. Juli auf dem Programm, dazwischen liegt noch der Österreich-GP am 29. Juni.