Silverstone ist das zwölfte von 24 Rennen. Da kann man schon mal Halbzeitbilanz ziehen. Bei Ferrari fällt das Zeugnis nicht besonders gut aus. WM-Spitzenreiter McLaren konnte fast doppelt so viele WM-Punkte sammeln wie die Scuderia. Einen Sieg gab es für die italienische Nationalmannschaft noch gar keinen. Da tröstet es nur bedingt, dass Mercedes und Red Bull in der Teamwertung noch schlechter rangieren.
"Die erste Saisonhälfte war schwieriger als erwartet", muss auch Charles Leclerc zugeben. "Wir haben am Ende des letzten Jahres um Siege und den Konstrukteurspokal gekämpft. Da hofft man natürlich, dass man zum Start der neuen Saison zumindest auf dem gleichen Level liegt. Das war aber nicht der Fall. Aus dieser Situation kämpfen wir uns gerade mit der Weiterentwicklung des Autos raus."
In den letzten Rennen konnte man bereits einen Fortschritt erkennen. In Spielberg waren die roten Autos zweite Kraft. "Ich weiß, dass noch mehr kommt. Hoffentlich so schnell wie möglich", gibt sich Leclerc zuversichtlich. "Wir tun alles, um den Rückstand zu verkleinern. Die Upgrades sollen einige Schwächen von uns ausmerzen." Dem Monegassen macht vor allem die neue Hinterachse Hoffnung, die in Spa debütieren soll.

In Silverstone fährt Ferrari noch mit der alten Aufhängung. Die neuen Teile kommen erst in Spa.
Ferrari versteht McLaren-Performance nicht
Beim Blick auf den Rückstand zu McLaren gibt sich der Scuderia-Pilot aber wenig optimistisch: "Dass es reicht, die Lücke komplett zu schließen, glaube ich nicht. Sie haben einen signifikanten Vorsprung. Da braucht es schon mehrere Upgrades, um auf dieses Level zu kommen. Aber vielleicht kommen wir ihnen immerhin etwas näher, so dass sie unter Druck geraten und wir sie in Fehler treiben. Aktuell ist die Lücke so groß, dass wir gar keinen Druck ausüben können."
Der McLaren ist für die Ferrari-Ingenieure immer noch ein Buch mit sieben Siegeln. Normalerweise schrumpfen die Abstände im letzten Jahr eines Reglement-Zyklus eher zusammen. Der amtierende Teamweltmeister hat es aber irgendwie geschafft, den Vorsprung zum Rest des Feldes ordentlich auszubauen.
"Es sind viele Dinge, die sie besser machen als die anderen, die sich zu einem großen Vorsprung addieren", rechnet Leclerc vor. "Besonders haben sie sich bei heißem Wetter verbessert. Da gab es im dritten Training von Bahrain eine Runde von Oscar (Piastri) in der Hitze, bei der ich mich immer noch frage, wie er das gemacht hat. Das war sehr beeindruckend. Da fehlen einem einfach die Worte, weil man nicht versteht, wo diese Performance herkommt. Sie haben da etwas gefunden, was den Reifen bei warmen Bedingungen hilft, das wir nicht verstehen."

Leclerc will die Saison noch nicht abschenken.
Hamilton fährt mit Leclerc-Setup
Während Leclerc noch auf ein kleines Wunder hofft, hat Lewis Hamilton den Blick schon weiter in die Zukunft gerichtet. Er arbeitet mit den Ingenieuren in Maranello bereits am Auto für die kommende Saison. Mit dem aktuellen Modell steht der Rekordsieger weiter auf Kriegsfuß. "Charles hat einen Weg gefunden, der mit diesem Auto funktioniert. Ich habe alle anderen Richtungen ausprobiert, mit denen es eigentlich auch klappen sollte, das war aber nicht der Fall."
Mit dem Leclerc-Setup kommt Hamilton aber nicht zurecht: "Ich bin zuletzt langsam in die Richtung tendiert, mit der auch Charles das Auto fährt. Letzte Woche waren die Autos so ähnlich wie noch nie. Das ist aber eine Balance, mit der es schwer ist, zu fahren. Das ist keine komfortable Art. So will ich in der Zukunft nicht fahren. Deshalb arbeite ich hart mit Loïc (Serra) und seinen Jungs in der Fabrik, damit das künftige Auto auch etwas von meiner DNA in sich trägt."