Die Formel 1 ist ein exklusiver Club. Zehn Teams teilen sich den Kuchen auf. 2022 war es über eine Milliarde US-Dollar, die Eigentümer Liberty Media an sie ausschüttete. 2023 dürfte es noch mehr Geld sein. Und die Tendenz ist angesichts des weltweiten Booms um die Königsklasse des Motorsports steigend. Da würde der ein oder andere gerne partizipieren, was allerdings die Ausschüttung an bestehende Teams zunächst einmal schmälern würde.
Entsprechend ist die Skepsis unter ihnen groß, wenn sich neue Kandidaten anmelden. Das beste Beispiel ist Andretti. Der US-Rennstall würde gerne in die Formel 1 expandieren. Doch mit offensiven öffentlichen Bekundungen und Kritik eckte Andretti im Fahrerlager an. Nicht nur bei den Teams, sondern auch beim Formel-1-Management. Manche Beobachter sehen die Strahlkraft des Namens, andere trauen es dem US-Team nicht zu, ein Projekt auf Formel-1-Niveau zu stemmen. Für sie wäre Andretti kein Zugewinn, der den Markenwert und damit die Einnahmen deutlich anheben würde.

"Prozess der Interessensbekundung"
Es soll noch weitere Interessenten an einem Einstieg geben. Und denen öffnet die FIA ihre Tür zumindest einen kleinen Spalt. Präsident Mohammed Ben Sulayem verkündete auf Twitter, dass er seine Mannschaft darum gebeten habe, einen "Prozess der Interessensbekundung für angehende neue Teams" aufzugleisen. Das klingt zunächst einmal einladend, und Interessenten wie Andretti dürften es wohlwollend vernehmen, doch gewonnen ist damit noch nichts.
Wie die "BBC" noch im alten Jahre berichtete, soll ein Geschäftsmann aus Hongkong mit einem Einstieg in die Formel 1 kokettieren. Die Rede ist vom 1,7 Milliarden (laut Forbes) schweren Calvin Lo, der prüfen soll, ein Team ab 2026 an den Start zu bringen oder bei einem bestehenden einzusteigen. Auch in diesem Fall würde sich die Frage stellen, welchen Mehrwert er der Formel 1 bieten könnte. Darüber hinaus geht es um die langfristige Stabilität eines Projekts.
Einem großen Automobilhersteller würde die Formel 1 sicherlich sofort die Tür öffnen. Weil es die Aussicht auf eine Steigerung des Umsatzes deutlich verbessert. Und weil es mit großer Wahrscheinlichkeit die Qualität im Feld anheben würde. Das aufgebaute Franchise-System nach US-Vorbild soll durch quantitativen Zuwachs auf keinen Fall verwässert werden. Bei neuen Privatteams gäbe es bezüglich der Qualität mehr Zweifel.
Bei bestehenden F1-Teams einsteigen
Die FIA kann hier keine Alleingänge starten. In Kooperation mit dem Formel-1-Management müsste man zunächst einmal neue Plätze im Feld ausschreiben. Interessenten müssten zugelassen und dann durch den Bewerberprozess. Und bei einem möglichen Einstieg die festgeschriebenen 200 Millionen US-Dollar bezahlen. Ein oder zwei neue Teams würden dem Fahrermarkt sicherlich gut tun – und speziell der Nachwuchsförderung. Weil es die Chance für Talente erhöht, ein Stammcockpit zu finden.
Der Hype um die Formel 1 und die Deckelung der Budgets machen sie attraktiv. Man kann genau kalkulieren, was man pro Saison ausgibt, und inzwischen sogar ein Plus erwirtschaften, wenn man entsprechend weit oben in der Weltmeisterschaft abschließt und ausreichend Sponsoren an Bord hat. Die größte Hürde ist aber wohl die Infrastruktur. Eine Rennstall-Fabrik aus dem Boden zu stampfen, dauert Jahre und kostet Milliarden.
Deshalb suchen Interessenten nach Partnerschaften. Andretti wollte Sauber, blitzte aber ab. Audi kauft sich stattdessen beim Schweizer Rennstall ein, und kommt 2026 mit einem eigenen Motor. Honda hat sich ebenfalls für die neue Motorenformel ab 2026 eingeschrieben, um bei allen Meetings und weiteren Verhandlungen mit am Tisch zu sitzen. Auch der japanische Hersteller wird sich bei bestehenden Teams umsehen, sollte man 2026 tatsächlich wieder voll in die Formel 1 einsteigen wollen. Weil es der effektivste Weg ist.