MISSING :: structure.inactiveTabOverlay
{"irCurrentContainer":"24674934","configName":"structure.inactiveTabOverlay"}
MISSING :: ads.vgWort
{"irCurrentContainer":"24674934","configName":"ads.vgWort"}

FIA Budget-Cap Auswertung 2021
Fragen und Antworten zum Fall Red Bull

Die FIA hat das Ergebnis der Buchprüfung für die Formel-1-Saison 2021 veröffentlicht. Red Bull fällt durch. Der Rennstall von Weltmeister Max Verstappen hat zu viel Geld ausgegeben. Der Weltverband sagt aber nicht, um welche Summe es sich handelt und welche Strafe ausgesprochen werden soll.

Max Verstappen - Red Bull - Formel 1 - GP Belgien - Spa-Francorchamps - 26. August 2022
Foto: Wilhelm

Es dauerte bis zum Montag nach dem GP Japan. Dann machte die FIA endlich öffentlich, was seit dem GP Singapur bereits durchs Fahrerlager geisterte. Drei Teams haben gegen die Finanzregeln in der letzten Formel-1-Saison verstoßen. Bei Williams war der Fall schon seit Monaten bekannt. Das Team aus Grove hatte die Finanz-Dokumente zu spät eingereicht. Die FIA sprach eine Strafe von 25.000 US-Dollar aus.

Auch Aston Martin wird ein Verfahrensfehler vorgeworfen. Die Finanz-Regeln der FIA sehen in einem solchen Fall eine Geldstrafe vor. Das Strafmaß wurde noch nicht verkündet. Das wäre am Montag (10.10.) nur passiert, wenn der Beschuldigte klaglos akzeptiert hätte.

Unsere Highlights

Das gilt genauso für den Fall Red Bull, der die größte Aufmerksamkeit erregt. Schließlich wurde Max Verstappen im Vorjahr erstmals Weltmeister. 2021 galt in der Formel 1 zum ersten Mal überhaupt eine Budgetobergrenze. Maximal war es den Teams erlaubt, in 22 Grand Prix 148,6 Millionen US-Dollar auszugeben.

Die FIA wirft Red Bull sowohl Verfahrensfehler als auch eine Überschreitung der Maximalgrenze vor. Der Rennstall aus Milton Keynes hat laut den Buchprüfern zu viel Geld ausgegeben. Red Bull bestreitet das. Man habe sich innerhalb der vom Regelwerk vorgeschriebenen Grenzen bewegt. Wir geben die wichtigsten Antworten zum großen Streitfall.

Red Bull Fabrik - Milton Keynes - 2021
Red Bull
Wie viel Geld wurde in Milton Keynes 2021 für die Entwicklung der Autos ausgegeben?

Was sagt die FIA?

Die FIA-Buchprüfer haben sich in den letzten Monaten durch die Unterlagen der Teams gewälzt. Sie überprüften die Finanzen mit Abschluss des Geschäftsjahrs am 31.12.2021. Das Ergebnis: Die sogenannte Cost Cap Administration stellt für sieben von zehn Teams ein Zertifikat aus, die die Finanzregeln eingehalten haben. Williams, Aston Martin und Red Bull haben das nicht in der geforderten Form getan.

Der Fall Williams ist abgehandelt. Über Aston Martin und Red Bull wird noch verhandelt. Das Weltmeister-Team soll einen geringfügigen Verstoß (Minor Overspend Breach) begangen haben. Das wäre ein Überzug von bis zu fünf Prozent. Die Spanne reicht von einem Dollar bis 7,4 Millionen Dollar. Die FIA macht dazu keine Angaben.

In ihrer Veröffentlichung weist die FIA daraufhin, dass alle Teams den Prozess der Buchprüfungen unterstützt haben. Alle gewährten die notwendigen Einblicke. Alle hätten kooperiert und zu jeder Zeit in gutem Glauben gehandelt. Diese Zeilen sind sehr wichtig. Sie geben einen Hinweis, wie die Strafe ausfallen könnte. Spricht für ein mildes Urteil. Würde ein Team die Aufseher absichtlich hinters Licht führen, drohen nämlich drakonische Strafen. Das ist nicht passiert.

Die FIA weist noch daraufhin, dass sich die Intervention der Cost Cap Administration "auf die Überprüfung der Eingaben der Teilnehmer beschränkt hat und dass keine vollständigen formellen Untersuchungen eingeleitet wurden". Man bestimme derzeit die geeignete Vorgehensweise, wie mit Red Bull und Aston Martin zu verfahren sei.

