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Rückblick auf das WM-Duell
Epischer Zweikampf der Generationen

Diese Weltmeisterschaft schrieb Motorsport-Geschichte. Ein Highlight jagte das nächste. Eine Kontroverse die andere. Red Bull und Mercedes begegneten sich auf Augenhöhe. Max Verstappen und Lewis Hamilton auch. Wir blicken in sieben Kapiteln zurück auf den großen Zweikampf um die Krone der Formel 1.

Hamilton - Verstappen - GP Saudi-Arabien 2021
Foto: Wilhelm

Dieses Duell elektrisierte. Kein Fan konnte sich der Spannung entziehen. Es schenkte der Formel 1 viele neue Anhänger. Lewis Hamilton und Max Verstappen bekämpften sich auf allen erdenklichen Ebenen. Mit dem besseren Ausgang für den 24-Jährigen aus den Niederlanden, der sich erstmals zum Weltmeister machte. Und das in der letzten Runde eines denkwürdigen Finals. Die Saison bestand aber nicht nur aus diesem einen Kapitel, sondern aus 21 weiteren. Verstappen gegen Hamilton: Das waren die Highlights und Aufreger.

Unsere Highlights
Hamilton - Verstappen - GP Saudi-Arabien 2021 - Jeddah - Rennen
Wilhelm
Hamilton und Verstappen begaben sich in 12 Rennen in den Infight.

Die Zweikämpfe

Jung gegen Alt. Kronprinz gegen König. Supertalent gegen Rekordweltmeister. In mehr als der Hälfte der Rennen begaben sich die Überflieger der Formel 1 in einen Infight. Sechs Mal verließ Hamilton die Rennstrecke als Sieger, fünf Mal Verstappen. In Italien gab es ein Unentschieden. Da strandeten beide im Kiesbett.

Die Saison begann mit einem Hamilton-Sieg im Flutlicht von Bahrain. Eigentlich hatte ihn sein Widersacher kurz vor Rennende überholt, allerdings neben der Strecke. Red Bull pfiff seinen Star zurück – sonst hätten die Sportkommissare gehandelt. In Imola folgte die Revanche. Verstappen drängte den Mercedes am Start ins Abseits.

In Portimão ging es hin und her: Erst überholte Verstappen den Mercedes auf der Zielgeraden, dann konterte Hamilton. Beim GP Spanien verhalf dem Rekordsieger ein zweiter Boxenstopp zu frischeren Reifen und schließlich zum Erfolg. Sieben Runden vor Schluss ging Hamilton am unterlegenen Red Bull vorbei. Der Gegner kopierte die Strategie in Frankreich. Verstappen ließ Hamilton im vorletzten Umlauf stehen.

Den Zusammenstoß von Silverstone mit fast 300 km/h überstand nur der Mercedes. In den USA boxte sich Hamilton zwar am Start durch, unterlag aber trotzdem. In Mexiko war Valtteri Bottas am Start als Puffer zwischen den WM-Rivalen. In Brasilien und Saudi-Arabien wehrte sich Verstappen, indem er den Mercedes beim Verteidigen neben die Piste verbannte. Trotzdem setzte sich Hamilton jeweils durch.

In Abu Dhabi machte der Kronprinz den WM-Titel in der letzten Runde klar – dank frischerer Reifen. Hamiltons Konter brachten ihn zwar noch einmal neben den Red Bull, aber nicht mehr davor. Der entthronte Champion blieb in der Stunde seiner vielleicht schwersten Niederlage ein fairer Verlierer und gratulierte Verstappen.

Verstappen vs. Hamilton - GP Italien - Monza - 2021
xpb
In Silverstone und Monza krachte es richtig.

