Barcelona-Wende: Profitiert Ferrari von Frontflügel-Regel?

Ferrari-Wende in Barcelona
Wird der Frontflügel ein Gamechanger?

GP Monaco 2025
Zuletzt aktualisiert am 27.05.2025

McLaren-Teamchef Andrea Stella wusste es schon am Freitag vor dem ersten Training in Monaco. "Ferrari ist hier ein Siegkandidat." Zu diesem Zeitpunkt hätte sich sein Ferrari-Kollege Frédéric Vasseur diese Aussage noch nicht zugetraut. Erst recht nicht Hausherr Charles Leclerc: "Wir dachten, dass uns Monte-Carlo mit seinen langsamen Kurven nicht liegt. Insgeheim hofften wir, dass es so läuft wie 2021. Da hatten wir auch nicht das beste Auto, sind aber in Monte-Carlo auf die Pole-Position gefahren."

Nach drei Bestzeiten in den freien Trainingssitzungen stiegen bei Ferrari die Ansprüche. Als Leclerc dann die Pole-Position um 0,111 Sekunden verfehlte, sprach man von Ferrari von einer Enttäuschung. "Als wir hier herkamen, dachte ich, dass ein Platz in den Top Ten eine Herausforderung sein würde. Dann haben wir knapp die Pole-Position verfehlt und damit auch den Sieg verschenkt. Gemessen an unseren ursprünglichen Erwartungen, war es ein gutes Wochenende. Und trotzdem ärgert es mich, nicht gewonnen zu haben."

McLaren änderte im Q3 plötzlich seine Taktik, fuhr im zweiten Versuch zwei schnelle Runden, mit einer Abkühlphase dazwischen. Ferrari verzichtete darauf, obwohl man zuletzt auf gebrauchten Reifen besser war als auf neuen.

Vasseur sah darin nicht den entscheidenden Nachteil bei der Schlacht um die Bestzeit: "Wenn du so etwas machen willst, musst du dein ganzes Programm vom Freitag weg darauf einstellen. Wir hatten eher den Medium-Reifen als Alternative im Auge. McLaren war einfach sehr schnell. Sie sind schon in der ersten Push-Runde 1.10,1 Minuten gefahren. Und das mit Benzin für drei Runden an Bord."

Charles Leclerc - Ferrari - Formel 1 - GP Monaco 2025
xpb

Bodenwellen und Randsteine helfen

Die Regel, dass der Ferrari SF-25 in langsamen Kurven nicht funktioniert, schien plötzlich nicht mehr zu gelten. Dabei hatte Ferrari außer einem größeren Heckflügel nichts im Gepäck, was die wundersame Wandlung erklärt hätte.

Leclerc schloss daraus: "In Monte-Carlo gibt es mit einer Ausnahme nur langsame Kurven. So konnten wir uns bei der Abstimmung komplett darauf fokussieren, ohne viele Nachteile an anderen Stellen in Kauf nehmen zu müssen."

Tatsächlich verloren die Ferrari-Fahrer ihre Zeit nur zwischen der Tabakkurve und der Schwimmbad-Sektion. Der Monaco-Sieger des Vorjahres lieferte noch eine zweite Erklärung: "Die Strecke hat viele Bodenwellen und du musst viel über die Randsteine. Das kann unser Auto. Möglicherweise hat das unsere anderen Schwächen kompensiert."

Lewis Hamilton - Ferrari - GP Monaco 2025 - Monte Carlo - Formel 1
Zak Mauger via Getty Images

Andere langsame Kurven

Interessant war die Aussage von Vasseur zu dem vermeintlichen Wunder. "So ganz verstehen wir es auch nicht. Es könnte damit zu tun haben, dass die langsamen Kurven von Monte-Carlo anders sind als die langsamen Kurven anderswo. Sie sind sehr langsam."

Noch entscheidender ist, dass sich Ferrari wegen der relativ geringen Geschwindigkeit kaum Sorgen um die zu starke Abnutzung der Schutzplanke machen musste und deshalb die Bodenfreiheit fahren konnte, die man für ideal hielt. "Wir haben hier weniger Bodenkontakt. Das hilft auch", gab Vasseur zu.

Der Franzose gibt zu, dass man im ersten Saisondrittel trotz des Formanstiegs in Monte-Carlo weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist. Es sieht so aus, als wäre Ferrari in die gleiche Falle getappt, in die man schon 2023 fiel. Im Bestreben, die Schwachstellen des Vorjahres abzustellen, haben die Ingenieure überdreht und aus den alten Stärken Schwächen gemacht. Jetzt ist man gut in schnellen Kurven, doch da gewinnt man weniger Zeit als in langsamen.

Lando Norris - McLaren - Formel 1 - GP Monaco 2025
Andrej Isakovic via Getty Images

McLaren mit der Bodenfreiheit rauf

McLaren machte es besser. Die Papaya-Rennen verloren 2024 ihre Zeit in den langsamen Passagen. Die sind jetzt die Stärke des Autos. Aber ohne am anderen Ende viel aufzugeben. Man ist zwar in den schnellen Kurven nicht so schnell wie Red Bull und nicht besser als Ferrari, aber dafür im Gesamtpaket. Stella lässt tief blicken: "Wir können den maximalen Abtrieb jetzt mit etwas mehr Bodenfreiheit fahren als im letzten Jahr." Das ist bei diesen Autos gleichbedeutend mit mehr mechanischem Grip.

Die McLaren sind in aller Regel besser ausbalanciert als ihre Gegner. Das schreibt die Konkurrenz dem Frontflügel zu, der sich so verbiegt, dass die Aerobalance mit zunehmender Last von vorne nach hinten wandert. Wenn nun in Barcelona steifere Frontflügel Pflicht sind, müsste McLaren am meisten verlieren, hoffen die Gegner.

McLaren erteilt den Träumern eine Absage: "Wir haben keine Angst vor den neuen Belastungstests. Für uns wird sich nichts ändern", verspricht Stella. Sein Kollege Vasseur dagegen glaubt: "Die neue Regel kann ein Gamechanger sein." Vasseur rechnet so: Ferrari war bei der Entwicklung dieser Biegeflügel am konservativsten. Also hat man auch am wenigsten zu verlieren. Toto Wolff will die Vasseur-Theorie nicht von der Hand weisen. "Vielleicht verliert ja der Ferrari tatsächlich weniger als die anderen Autos."