Wieso war Red Bull so gut?
McLaren musste sich nach der Dominanz in Miami im siebten Rennen der Saison Red Bull geschlagen geben. Es blieben nur die Plätze zwei und drei für Lando Norris und Oscar Piastri hinter Max Verstappen, der das gesamte Rennen kontrollierte. Max Verstappen legte wieder einmal den Grundstein mit seinem genialen Überholmanöver in der Tamburello-Schikane. Insgesamt hatte Red Bull aber auch die bessere Pace als McLaren und war die stärkere Kraft. Damit meldete man sich im WM-Kampf zurück.
Red Bull war den Erzrivalen im 400. Grand Prix ausgerechnet in der Disziplin ebenbürtig, in der sonst McLaren glänzte – der Reifenabnutzung. Man schaffte es trotz der warmen Temperaturen die Reifen am Leben zu erhalten. Weiterer Bonus: Verstappen lag wie in Suzuka in Führung und hatte freie Fahrt und saubere Luft. Der Stopp pünktlich zum Virtuellen Safety Car, das wegen des gestrandeten Haas von Esteban Ocon ausrückte, spielte den Bullen zusätzlich in die Karten.
Aber auch danach zeigte sich: Verstappen hatte alles im Griff. Er baute seinen Vorsprung bis zur Neutralisierung durch das Safety Car aufgrund des havarierten Mercedes von Kimi Antonelli auf 18 Sekunden aus. Sprich: Er kontrollierte das Rennen von Anfang bis zum Ende. "Er war nie unter Druck", sagte Red Bull-Teamchef Christian Horner. Nach dem Safety Car fuhr er in zehn Runden einen Vorsprung von 6,1 Sekunden raus.

Max Verstappen lieferte mal wieder eine Gala ab.
Diese Stärke hat vor allem damit zu tun, dass man das Auto in ein besseres Abstimmungsfenster gebracht hat. Und dadurch lassen sich auch die Reifentemperaturen besser managen. Unter anderen mit den Upgrades, die seit Miami an den RB21 kamen. Dazu gehörte ein neuer Unterboden und in Imola auch ein anderer Kühleinlass und neue Bremsbelüftungen.
Zwar sah der Freitag noch nicht so vielversprechend aus, doch Horner berichtet, dass Verstappen nach dem dritten Training am Samstag happy war. Ein typisches Bild mit dem schwierigen Freitag – doch man brauchte noch Zeit, alle Daten auszuwerten und zu verstehen. Horner ging sogar so weit, zu sagen, dass man auf dem Level von Brasilien im vergangenen Jahr war.
Für Horner ist die aktuelle Entwicklung sehr ermutigend. "Wir bilden ein Momentum, was in dieser Phase der Meisterschaft sehr wichtig ist." Verstappen liegt in der WM nur noch 22 Punkte hinter Piastri auf Platz drei. McLaren-Teamchef Andrea Stella sieht zwei Gründe, weshalb Red Bull überlegen war. "Sie haben sich verbessert und einen Fortschritt gemacht", sagt er. Dass man die Dominanz aus Miami nicht in dem Ausmaß in Imola zeigen würde, war ihm fast klar. "Die Art von Kurven ist hier eine komplett andere als in Miami. Hier haben wir eher schnelle Kurven."
Hat McLaren die Strategie mit Oscar Piastri verwachst?
Daneben stellte sich aber die Frage, ob nicht doch noch etwas zu holen gewesen wäre, wenn der McLaren-Kommandostand Piastri auf eine andere Strategie gesetzt hätte. Der Australier und aktuelle WM-Führende kam bereits in Runde 13 zum ersten Boxenstopp und wechselte von Medium auf die harten Reifen. Damit tat er es Charles Leclerc im Ferrari gleich, der als Erster aus der Spitzengruppe auf diese Taktik setzte.
Piastri fiel von Rang zwei bis auf Platz zwölf zurück musste sich anschließend allerdings durchs Feld pflügen. In Runde 28 lag er bereits wieder auf dem vierten Rang. Doch dann kam das Geschenk für all diejenigen, die noch nicht gestoppt hatten – darunter Verstappen: Das Virtuelle Safety Car aufgrund des liegengebliebenen Haas von Ocon. Piastri nutzte die Gelegenheit ebenfalls wieder für einen Wechsel. Er bekam einen zweiten Satz der harten C4-Mischung. Bei der zweiten Chance auf einen Gratis-Stopp, als das Safety Car in Runde 46 wegen Kimi Antonelli ausrückte, blieb er auf der Bahn und konnte sich später mit den älteren Reifen nicht mehr gegen Teamkollege Norris wehren.