Mohammed bin Sulayem - Christian Horner - Adrian Newey - GP Ungarn 2022 - Budapest
xpb
Red Bull sieht sich zu Unrecht beschuldigt. In einem Statement zeigte sich das Team enttäuscht über die FIA-Auswertung.

Was sagt Red Bull?

Das Weltmeister-Team legte schriftlich dar, dass man überrascht und gleichzeitig enttäuscht sei. Die bei der FIA eingereichten Unterlagen würden offenlegen, dass man unterhalb der Budgetobergrenze geblieben sei. Klar ist: Ein Rennstall wie Red Bull lässt seine Dokumente von Top-Wirtschaftsprüfern absegnen.

Zwischen der FIA und Red Bull gibt es in mehreren Punkten Uneinigkeit, wie es heißt. Red Bull ist nach eigener Rechnung ein paar Millionen US-Dollar unter dem Budget Cap geblieben. Wie kann es sein, dass die Prüfer auf ein anderes Ergebnis kommen? Die FIA interpretiert einige der angeführten Posten anders. Sie rechnet sie in den Budget Cap rein, und Red Bull raus. Es soll zum Beispiel um Gehälter im Krankheitsfall gehen. Red Bull soll sie ausgesetzt haben – und ergo nicht in den Budget Cap verrechnet haben.

Die drei Topverdiener eines jeden Teams werden vom Budget Cap ausgenommen. Zwischendurch hieß es, Red-Bull-Designguru Adrian Newey wäre keiner dieser drei. Red Bull würde ihn über einen Berater-Vertrag anstellen, und dadurch nicht mit einrechnen. So könnte Red Bull einen anderen Topingenieur unter die Ausnahmen packen, und Geld sparen.

Als Chief Technical Officer leistet Newey aber einen entscheidenden Beitrag zur Fahrzeugentwicklung. Red Bull bestreitet die Gerüchte. Newey gehöre zu den drei Topverdienern – und ist damit vom Budget Cap ausgenommen. Bei Sportchef Helmut Marko soll das anders sein. Das Team soll ihn nicht mit einbeziehen.

Offenbar hat Red Bull nachträglich noch eine Steuergutschrift erhalten, die man nicht direkt in die Angaben von 2021 einfließen ließ. Wie auch? Man konnte nicht wissen, wie viel man zurückerstattet bekommt.

Toto Wolff & Mattia Binotto - GP Aserbaidschan 2022
Carl Bingham
Bei Ferrari und Mercedes fordert man eine harte Strafe. Auch eine verhältnismäßig kleine Überschreitung habe große Auswirkungen auf die Performance.

Was sagt die Konkurrenz?

Durch das Fahrerlager waberten Zahlen, die von einem Verstoß zwischen acht und zehn Millionen US-Dollar sprachen. Das wäre in die Kategorie eines kapitalen Bruchs der Finanzregeln gefallen. Dem ist nicht so. Es handelt sich nur um einen geringfügigen Verstoß, wie die FIA offiziell angibt. Nur muss man mit gesundem Menschenverstand aber in Anführungszeichen setzen.

Die FIA und die Teams haben sich da eine Grube gegraben. Theoretisch konnte man 2021 bis zu 7,4 Millionen US-Dollar mehr ausgeben – und es wird trotzdem als "Minor Breach" behandelt. Das ist ein schlechter Witz. Mit so viel Geld kann man ein Auto über die ganze Saison entwickeln. Und selbst mit einer halben Million oder einer Million kann man schon viel anstellen.

Ein neuer Frontflügel kostete unter den alten Regularien beispielsweise 100.000 Euro. Genauso viel wurde in etwa für den Bau eines Unterbodens veranschlagt. Ein Heckflügel lag bei 65.000 Euro. Jeder Cent, der in Weiterentwicklungen gesteckt wird, kann Performance bringen. Jede Millisekunde kann entscheiden. Gerade in einem Kopf-an-Kopf-Rennen, wie es Red Bull und Mercedes im Vorjahr ausfuhren.

Entsprechend fordert die Konkurrenz eine harte Bestrafung – selbst wenn der Budget-Überzug nicht so hoch ausgefallen sei. Mercedes und Ferrari führen an, dass Red Bull nicht nur einen Vorteil für 2021 hatte, sondern auch für die Jahre danach. Wer mehr Geld ausgab, konnte auch mehr parallel entwickeln.

