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Ferrari wartet auf die nächste Anomalie
Fahrer so wichtig wie der Windkanal

Groundeffect-Autos haben ihre Launen. Die Entwicklung ist nie geradlinig. Immer wieder kommt es zu Anomalien im Windkanal. Deshalb ist das Feedback des Fahrers gefragter denn je.

Charles Leclerc - Formel 1  - GP Singapur 2024
Foto: xpb

Ferrari präsentierte in Singapur seinen vierten neuen Frontflügel in diesem Jahr. Es war keine streckenspezifische Version, sondern ein neues Konzept, das die Basis für die nächsten Spezifikationen sein soll. Die Änderungen zum alten Flügel sind optisch minimal, der Ansatz aber ein anderer.

Die zwei oberen Flaps lenken die Strömung mehr nach innen. Das soll helfen, den Heckflügel besser anzuströmen und so mehr Abtrieb gewinnen. Damit lässt sich der Ferrari SF-24 besser ausbalancieren. Ingenieur Jock Clear erklärt: "Auf Strecken, die maximalen Anpressdruck verlangen, waren wir mit der Balance immer ein bisschen limitiert."

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Der Frontflügel ist aus Sicht der Aerodynamiker immer noch ein wichtiges Element, auch wenn seit zwei Jahren viel mehr Entwicklungsarbeit in den Unterboden gesteckt wird. Man dürfe die Bedeutung des Frontflügels nicht unterschätzen, auch wenn ihn die Regeln viel mehr einschränken als bei der Fahrzeuggeneration vor 2022. "Am Frontflügel trifft die Luft zum ersten Mal auf das Auto. Er bestimmt deshalb, was weiter hinten passiert. Der Heckflügel muss sein ganzes Leben lang mit der Strömung leben, die der Frontflügel festlegt", philosophiert Clear.

Ferrari - Formel 1 - GP Singapur - 19. September 2024
ams

In Singapur brachte Ferrari einen neuen Frontflügel.

Die Korrektur des Barcelona-Pakets

Ferrari hat mit seinem jüngsten Entwicklungsschritt auf klassischem Weg versucht, den Abtrieb vorne und hinten besser zu koordinieren. Vom Unterboden ließ man die Finger. Die letzte Modifikation am heikelsten Teil des Groundeffect-Konzepts kam in Monza ans Auto. Sie sollte das korrigieren, was mit der Unterboden-Spezifikation von Barcelona schiefgelaufen war.

Clear gibt zu, dass man da vom rechten Weg abgekommen war. So wie das Red Bull in Imola und Mercedes möglicherweise in Spa passiert ist. Auf dem Papier hätten alle drei Entwicklungen eigentlich schneller sein müssen. Die Ingenieure konnten am fahrenden Auto auch mehr Abtrieb messen, so wie es die Simulation und der Windkanal versprochen hatten. Doch dieser Abtrieb war nicht stabil.

Die Diskrepanz zwischen Windkanal und Realität ist etwas, das bei Groundeffect-Autos immer wieder auftritt. "Wir sehen von Zeit zu Zeit diese Anomalien und warten schon auf die nächste", räumt Clear ein. Er weiß, dass sie irgendwann wieder auftreten wird. Das liegt laut dem Engländer in der Natur der Sache. "Solange der Boden von der Straße genügend weit weg ist, dann ist es relativ einfach eine gute Korrelation zwischen Windkanal und Strecke zu finden. Da wir aber so knapp über der Straße fahren, ist eine hundertprozentige Genauigkeit fast unmöglich. Der maximale Abtrieb wird in einem Fenster von fünf Millimetern erzeugt."

Carlos Sainz - Charles Leclerc - Ferrari - Formel 1 - GP Monaco - 25. Mai 2024
xpb

Das Feedback der Piloten Carlos Sainz (links) und Charles Leclerc (rechts) ist für die Weiterentwicklung des SF-24 wichtig.

Daten werden anders interpretiert

Wenn der Unterboden von Monza in der Realität besser funktioniert als der von Barcelona, dann heißt das nicht, dass Ferrari den Windkanal verbessert hat. "Unsere Werkzeuge sind nicht besser als sie es vor Barcelona waren", beteuert Clear. "Aber wir verstehen gewisse Dinge besser und interpretieren die Daten aufgrund der Erfahrungen, die wir mit dem Barcelona-Boden gemacht haben, anders."

Der Simulator kann immer nur so gut sein, wie die Daten, mit denen er gespeist wird. Und die kommen vom Windkanal. Bestimmte Phänomene wie das Bouncing lassen sich weder im Windkanal noch im Simulator darstellen. Noch nicht. Die Teams arbeiten fieberhaft daran, Modelle für das Pumpen des Autos zu entwerfen. "Bouncing ist immer das Resultat von zu viel Abtrieb. Es kommt darauf an, wie man sich dieser Grenze nähert", erzählt der 61-Jährige.

Weil sich im Windkanal nicht alle Fahrsituationen simulieren lassen, ist jetzt der Fahrer wieder mehr gefragt. "Abtrieb bringt nur etwas, wenn er stabil ist. Das gibt dem Fahrer Vertrauen ins Auto, und umso mehr traut er sich am Limit zu fahren", doziert Clear.

Ferrari hat seit Zandvoort 2023 damit begonnen, Anpressdruck nutzbarer zu machen. "Bei diesem Prozess ist das Feedback des Fahrers wichtiger denn je, weil er Dinge spürt, die wir im Windkanal nicht sehen können. Vertrauen lässt sich nicht in ein Rechenmodell gießen", bedauert der Mann, der das, was die Fahrer berichten, in die Sprache der Ingenieure übersetzt.

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