McLaren holte Oscar Piastri früh an die Box.
"Es war vor dem Rennen unklar, ob es ein oder zwei Stopps werden würden", sagte McLaren-Teamchef Andrea Stella nach dem Rennen. "Und als Oscar an die Box kam, war genau das der Zeitpunkt, das zu entscheiden." Seiner Meinung nach lag das Problem eher darin, dass die harten Reifen nicht viel besser performt haben als der alte Medium-Reifen. "Wenn das besser gewesen wäre, wäre die Zweistoppstrategie eine sehr gute gewesen – auch wenn Oscar einige Autos überholen musste", meinte Stella. "Deshalb bereuen wir auch nichts."
Bei Red Bull beobachtete man, dass Piastri Körnen am vorderen linken Reifen hatte. Man selbst wollte die Zweistopp-Strategie wegen der langen Boxengasse mit 29 Sekunden Zeitverlust und dem Zurückfallen in den Verkehr nicht riskieren. Und Verstappen konnte ohnehin weiterfahren, ohne dass die Reifen stark abbauten.
Woher kam das Ferrari-Wunder?
Ferrari erlebte am Samstag in Imola ausgerechnet beim Heimrennen einen der frustrierendsten Tage der Saison. Sowohl Charles Leclerc and Lewis Hamilton schieden im Q2 aus und starteten von den Plätzen 11 und 12 ins Rennen. Aus den Top-Ten gekickt wurde man von den beiden Aston Martin.
Am Sonntag zeigte sich das umgekehrte Bild. Ferrari trumpfte auf, Aston Martin musste leiden. Lewis Hamilton wurde Vierter im Rennen, Charles Leclerc Sechster. Damit bestätigte Ferrari wieder einmal das Muster, dass es im Rennen deutlich besser läuft als in der Qualifikation. "Wir müssen uns einfach in der Qualifikation verbessern", sagte Ferrari-Teamchef Frédéric Vasseur.

Lewis Hamilton fuhr von Platz 12 auf vier.
Ein Grund, weshalb es auf einer schnellen Runde nicht funktioniert: Man versteht die Reifen in dieser Disziplin nicht. Seit Miami ist man auf gebrauchten Reifen schneller als auf den frischen Pneus. Das sollte eigentlich nicht passieren. Die Theorie von Vasseur: "Es hat etwas mit der Strecke zu tun, den weichen Reifenmischungen und dass die Abnutzung auf beiden Kursen relativ gering ist." Das ist allerdings nur die Vermutung. Denn er gibt auch zu: "Heute denkst du, du hast die Reifen verstanden. Und morgen ist alles wieder anders."
Leclerc bläst ins gleiche Horn: "Unser Hauptaugenmerk muss auf der Verbesserung unserer Qualifying-Performance liegen, denn im Rennen ist das Auto schnell." Für sein Heimrennen in Monaco klingt er nicht unbedingt optimistisch: "Es ist eine Strecke, die die Schwächen unseres Autos zeigen wird. Sie ist sehr spezifisch und man muss das Auto anders fahren als anderswo."
Wieso lief es für Aston Martin plötzlich nicht mehr?
Bei Aston Martin jubelte man am Samstag und musste am Sonntag einen Rückschlag verkraften. Also genau andersherum als bei Ferrari. Fernando Alonso überzeugte in der Quali mit Platz 5, Lance Stroll mit Platz 8. Beide waren mit einem fast runderneuten AMR25 unterwegs. Die guten Startplätze hatte man auch der Taktik zu verdanken, dass man in Q3 die schnellen Rundenzeiten mit dem Medium-Reifen statt mit dem weichen C6 von Pirelli erzielte.
Im Rennen gehörten Alonso und Stroll mit ihrem ersten Stopp in Runde 12 und 14 zu denjenigen, die wie Leclerc und Piastri früh von Medium auf Hart wechselten. Mit dem Ausrücken des VSC war der Vorteil des Undercuts aber dahin und während des VSC wollte man wegen der Priorität der Track Position nicht stoppen. Die Konkurrenz, die das VSC für einen Wechsel nutzte, hatte natürlich frischere Reifen.

Fernando Alonso ging wieder mal leer aus - trotz vieler Überholmanöver.
Was etwas verwirrt: Teamchef Andy Cowell spricht davon, dass das VSC eine vielversprechende Einstopp-Strategie zunichte gemacht hätte. Im Gegensatz dazu war McLaren mit dem Stopp in Runde 13 von Piastri aber auf einer Zweistoppstrategie. Am Ende blieb Alonso nur Platz 11 und Stroll Rang 15. Alonsos Punktekonto ist weiter leer. Der zehnte Platz war diesmal nur 0,8 Sekunden entfernt.
"Ich denke, dass wir ohne das VSC um P6 oder P7 hätten kämpfen können und verdientermaßen in die Punkte gefahren wären", meinte der Spanier, der sich am Funk als "Pechvogel des Tages" bezeichnete. "Beim Neustart waren wir nicht mehr in den Punkterängen, konnten aber innerhalb von neun Runden drei Autos überholen, und dann ging uns einfach die Zeit aus."
Warum war Mercedes so schlecht?
Mercedes gehörte zu der Fraktion, die am Samstag noch etwas zu Lachen hatte, am Sonntag aber eher mit hängenden Mundwinkeln zu sehen war. George Russell zeigte mit Startplatz 3 einmal mehr seine Konstanz und griff auf denselben Kniff mit dem Medium-Reifen wie Aston Martin zurück. Im Rennen ging es jedoch vier Positionen bis auf Platz 7zurück. Kimi Antonelli hatte schon das gesamte Wochenende über bei seinem Heimrennen zu kämpfen, im Rennen fiel er mit einem Defekt an der Gaspedalsteuerung aus.

Mercedes litt erneut an der Überhitzung der Hinterreifen.
Die fehlende Performance mit Russell erklärt man sich mit denselben Problemen, die man schon in Jeddah hatte: Überhitzung der Reifen. Man dachte, man habe das Thema im Griff, doch unter bestimmten Umständen und auf bestimmten Strecken werden die Hinterreifen zu heiß. Den Medium-Reifen ist Russell wohl auch zu aggressiv angefahren. Mit der härteren Mischung kam man besser klar. Diesen Reifentyp fuhr Russell sogar 34 Runden nach dem Wechsel in der Virtuelle Safety Car-Phase bis zum Ende.