Die Topteams hatten sich mit der Einführung einer Kostenobergrenze gesundschrumpfen müssen. Es mussten Stellen abgebaut werden. Mercedes gibt an, dass über 40 Mitarbeiter arbeitslos wurden. Red Bulls Teamchef Christian Horner sprach von rund 90 Mitarbeitern.

Nicht nur Mercedes und Ferrari fordern von der FIA eine harte Hand. Auch die anderen Teams tun es. Man selbst habe Personal abbauen oder Gehaltskürzungen vornehmen müssen. Red Bull würde konkurrenzlose Gehälter aufrufen, und mit Extra-Leistungen wie vergünstigten Leasing-Autos aufwarten. Auch das zählt zum Budget Cap.

Red Bull Windkanal
Red Bull
Der Strafenkatalog bietet viele Möglichkeiten. Am Wahrscheinlichsten ist der Abzug von Entwicklungsbudget und Windkanalzeit für die Saison 2023.

Was könnte die Strafe sein?

Die FIA und Red Bull könnten sich einigen und den Fall zu den Akten legen. Das ist offenbar nicht passiert. Der Fall wird also an das "Cost Cap Adjudication Panel" weitergeleitet. Es besteht aus sechs bis zwölf Richtern, die von der FIA-Generalversammlung bestimmt werden. Eine leichte Überschreitung des Budgetdeckels kann wie folgt bestraft werden:

  • eine öffentliche Verwarnung
  • Abzug von Punkten in der Konstrukteurs-Weltmeisterschaft
  • Abzug von Punkten in der Fahrer-Weltmeisterschaft
  • Ausschluss von einem oder mehreren Rennen
  • Beschränkungen bei der aerodynamischen Entwicklung (Windkanal, CFD) oder Reduktion des Cost Caps.

Die Wortwahl der FIA spricht dafür, dass es zu keiner drakonischen Strafe kommt. Max Verstappen dürfte seinen WM-Titel behalten. Red Bull hatte in der Teamwertung einen großen Puffer zu Ferrari. Ein Punktabzug müsste da schon gewaltig ausfallen, damit Platz zwei in Gefahr gerät.

Eine Möglichkeit, die im Fahrerlager aufgebracht wurde: Man sollte Red Bull den überschrittenen Betrag vom Budget Cap 2023 abziehen. Und die Summe verdoppeln. Also bei einem Überzug von einer Million zwei abziehen.

Und obendrauf noch die Windkanalzeit reduzieren – analog zum errechneten Zeitgewinn. Wenn eine Million beispielsweise zwei Zehntel versprechen, sollte man die Entwicklungszeit im Windkanal entsprechend abziehen.

Wie lange kann der Fall dauern?

Das kann sich hinziehen. Red Bull wird sich jetzt erstmal den FIA-Bericht genau anschauen. Im Statement des Teams heißt es: "Unser Glaube bleibt, dass alle relevanten Kosten unter dem Budget Cap von 2021 liegen." Man verweist darauf, dass es einen von der FIA aufgegleisten Prozess gäbe, den man befolgen werde – egal, welche Spekulationen es von der Konkurrenz auch geben mag. Zum Schluss schildert Red Bull, dass man sich alle Optionen offenhält.

Die große Frage: Wie sattelfest ist das FIA-Finanzreglement? Gibt es Schlupflöcher oder nicht? Was wäre im Fall eines Zivilprozesses? Schon im Laufe des letzten Jahres wurde im Fahrerlager oftmals mit der Stirn gerunzelt: Die Teams stöhnten, welch Kraftakt es sei, unter die Obergrenze zu schlüfen. Besonders für die drei Großen: Mercedes, Ferrari und Red Bull. Aber auch für Rennställe der Größe von McLaren, die ebenfalls abbauen mussten. Gleichzeitig fragte man sich, wie die FIA das alles kontrollieren möge.

Das hier ist die große Bewährungsprobe für den Weltverband. Ein zu hartes Urteil könnte einen Gerichtsprozess mit Red Bull nach sich ziehen. Eine Schlammschlacht will niemand. Ein zu mildes würde die Idee des Budgetdeckels verwässern. Dann könnten sich andere Teams eingeladen fühlen, in Zukunft ebenfalls bis zu fünf Prozent zu überziehen. Leisten könnten sich das nur die Großen. Teams wie Alfa-Sauber, Haas, Alpha Tauri und Williams nicht. Selbst ein Werksteam wie Alpine will das nicht. Die Franzosen stellten sich als einzige in dieser Saison gegen den Inflationszuschlag.

Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 21 / 2024

Erscheinungsdatum 26.09.2024

148 Seiten