Die nächsten beiden Grands Prix werden ein Fingerzeig sein, wie der Rest der Saison läuft. Spa bietet Hochgeschwindigkeits-Kurven und lange Vollgas-Passagen. Der Hungaroring verlangt das Gegenteil von den Autos. Viele mittelschnelle Kurven mit langen Radien. Der McLaren kann beides. Er ist der beste Allrounder im Feld.
Die Gegner starten noch vor der Sommerpause einen letzten großen Angriff auf den WM-Spitzenreiter. Red Bull mit einem Aero-Paket, bei dem es schon um Sein oder Nichtsein geht. Ferrari mit einer neuen Hinterachse, die die letzte Unterboden-Spezifikation optimal nutzen soll. Auch für Ferrari geht es um viel. Der Traditionsrennstall hat zwar den zweiten Platz in der WM zurückerobert, doch für den Wohlfühlfaktor der Chefetage in Maranello wäre es gut, wenn Ferrari endlich auch ein paar Rennen gewinnt.
Die neue Hinterachse soll die Aerodynamik-Plattform so gut wie möglich in dem Fenster halten, in dem sie stabil den meisten Abtrieb liefert. Die letzte Unterboden-Spezifikation, die in Österreich debütierte, hat sich bereits bewährt. Das aerodynamische Fenster wurde etwas vergrößert. Das Upgrade macht das Auto berechenbarer und gibt den Fahrern mehr Vertrauen. In Spielberg fuhr Charles Leclerc in die erste Startreihe und aufs Podest. In Silverstone hatten beide Fahrer den Speed für die erste Reihe. Wegen individueller Fehler wurde die dritte daraus.

Die neue Hinterachse, die ihr Debüt in Spa feiern soll, ist das letzte große Ferrari-Upgrade der Saison.
Das Geheimnis der Hinterachse
Mit der Hinterachse folgt Ferrari dem jüngsten Trend. Das Heck des Autos soll beim Beschleunigen nicht zu tief einsinken und beim Bremsen nicht stark aus den Federn kommen. Zu tief und zu hoch bedeutet Abtriebsverlust. Zu viel Bodenkontakt bei Last auf der Hinterachse nutzt die Befestigungsplatten im Unterboden zu stark ab. Mit der Gefahr einer Disqualifikation. Dieser Zwiespalt bremste die Ferrari in der ersten Saisonhälfte.
Charles Leclerc gab in Silverstone den Optimisten. "Wir verbessern das Auto Schritt für Schritt, sind aber noch nicht dort, womit wir glücklich sein können. Aber wir befinden uns mit der Entwicklung wieder auf dem richtigen Weg. Der neue Unterboden war ein Fortschritt. Und der nächste Schub neuer Teile wird uns näher an McLaren heranbringen. Ich glaube nicht, dass wir sie einholen, aber wir können nah genug hinkommen, um sie unter Druck zu setzen."
Auch Lewis Hamilton spürt die jüngsten Verbesserungen. "Ich taste mich langsam an diesen Ferrari heran. Die nächsten Neuentwicklungen geben uns Hoffnung, dass wir bald schon einen weiteren Schritt machen können."

Die neue Hinterrad-Aufhängung soll den Ingenieuren mehr Freiheit bei den Setup-Einstellungen geben.
Hamilton will einen Hamilton-Ferrari
Das erhofft sich Hamilton auch von sich selbst. Er freundet sich in kleinen Schritten immer mehr mit seinem SF-24 an. In den letzten vier Rennen stand der 40-jährige Engländer drei Mal vor seinem Teamkollegen in der Startaufstellung. Und er holte wie Leclerc 40 Punkte. Nur das erste Podium fehlt noch.
Der Rekordsieger will mehr. Deshalb gab es zuletzt auch unterschiedliche Meinungen zur Strategie. "Ich will nicht als Vierter starten und als Vierter ins Ziel kommen. Wir sind oft in einer Situation, wo wir gefahrlos eine andere Taktik ausprobieren könnten." Hamilton fügte hinzu, dass man auf einem guten Weg sei, die Kommunikation zwischen Fahrer, Kommandostand und Ingenieuren zu verbessern.
Dass es im Qualifikationsduell immer noch 8:4 und nach Punkten 119:103 für Leclerc steht, ist natürlich ein Stachel in der Seele des siebenfachen Weltmeisters. Hamilton begründet es so: "Charles hat seinen Weg und sein Setup gefunden, wie das Auto am besten funktioniert. Ich habe alle möglichen Richtungen probiert, aber noch nicht das gefunden, was ich suche. Deshalb will ich jetzt sicherstellen, dass mir das nächstes Jahr nicht wieder passiert. Ich will, dass der 2026er-Ferrari zum Teil auch meine DNA in sich trägt."