Man muss die guten Momente von Ferrari in dieser Saison mit der Lupe suchen. Der Sprint-Sieg von Lewis Hamilton in Shanghai. Der zweite Startplatz von Charles Leclerc in Bahrain. Der gute Mittel-Stint der beiden Ferrari-Fahrer beim gleichen Rennen. "Ein guter Stint oder ein Highlight reichen nicht aus, um zu gewinnen. Wir brauchen mehr Konstanz", fordert Teamchef Frédéric Vasseur.
Unter dem Strich überwiegen die Enttäuschungen. Die schwache Vorstellung der roten Autos im Regen von Melbourne. Die Disqualifikation beider Fahrzeuge in Shanghai. 16 Sekunden Rückstand auf das Siegertrio beim GP Japan, in einem Rennen, in dem jeder 53 Runden am Limit fahren konnte, weil sich die Reifen kaum abnutzten. Die zwei bis vier Zehntel Rückstand auf McLaren. Vasseur sieht die Papaya-Renner einen Schritt vor allen anderen.
Obwohl Ferrari in der zweiten Saisonhälfte 2024 das beste Auto hatte, änderten die Ingenieure über den Winter das Konzept. Der alte SF-24 mit seiner Pushrod-Vorderachse stieß an seine Grenzen. Die Aerodynamiker sahen keinen Spielraum, mehr aus dem Unterboden herauszuholen.

Frederic Vasseur bittet die Fans um Geduld.
Altes Auto war am Limit
Eine Pullrod-Vorderachse dagegen erlaubt, die Strömung Richtung Heck so auszulegen, dass unter dem Strich mehr Abtrieb produziert werden kann. Doch genau daran knabbert Ferrari jetzt. "Wir haben keine Weiterentwicklung des Vorjahresmodells, sondern ein neues Auto. Es braucht Zeit, bis wir für alle Bedingungen die richtige Fahrzeugbalance finden", entschuldigt sich der Teamchef.
Leclerc befindet sich dabei auf dem richtigen Weg. Der WM-Dritte des Vorjahres kennt das Team in- und auswendig, und er hat mit dem alten Auto eine Referenz im Kopf. Nach Suzuka meinte Leclerc erleichtert: "Ich glaube, dass ich mit dem Setup jetzt einen Weg gefunden habe, mehr aus dem Auto herauszuholen." Der achtfache GP-Sieger macht gleichzeitig klar: "Um McLaren zu schlagen, brauchen wir mehr Upgrades."
Lewis Hamilton ist noch nicht so weit. Der Neuling im Team experimentiert immer noch zu viel herum. "Charles bleibt seiner Abstimmung über das Wochenende weitgehend treu. Ich baue das Auto immer noch viel um, damit ich es besser spüre. Gleichzeitig versuche ich, meinen Fahrstil anzupassen."

Mit dem neuen Unterboden hofft Ferrari auf mehr Freiheiten beim Setup.
Neuer Unterboden öffnet Fenster
Ferrari brachte schon in Bahrain einen neuen Unterboden. Er war keine Reaktion auf die Probleme der ersten Rennen, adressierte aber dennoch eine Schwachstelle des SF-25, die den Ingenieuren offenbar schon vorher bekannt war. Im Gegensatz zum Vorgänger ist das Arbeitsfenster deutlich kleiner geworden. Idealerweise müsste Ferrari überall extrem tief fahren, was aber nicht geht, weil man sonst mit zu starker Abnutzung der Planke in Konflikt kommt.
Der neue Unterboden soll dieses Fenster etwas öffnen und den gleichen Abtrieb in einem größeren Setup-Spektrum liefern. Bahrain war nach Aussage von Vasseur ein erster kleiner Fortschritt. Doch es müssen weitere solche Schritte folgen. "Wir haben die Zutaten für ein gutes Auto, nur müssen wir sie zur richtigen Zeit richtig zusammenfügen. Ich habe das Gefühl, dass es Mercedes und Red Bull und meistens auch einem der beiden McLaren nicht besser geht."
Vasseur ärgert sich, dass Niederlagen oft als große Dramen verkauft werden. "Wir reden hier über ein Zehntel hin oder her. Das hat in Bahrain fünf Startplätze ausgemacht. Ein minimaler Fehler reicht aus, und du siehst entweder gut oder schlecht aus. Red Bull gewinnt in Suzuka und fährt in Bahrain hinterher. Es ist aber immer noch das gleiche Auto."