Der Samstag von Imola brachte für Ferrari die maximale Ohrfeige. Beide Fahrer raus im Q2 mit den Startplätzen 11 und 12 als Resultat. Am Sonntag präsentierten sich die roten Autos, wie verwandelt. Lewis Hamilton und Charles Leclerc lieferten ihre übliche Aufholjagd und kamen als Vierter und Sechster ins Ziel. Mit besseren Startplätzen hätte es vielleicht sogar zum Podium gereicht. Hamilton fehlten im Ziel nur 1,4 Sekunden auf Oscar Piastri.
Der Wandel vom Saulus zum Paulus zieht sich durch die ganze Saison. "Unser Auto ist nicht so gut wie der McLaren. Aber wir sind besser als die Ergebnisse zeigen. Unser Problem ist die Qualifikation. Der Rennspeed stimmt. Aber mit schlechten Startplätzen machen wir uns das Leben am Sonntag selbst schwer", ärgert sich Teamchef Frédéric Vasseur.
Die Schwäche auf einer schnellen Runde und die guten Dauerlaufeigenschaften hängen ganz offensichtlich zusammen. Der Ferrari SF-25 bringt seine Reifen nicht schnell genug in sein Arbeitsfenster. Sind sie mal drin, halten die Reifen länger als bei der Konkurrenz. McLaren mal ausgenommen. Ferrari leidet selbst im Verkehr weniger als andere. Hamilton und Leclerc mussten in Imola auf ihrem Weg nach vorne fünf respektive acht Autos überholen und waren im Schnitt ihrer Rundenzeiten nicht viel langsamer als die Spitze.

Ferrari tut sich schwer, frische Reifen im Qualifying auf Temperatur zu bekommen.
Mit alten Reifen schneller als mit neuen
Die Tendenz, dass Ferrari im Rennen besser ist als in der Qualifikation, lässt sich seit dem ersten Rennen beobachten. Seit Miami kommt eine neue Dimension dazu. Ferrari fährt am Samstag auf gebrauchten Reifen schneller als auf neuen. Vasseur sieht einen Zusammenhang: "Wir sind in Miami und Imola sehr weiche Reifenmischungen gefahren und die generelle Abnutzung der Reifen war auf beiden Strecken sehr gering."
Es ist in den Qualifikationsrunden grundsätzlich so, dass Hamilton und Leclerc ihre Zeit im ersten Sektor, manchmal sogar in den ersten Kurven verlieren und im Rest der Runde so gut sind wie die Konkurrenz. Das würde dafür sprechen, dass es zu lange dauert, bis die Temperatur in den Reifen kommt.
Auf den weicheren Gummimischungen kommt hinzu, dass sich bei frischen Reifen die oberste Gummischicht mehr bewegt. Das reduziert die Seitenstabilität und raubt dem Fahrer Vertrauen. Ist der Gummi mal abgefahren, wird der Reifen stabiler. Die seltsame Eigenschaft spricht dafür, dass Ferrari sein Auto sehr steif einstellen muss, um es möglichst tief fahren zu können und dabei nicht in Konflikt mit der Abnutzung der Bodenplatte zu kommen. Angeblich arbeitet man in Maranello schon an neuen Aufhängungsteilen.

Im Rennen erwacht der SF-25 regelmäßig zum Leben. Auch in Imola starteten Hamilton und Leclerc eine Aufholjagd.
Reifenproblem hat Priorität vor Upgrades
Die engen Abstände im Feld sind für Ferrari fatal. Ein Zehntel kann zwischen Q2 und Q3 entscheiden. Man kämpft nicht mehr nur mit Red Bull und Mercedes, sondern neuerdings auch mit Williams. Damit wird die Wahl und Vorbereitung der Reifen am Samstag immer wichtiger. Ferrari hätte in Imola den Aston-Martin-Trick mit den Medium-Reifen kopieren oder konsequent auf angefahrene Soft-Gummis setzen müssen.
Vasseur blickt grimmig zurück: "Hätte und wäre bringen uns nicht weiter. Hinterher bist du immer schlauer. Und was in Imola galt, muss in Monte-Carlo nicht stimmen. Jedes Mal glaubst du, die Reifen zu verstehen, und dann stellst du fest, dass es doch wieder anders kommt." Deshalb fordert der Franzose von seinem Team absolute Konzentration: "Wir müssen die Samstage besser hinkriegen und an unseren Abläufen, dem Setup des Autos, der Reifenvorbereitung und den Aufwärmrunden arbeiten."
Vasseur will den Tifosi keinen großen Upgrades versprechen, weil die im Moment eher verwirren, als helfen würden. "Das Auto am Sonntag ist das gleiche wie am Samstag. Es hat nur zwei Gesichter. Der Sonntag zeigt, dass es so schlecht nicht ist. Upgrades haben erst eine Wirkung, wenn wir wissen, warum wir am Samstag nicht das Potenzial des Autos nutzen können."