Es ist das große Thema mit den Groundeffect-Autos. Wie tief kann ich fahren, ohne dass sich die Skid-Blocks im Unterboden durch Kontakt mit der Fahrbahn zu stark abnutzen? Der kritische Wert für die Schrauben, die die Bodenplatte am Auto fixieren, liegt bei einem Millimeter. Wer darüber liegt, wird disqualifiziert, so wie Mercedes und Ferrari beim GP USA 2023.
Weil der Abtrieb der Autos stark von der Fahrzeughöhe abhängt, haben sich die Teams über die letzten drei Jahre alle denkbaren Tricks einfallen lassen, um die Befestigungsschrauben so gut wie möglich zu schützen. Da wurde mit Dämmmaterial zwischen der Bodenplatte und dem Monocoque experimentiert oder mit Schrauben, die ein gewisses Spiel hatten, um die Stöße von der Fahrbahn abzufedern.

Red Bull entdeckte die Schutz-Kids bei der Konkurrenz zuerst und beschwerte sich bei der FIA.
Red Bull entdeckte den Regelverstoß zuerst
Der jüngste Trick war, die Skid-Blocks, die für die Messung der FIA-Kontrolleure herangezogen werden, mit einem speziellen Schutz zu versehen. Das gilt vor allem für die Befestigungsschraube im hinteren Bereich der Bodenplatte. Dort wollen alle so tief wie möglich fahren, um Anpressdruck zu gewinnen. Aston Martin hatte offenbar von dem früheren FIA-Technikdirektor Tim Goss die Erlaubnis bekommen, die Schutz-Skids anzubringen.
Das nahmen auch andere Teams zum Anlass, Aston Martin zu kopieren. Rund 50 Prozent des Feldes glaubten hier, ein Schlupfloch im Reglement gefunden zu haben. Red Bull entdeckte die Reglementslücke bei den sogenannten Schutz-Skids zuerst und brachte sie bei der letzten Sitzung der Formel-1-Kommission zur Sprache. Zu den Teams, die besagte Schutz-Skids verwendet haben, zählen Ferrari, Mercedes, Haas, Aston Martin und Alpine. Auch Red Bull selbst ist davon betroffen, kann aber mit dem Verbot gut leben. Der Titelverteidiger erstattete quasi Selbstanzeige aus der Angst heraus, WM-Gegner McLaren könnte protestieren. McLaren hatte von vornherein auf diese Praxis verzichtet.

Die FIA handelte und verhängte für den GP Las Vegas eine neue Technische Direktive.
Welche Konsequenzen hat das Verbot?
Red Bull wies die FIA darauf hin, dass der Trick bei genauer Anwendung der Regeln illegal ist, und dass man mit einem Protest rechnen müsse, wenn es zu diesem Thema keine Klarstellung gibt. Und die kam dann auch prompt. Eine Woche vor dem GP Las Vegas erhielten alle Teams Post. In einer Technischen Direktive teilte die FIA mit, dass besagte Schutz-Skids nicht erlaubt sind. Diese Einschätzung gilt ab dem Rennen in Las Vegas. Ferrari hätte den Zeitpunkt gerne auf den GP Katar verlegt, konnte sich aber nicht durchsetzen.
Die betroffenen Teams haben nun ein Problem, das umso größer ist, wenn die Aerodynamik speziell auf extrem niedrige Bodenfreiheiten ausgelegt ist. Weil keiner riskieren kann, dass sich die Skid-Blocks zu stark abschleifen, müssen die entsprechenden Teams ihre Fahrzeughöhe in einen sicheren Bereich anheben. Ferrari scheint am meisten betroffen. In Maranello regt man sich über die Wankelmütigkeit des Verbandes auf. Die FIA hatte für die Nutzung der Schutz-Skids nach Einreichung der technischen Zeichnungen grünes Licht gegeben. Nun gilt das alles plötzlich nicht mehr.
Für viele Teams blieb kaum Zeit, sich auf die Konsequenzen der neuen Regelung einzustellen und entsprechende Windkanaltests durchzuführen. Ab sofort fährt wieder die Angst mit, dass sich die Bodenplatte samt Befestigungen zu stark abschleifen könnte. Und das könnte den einen oder den anderen Rundenzeit kosten, speziell auf Rennstrecken mit schnellen Kurven wie in Katar und Abu Dhabi. In Las Vegas sollten die Auswirkungen nach Einschätzung von Ingenieuren dagegen eher gering sein.