Die Unfälle

In Copse Corner knallte es bei hoher Geschwindigkeit, in Monza für Formel 1-Verhältnisse bei Schneckentempo. Max Verstappen gab in Silverstone auf der Außenseite nicht nach. Das linke Vorderrad des Mercedes verkeilte sich mit dem rechten Hinterrad des Red Bull. Das dunkelblaue Auto flog in den Reifenstapel. Verzögerung: 51 g. Geschätzter Schaden: 1,8 Millionen US-Dollar. Doppelt bitter: Red Bull verlor nicht nur ein Auto, sondern später auch den Motor. Das führte zur Startplatzstrafe in Sotschi.

Die Stewards sahen hauptsächlich Hamilton in der Verantwortung. Sie sprachen eine Strafe von zehn Sekunden aus. Dennoch gewann er sein Heimspiel. Beim Highspeed-Klassiker in Italien führten die Streithähne zwei verpatzte Boxenstopps überhaupt erst zusammen. Verstappen hatte eine einzige Chance, wieder am Mercedes vorbeizukommen. Er bremste sich in der ersten Schikane links daneben, zog auf der Außenspur mit und kletterte über das Auto des Rivalen. Hamilton hatte Glück, dass über dem Cockpit der Halo-Titanbügel das Rad abwehrte. So kam er mit einem Streifschuss und Nackenschmerzen davon. Diesmal bezahlte Verstappen – mit drei Strafplätzen für den folgenden GP Russland.

Es sollte noch einmal knallen. Diesmal aber kamen beide Autos glimpflich davon. In Saudi-Arabien bremste Verstappen mit einem Druck von 69 bar vor Hamiltons Nase ab, weil er auf Anweisung der Kommissare den Mercedes vorbeilassen musste, es aber partout noch vor der DRS-Linie machen wollte. Manche sprachen von einem Bremstest. Andere nahmen auch Hamilton mit in die Verantwortung. Der Engländer konnte nur halb ausweichen und fuhr dem Red Bull hinten links drauf. Die Sportkommissare machten Verstappen als Übeltäter aus. Das Strafmaß: zehn Sekunden.

Der Niederlände fühlte sich generell benachteiligt. Auch weil man seine Verteidigungsmanöver anprangerte. "Für mich gelten andere Maßstäbe." Red Bull witterte eine Hexenjagd – angezettelt von Mercedes.

Lewis Hamilton - Mercedes - GP Aserbaidschan 2021 - Baku
Wilhelm
In Baku erwischte Hamilton aus Versehen des Brake-Magic-Button.

Die Fehler

Mercedes-Teamchef Toto Wolff fasste schon vor dem letzten Rennen zusammen. "Die Jahre gegen Ferrari waren auch brutal. Der Unterschied: Red Bull hat uns das ganze Jahr alles abverlangt." Hamilton ergänzte: "Es hat uns besser gemacht, dass Max und Red Bull so viel Druck ausgeübt haben. Ich hoffe, wir erleben in Zukunft noch weitere Saisons nach diesem Vorbild."

Kein Fahrer, kein Team kam ohne Fehler durch. Hamilton versenkte seinen W12 bei den Wintertests in Bahrain. Da ahnte man, dass die Siegesmaschine vielleicht erstmals ins Stocken geraten könnte. Er verabschiedete sich in Imola in der Tosa-Kurve ins Kiesbett, weil er beim Überrunden zu ungeduldig war. Der 36-Jährige hatte Glück, dass ihm eine Rotphase noch den zweiten Platz rettete.

Hamilton patzte in Baku beim Restart, als er aus Versehen den Brake-Magic-Button am Lenkrad erwischte. In Monza verschlief er den Start ins Sprintrennen. In Russland streifte er in der Quali die Mauer an der Boxeneinfahrt und drehte sich von der Bahn. In der Türkei hörte er nicht auf seine Strategen. So wurde aus einem möglichen Podest nur ein fünfter Platz.

Verstappen öffnete Hamilton die Tür in Portimão mit einem kleinen Quersteher in der vorletzten Kurve. Er verunfallte in Baku im dritten Training und in Belgien im zweiten. In Katar musste er fünf Startplätze zurück, weil er bei Gelb am Ende der Qualifikation nicht vom Gas ging. In Saudi-Arabien war er bis zur letzten Kurve auf einer Traumrunde unterwegs – dann touchierte er die Mauer. Das wäre kein Problem gewesen, hätte er wenigstens den ersten Restart in Jeddah für sich entschieden.

