Die FIA hat sich in den letzten Jahren viel Kritik eingehandelt. Bei der Überwachung der Formel 1 produzierte der Weltverband immer wieder Negativ-Schlagzeilen. Mal waren es strittige Entscheidungen der Rennleitung, mal die nachlässige Kontrolle des Budget-Deckels oder Hauruck-Änderungen im Technischen Reglement (z. B. beim Thema Bouncing). Kaum ein Wochenende verging ohne Diskussionen im Fahrerlager.
Damit soll künftig Schluss sein. Ein gutes Jahr nach seinem Amtsantritt will FIA-Präsident Mohammed Ben Sulayem die Sportbehörde nun endlich in ruhiges Fahrwasser führen. Das Oberhaupt kündigte an, dass der Weltverband künftig mehr Geld und Ressourcen in seine Formel-1-Abteilung stecken will. Zudem wurde in den vergangenen Monaten eine grundlegende Umstrukturierung vorbereitet, deren Ergebnis am Mittwoch (18.1.) offiziell präsentiert wurde.
So übernimmt ab sofort Nikolas Tombazis die Leitung der Monoposto-Sparte beim Automobil-Weltverband. Der Grieche hatte bisher nur bei technischen Fragen den Hut auf. Künftig bekommt der Ingenieur die Gesamtverantwortung für die vier neuen Untersparten Sport, Finanzen, Technik und Strategie/Logistik übertragen, deren Direktoren ihm direkt unterstellt sind.

Nielsen wechselt die Seiten
Als Sportdirektor konnte die FIA Steve Nielsen verpflichten. Der Engländer ist schon seit 1987 in der Formel 1 tätig. In seinem Lebenslauf finden sich mit Lotus, Tyrrell, Benetton, Honda, Arrows, Renault, Caterham, Toro Rosso und Williams eine ganze Reihe von Rennställen. Zuletzt war Nielsen als Sportdirektor beim Formel-1-Management (FOM) unter Stefano Domenicali tätig.
Nach dem Seitenwechsel soll sich die FIA-Neuverpflichtung nicht nur um das sportliche Reglement, sondern vor allem um die Neustrukturierung der Rennleitung und des sogenannten "Remote Operations Centre" (ROC) kümmern. Hierbei handelt es sich um eine Überwachungsstation hinter den F1-Kulissen, die in Genf angesiedelt ist. Ähnlich wie beim Videobeweis im Fußball unterstützen FIA-Mitarbeiter an Rennwochenenden aus der Ferne die Schiedsrichter im Kontrollturm.
"Ich kann es kaum erwarten, mit der Arbeit zu beginnen", freute sich Nielsen auf seine neue Aufgabe. "Ich muss mich sowohl beim Präsidenten als auch bei Stefano Domenicali für das Vertrauen bedanken. Mir ist die besondere Herausforderung bewusst, die mit der Rolle als Regelhüter einhergeht. Ich habe in den vergangenen Jahren schon eng mit vielen FIA-Angestellten zusammengearbeitet und freue mich, die Herausforderungen gemeinsam mit ihnen anzugehen. Es liegt in unserer Verantwortung, diesen Sport sicher in die Zukunft zu führen."

Wer wird neuer F1-Rennleiter?
Präsident Ben Sulayem hatte zuletzt bereits angedeutet, dass er auch die F1-Rennleiter-Position neu besetzen will. Auf diesem Posten sitzt Niels Wittich nach dem Abgang von Eduardo Freitas nach dem GP Japan derzeit allein. Zu dieser Personalie machte die FIA in ihrem Statement aber noch keine konkreten Angaben. Im Fahrerlager gibt es nicht wenige, die Nielsen selbst für eine gute Wahl für den wichtigen Posten halten. Der Ingenieur hatte schon in seiner Position als FOM-Sportdirektor engen Kontakt zu den Teams und genießt großen Respekt in der Szene.
Nach der Beförderung von Tombazis zum Chef der Monoposto-Abteilung musste die FIA auch die Position des Technik-Direktors neu besetzen. Hier rückt der ehemalige McLaren-Entwicklungschef Tim Goss auf, der bereits 2021 zum Weltverband gewechselt war und zuletzt als rechte Hand von Tombazis arbeitete. Neuer Finanz-Direktor wird Federico Lodi, der bei der Ausarbeitung der Budget-Deckel-Regeln federführend an Bord war. Die Direktoren-Position in der neuen Strategie/Logistik-Abteilung übernimmt Ex-FIA-Sportchef Francois Sicard.
"Wir haben viel Zeit und Mühen aufgewendet, unser Formel-1-Team neu aufzustellen und die richtige Struktur mit den richtigen Personen zu füllen", kommentierte FIA-Präsident Ben Sulayem die Änderungen. "Mit der Beförderung von Mitarbeitern innerhalb unserer Organisation und der Verpflichtung von Fachwissen und Erfahrung von außen, befinden wir uns nun in der bestmöglichen Position, um zusammen mit unseren Partnern bei der FOM und den Formel-1-Teams einen Schritt nach vorne zu machen."
Die Frage lautet nun, wie das Formel-1-Management den personellen Verlust auffangen wird. Neben Nielsen war in der Winterpause auch Ross Brawn von Bord gegangen. Das ehemalige Ferrari-Superhirn verabschiedete sich in die wohlverdiente Rente.