FIA-Koordinator
Interview mit Laurent Meckies

Warum sind Sie von Toro Rosso zur FIA gewechselt?

Meckies: Das Angebot der FIA war eine große Chance für mich. Jean Todt wollte alle Sicherheits-Aktivitäten der FIA unter einem Hut wissen. Als FIA-Sicherheitsdirektor leite ich das Sicherheitsbüro in Genf, wo alle Fäden zusammenlaufen. Mein zweiter Job ist der des Direktors der Sicherheits-Forschung des FIA-Instituts. Ende September letztes Jahres habe ich die Seite gewechselt und bin von Toro Rosso zur FIA gegangen.

Was ist der größte Unterschied?

Meckies: Als Chefingenieur von Toro Rosso hast du dauernd mit Sicherheit zu tun. Du kennst die Rennstrecke, die Abläufe, das Auto. Damit bringe ich Praxiserfahrung für meinen neuen Job mit. Aber bei Toro Rosso war ich immer nur von Rundenzeit getrieben. Jetzt möchte ich dem Sport etwas zurückgeben und an den Sicherheitskampagnen teilhaben.

Wie sieht Ihre Aufgabe aus?

Meckies: Meine Hauptaufgabe ist es, die Ergebnisse der Forschungsgruppe in echte Anwendungen umzusetzen. In Genf haben wir dafür drei Abteilungen. Die medizinische Seite, die Rennstrecken-Homologation und die Ausrüstung für Fahrer und Autos, von HANS bis zum exportierbaren Sitz. Mir wird sicher nicht langweilig. Wir wollen die Resultate von der Forschung so schnell wie möglich in die Realität umsetzen. Ich erwarte nicht, dass ich oft an der Rennstrecke auftauche, sicher nicht in der Formel 1, die in dieser Hinsicht genügend Experten hat. Meine Rennstreckenbesuche werden sich darauf beschränken, mich in Realität von neuen Sicherheitsmaßnahmen zu überzeugen.

Wie haben Sie als Ingenieur eines Teams die Sicherheitsanbforderungen der FIA gesehen?

Meckies: Die Teams haben viele Sicherheitsaspekte selbst mit angeschoben, weil sie im täglichen Leben damit zu tun haben, und besser über die Belastungen eines Autos Bescheid wissen. Zum Beispiel wie der Fahrer im Auto integriert wird. Du denkst dabei auch darüber nach, ihn so reinzusetzen, dass er bei einem Unfall so sicher wie möglich sitzt.

Wie läuft das mit den Crashtests ab?

Meckies: Bevor du das fertige Auto in der Fabrik siehst, muss jedes Team die Crash- und Belastungstests bestehen. Erst wenn der Test am Monocoque geschafft ist, wird es bearbeitet. Parallel dazu baust du ein zweites Chassis auf, für den Fall, dass der erste Test nicht bestanden wird. Inzwischen darf ein Team nicht mal testen, bevor das Chassis nicht homologiert ist.

Wie groß war der Sicherheitsaufwand bei Toro Rosso?

Meckies: Bei ToroRosso haben sich rund 15 Ingenieure um die Sicherheit des Autos gekümmert.

Können Sie sich an einen Moment erinnern, an dem Sie froh über Sicherheits-Features waren?

Meckies: Zum Beispiel bei einem Unfall von Bourdais bei einem Barcelona-Test in Kurve 9. Er ist unverletzt ausgestiegen. Das Auto war zerstört. Deshalb sind im Team alle sensibilisiert, nach jedem Unfall Erkenntnisse zu sammeln, um etwas zur Verbesserung der Sicherheit beizutragen.

Wie kann die FIA von Ihren Erfahrungen profitieren?

Meckies: Meine Erfahrung von der Teamseite kann der FIA helfen, weil ich weiß, wie die Teams denken und wie sie Regeln interpretieren. Die Formel 1 ist speziell. Andy Mellor und Charlie Whiting sind ein eingespieltes Team, das im Rahmen der Technischen Arbeitsgruppe sehr gut funktioniert und kurze Entscheidungswege hat. Mein Job betrifft mehr die anderen Serien. Auf dem Gebiet muss ich lernen, sei es Rallyeautos oder die Sportwagen-WM. Ich gehe da unvoreingenommen an die Sache heran. Der Präsident will, dass wir unsere Erfahrungen aus den Top-Klassen des Motorsports auf nationale Rennserien übertragen. Je weiter du in der Leiter runtersteigst, umso mehr Verletzte und Tote gibt es. Weil da die Standards geringer sind, und weil es weniger Informationen über die Unfälle im einzelnen gibt. Da liegt für mich die große Herausforderung.

Wie stellen Sie sich den Aufbau der Unfall-Datenbank für nationale Rennveranstaltungen vor?

Meckies: Die nationalen Clubs sollen uns über alle Unfälle berichten und so weit wie möglich mit Daten versorgen. Über den Verlauf, die Verletzungen und wenn möglich auch die Kräfte, die auf Auto und Fahrer eingewirkt haben. Unser Ziel ist es, jedes Auto mit einem Accident Data Recoder (ADR) auszustatten. Die erste Aufgabe ist es, einen ADR zu entwickeln, die auch für Privatfahrer bezahlbar ist. Wenn wir die Unfälle verstehen, sind wir auch in der Lage den Fahrer besser zu schützen, um das Auto zu verstärken oder die Ausrüstung zu optimieren.

Wo liegen da die größten Hindernisse?

Meckies: Auf nationalem Level können wir bis jetzt nicht vorschreiben, dass die Fahrer oder Teams bestimmte Sicherheits-Levels einhalten. Aber wir arbeiten eng mit den nationalen Verbänden zusammen, und es ist unsere Aufgabe sie zu überzeugen, wie wichtig Sicherheit ist. Unser Argument ist: Die Hauptserien im Motorsport sind so sicher, weil alle Autos mit einem ADR ausgerüstet sind.