Auch im Finale verschlief er den Start. Die Reaktionszeit war schlecht. Und: "Er hat zu viel Gas gegeben. Deshalb sind im ersten und zweiten Gang die Räder durchgedreht", erklärte Red-Bull-Sportchef Helmut Marko. Hamilton dominierte das Finale von A bis Y. Das späte Safety Car vermasselte ihm den achten Titelgewinn.

Toto Wolff - Christian Horner - Formel 1 - GP Abu Dhabi - 12. Dezember 2021
Motorsport Images
Zwischen Mercedes und Red Bull flogen 2021 die Fetzen.

Die Kontroversen

Natürlich die Unfälle. Sowohl Red Bull als auch Mercedes karten nach. Das Team aus Milton Keynes wollte nach Silverstone eine härtere Strafe erwirken. Man schickte Alexander Albon sogar in einem alten Auto an einem Filmtag um die Strecke, um Hamiltons Linien nachzufahren und neue Beweise zu sammeln. Mercedes schmeckte Verstappens Fahrweise nicht. Nach Brasilien strebte der Titelverteidiger eine Untersuchung an. Die Stewards verzichteten beide Male, ihr Urteil nachträglich zu korrigieren.

Technisch ging es vor allem um die Heckflügel. Ab dem GP Frankreich verschärfte die FIA die Tests, um ein zu starkes Verbiegen zu unterbinden. Offenbar angeschoben durch Mercedes, um Red Bull zu schwächen. Auch die Vorschriften zu den Reifen wurden angezogen nach den Schäden von Aserbaidschan. Auch hier glaubte Mercedes, dass der Gegner zumindest in Graubereichen fische. Red Bull seinerseits zeigte mit dem Finger auf den Mercedes-Frontflügel.

Ab Silverstone umtrieb Red Bull der wiedergewonnene Topspeed-Vorteil des Gegners. Die Theorie mit einem gezielten Abkühlen des Luftsammlers erwies sich als Luftnummer. Den Trick mit dem sich absenkenden Heck auf den Geraden gibt es bei Mercedes schon seit Jahren. Man konnte ihn nach der Technik-Offensive von England nur endlich wieder richtig anwenden.

Mit dem angeblich biegsamen Hauptblatt des Heckflügels (ab 260 km/h) glaubt Red Bull, einen Treffer gelandet zu haben. "Mercedes hat modifiziert." Der Gegner bestreitet. Zum Schluss stand noch der Unterboden des Mercedes im Verdacht. Die DRS-Affäre von Brasilien führte der Konstrukteurs-Meister auf zwei lose Befestigungsschrauben zurück. Verstappen befummelte den Flügel und hätte Mercedes beinahe noch zur Flucht verholfen. Er blechte 50.000 Euro.

Vor dem Finale prangerte Red-Bull-Teamchef Christian Horner noch die PR-Maschine Mercedes an. Da verbreite ein ganzer Konzern das Narrativ von "Mad Max", um Druck auszuüben. Mercedes lächelte die Vorwürfe weg. "Wir müssen unseren Pressesprechern wohl mehr Geld bezahlen."

Natürlich konnte auch das große Finale nicht geräuschlos ablaufen. Mercedes versuchte, das Ergebnis nachträglich am grünen Tisch zu verändern. Einmal, weil Verstappen unter Safety Car kurz vor Hamilton kam. Das andere Mal, weil es einen Formfehler beim Neustart nach Safety Car gab. Die Sportkommissare ließen sie zweimal abprallen. Mercedes reichte darauf fristgerecht seine Absicht ein, in Berufung zu gehen. Die späte wie unerwartete Niederlage schmerzte, nachdem es 52 Runden lang nach einem Durchmarsch ausgesehen hatte. Vier Tage nach dem Finale zog auch Mercedes einen Schlussstrich, und nahm die Berufung vom Tisch.

