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Analyse der Ferrari-Pleite
Reifendruck lässt Favorit stolpern

GP Kanada 2024

Ferrari fuhr als Favorit nach Melbourne und stolperte über eine Kleinigkeit. Aus einem Fehler am Samstag resultierte die erste Nullrunde des Jahres. In dem engen Feld wirken sich kleine Probleme noch gravierender aus.

Lando Norris - Formel 1 - GP Kanada 2024
Foto: Motorsport Images

Die Strecke schien wie gemalt für Ferrari. Lange Geraden, durchgehend langsame Kurven, alle mit kurzen Radien und viele Randsteine auf der Ideallinie. Nach dem Sieg in Monte-Carlos fuhren Charles Leclerc und Carlos Sainz als Favoriten nach Kanada. Umso krasser war der Absturz. Er kam auf leisen Sohlen. Am Freitag lief noch alles nach Maß. Einen Tag später blieben beide Ferrari-Fahrer im Q2 hängen.

Damit bewahrheitete sich, wovor Teamchef Frédéric Vasseur immer gewarnt hatte: "Die Abstände sind so eng geworden, dass der geringste Fehler große Folgen haben kann." Kollege Andrea Stella von McLaren bestätigt: "Es ist nicht einmal garantiert, dass du das Q1 überstehst. Auch nicht für uns." Bei Ferrari hatte die Kleinigkeit einen Namen: Reifendruck.

Unsere Highlights
Carlos Sainz - GP Kanada 2024
Wilhelm

Eigentlich erwartete man eine starke Performance von Ferrari in Montreal.

Aufwärmrunden zu zögerlich

Damit rückt die perfekte Exekution über das gesamte Wochenende in den Mittelpunkt. Ferrari verschätzte sich mit den Reifendrücken. Die Startdrücke waren vor den entscheidenden Qualifikationsrunden zu niedrig eingestellt. Dazu waren die Piloten in den Aufwärmrunden zu zögerlich.

Beides spielt natürlich zusammen, doch offenbar passte die Kombination nicht. Auffällig ist, dass Ferrari in Shanghai ähnliche Probleme hatte. Auch da reichte es nur zu den Startplätzen sechs und sieben. Auch da waren die Trainings vor der Qualifikation teilweise verregnet. Auch da bekam die Strecke einen neuen Asphalt, von dem wenig bekannt war. Damit fehlten Zeit und Erfahrungswerte, den Schlüssel für schnelle Runden zu finden. Red Bull ist da sattelfester.

Max Verstappen leitete seine schnelle Q2-Runde mit einer Präparationsrunde von 1.23,1 Minuten ein. Im Q3 war er mit 1.24,4 Minuten beim Aufwärmen nur eine Spur langsamer. Leclerc bereitete sich auf seinen letzten Versuch im Q2 mit einer Zeit von 1.39,8 Minuten vor, Sainz immerhin mit 1.33,8 Minuten. Dem Spanier unterlief aber gleich ein Fehler. Deshalb brach er die Runde ab und versuchte es gleich darauf noch einmal. Das konnte nicht gutgehen.

Carlos Sainz - GP Kanada 2024
Pirelli

Die Reifen waren im Qualifying nicht mit dem richtigen Druck aufgepumpt.

Zwei Zehntel in den ersten Kurven

Die Ferrari verloren gleich in den ersten beiden Kurven zwei Zehntel auf die direkte Konkurrenz. Das ist ein Indiz dafür, dass die Reifen zu dem Zeitpunkt noch nicht in ihrem Arbeitsfenster lagen. Lewis Hamilton ist bei seinem letzten Q3-Versuch etwas ähnliches passiert. Auch bei ihm war der Reifendruck zu niedrig eingestellt. Prompt verlor er 0,280 Sekunden auf Teamkollege George Russell und landete nur auf Platz sieben.

Am Ende fehlten bei Leclerc nur 0,032 Sekunden zum Aufstieg. Bei Sainz waren es 0,059 Sekunden. Das zeigt wie klein der Unterschied zwischen Sein und Nichtsein inzwischen geworden ist. Das war für Ferrari kein Trost, aber auch bei anderen Top-Teams geht etwas schief. Sergio Perez blieb schon zum zweiten Mal in Folge im Q1 hängen.

Von den schlechten Startplätzen war für Ferrari nichts mehr zu gewinnen. Noch dazu, als die Motorelektronik ab Ende der ersten Runde entschied, Leclerc einen Teil seiner Power abzuriegeln. Dem Ferrari mit der Startnummer 16 fehlten auf den Geraden 15 km/h. Damit blieb Leclerc im DRS-Zug gefangen. Es war auch kein Trost, dass der Motor nach einem Reset beim Boxenstopp wieder einwandfrei lief. Der Schaden war bereits angerichtet.

Auch Carlos Sainz kam nicht nach vorne. Er kämpfte von der ersten Runde bis zu seinem Unfall um den zehnten Platz. Was auch daran lag, dass Ferrari relativ viel Abtrieb gewählt hatte, wohl auch wegen der schlechten Wettervorhersage. Es galt als gesichert, dass es irgendwann während des Rennens regnen würde. Die Ferrari schafften es beim Top-Speed nur ins Mittelfeld. Da kann man sich schwer nach vorne arbeiten.

Charles Leclerc - Ferrari- Formel 1 - GP Kanada - 8. Juni 2024
Motorsport Images

Läuft es für Ferrari in Barcelona besser als in Montreal?

Wird Ferrari in Barcelona leiden?

Leclerc bedauerte, dass Ferrari ausgerechnet bei einem Rennen Schwäche zeigte, bei dem man gute Chance sah, den Abstand zu Max Verstappen zu verkürzen. Das Gegenteil trat ein. Verstappens Sieg ist um wertvoller, weil er aus seiner Sicht bei einem Auswärtsspiel erzielt wurde.

Für Ferrari steht in Barcelona ein Auswärtsspiel an, weil es dort Kurven gibt, in denen die roten Autos noch Nachholbedarf haben. "Wenn wir überhaupt von einem Defizit reden können, dann haben wir es in lang gezogenen langsamen Kurven. So wie in Shanghai. Gegen die hilft nur ein Upgrade", erzählt Leclerc.

Doch was bedeutet schon die Papierform? Red Bull hätte demnach in Montreal nie gewinnen dürfen. So hofft Ferrari darauf, dass man in den Kurven 4, 5, 10 und 11 von Barcelona weniger leidet, als man es in der Theorie erwarten darf.

Es könnte wieder eine Frage des Setups und der Reifenvorbereitung werden. Im Gegensatz zu Montreal zählt der Circuit de Catalunya zu einer der reifenmordendsten Strecken im Kalender. Der Longrun-Speed wird deshalb die Fahrzeugabstimmung dominieren. Und da sah Ferrari bislang sehr gut aus.

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