Fast schon leise blieb es im Vergleich um die Technische Direktive zu den Boxenstopps, die nach der Sommerpause griff. Die Reifenwechsel wurden langsamer. Red Bull blieb in dieser Disziplin trotzdem Spitze.

Max Verstappen - Formel 1 - GP Niederlande - Zandvoort - 2021
Motorsport Images
Verstappen glänzte beim Heimspiel in Zandvoort unter höchstem Druck.

Die besten Rennen

Für Hamilton waren es Brasilien und Abu Dhabi. Es ist wirklich schwer, da eines rauszupicken. In Interlagos ließ er sich nicht von zwei Strafen aufhalten. Er machte in Sprint und Hauptrennen insgesamt 24 Positionen gut. Im Saisonfinale kochte er seinen Rivalen am Start trotz der härteren Reifen ab. Hamilton fuhr ein brillantes Rennen ohne Fehler, während Verstappen in manchen Phasen nervös wirkte. So wie das der Brite 2007 war, als er um den Titel fuhr und 2008 als er auf den letzten Metern seinen ersten gewann.

Verstappens Sahne-Grand-Prix war das Heimspiel in den Niederlanden. Pole trotz DRS-Ausfall in der letzten Quali-Runde. Sieg in souveräner Manier. Seine Fans hatten es erwartet. Der Druck war enorm. Der spätere Champion lieferte ab. Das war ein echtes Meisterstück vom jungen Wilden, der wie sein Rivale generell die ganze Saison über beeindruckte. Die zwei unbestritten besten Fahrer lieferten sich einen epischen Zweikampf, der nie vergessen werden wird.

Lewis Hamilton - GP Monaco 2021
Wilhelm
In Monaco strauchelte Hamilton als Siebter.

Die schlechtesten Rennen

Für Hamilton war Monaco ein kompletter Reinfall. Siebter im Qualifying, Siebter im Rennen. Auf eine Runde fehlte Reifentemperatur und Grip. Im Dauerlauf fraß der Mercedes die Reifen. Die Strategen mussten die Strategie anpassen. Undercut statt Overcut: Nur half es nichts. Verstappen räumte mit dem Sieg groß ab, hatte aber auch Glück, dass Pole-Setter Charles Leclerc erst gar nicht startete.

Vor dem GP England stand es 182 zu 150 für Verstappen. Er hätte einfach 18 WM-Punkte mitnehmen können. Stattdessen zog er in Copse außen mit. Diesmal musste er damit rechnen, dass Hamilton auf der Innenspur gegenhalten würde. Der Engländer musste dieses Rennen allein schon der Psychologie wegen gewinnen. Verstappen nicht unbedingt. Das Risiko war unnötig.

Max Verstappen - Red Bull - Formel 1 - GP Abu Dhabi - 12. Dezember 2021
xpb
Red Bull machte Verstappen zu seinem zweiten Fahrer-Weltmeister nach Vettel.

Die Statistik

Verstappen setzte sich in der längsten Saison der Geschichte mit 395,5 zu 387,5 Punkten durch. Er gewann zehn Rennen, Hamilton acht. Verstappen startete zehn Mal vom ersten Startplatz ins Rennen, sein Rivale fünf Mal. Beide drehten jeweils in sechs Grands Prix die schnellste Runde. Der Weltmeister sammelte darüber aber nur fünf Punkte. Die schnellste Rennrunde in Baku war nach dem Unfall nur für die Galerie.

In den Sprints (England, Italien, Brasilien) sammelte Hamilton zwei Punkte. Verstappen holte sieben Zähler. Der neue Weltmeister kletterte 18 Mal aufs Podest, Hamilton 17 Mal. Der Red-Bull-Pilot führte 652 Runden an. Hamilton deren 297. Verstappen lag in Summe 2.989 Kilometer an der Spitze, Hamilton 1.582. Die Zahlen belegen die herausragende Saison des 24-Jährigen: Verstappen ist ein würdiger Titelträger.

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