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Die Rücktritte der F1-Weltmeister
Nur vier perfekte Abgänge

Von 34 Weltmeistern in der Formel 1 sind schon 30 zurückgetreten. Sebastian Vettel ist Ende 2022 der nächste. Wie reiht sich sein Rücktritt in die anderen ein? Der perfekte Abtritt gelingt ihm nicht mehr. Den haben nur vier Fahrer geschafft.

Ayrton Senna, Alain Prost, Nigel Mansell & Nelson Piquet - GP Portugal 1986
Foto: Motorsport Images

Von 34 Weltmeistern in der Formel-1-Geschichte sind nur vier noch aktiv. Am Ende der Saison werden es drei sein. Sebastian Vettel hängt mit seinem 299. Grand Prix in Abu Dhabi den Helm an den Nagel. Seine drei Kollegen haben noch lange nicht genug. Lewis Hamiltons Vertrag mit Mercedes gilt bis 2023, doch der siebenfache Weltmeister hat schon angedroht: "Der Tank ist noch voll." Gemeint ist sein Ehrgeiz. Fernando Alonso unterschrieb gerade für mehrere Jahre bei Aston Martin, und der amtierende Champion Max Verstappen hat sich bis 2028 an Red Bull gebunden.

Unsere Highlights

Vettel hat lange mit seiner Entscheidung gerungen, ob er noch ein Jahr dranhängen will. Doch die Chancen mit Aston Martin im nächsten Jahr auf das Podium zu fahren, geschweige denn zu gewinnen, waren dann doch zu unrealistisch. Vettel wollte nicht mehr fahren, um nur noch dabei zu sein, so wie es vor ihm einigen Weltmeistern passiert ist. Die haben den Absprung lange verpasst.

Auch Vettel fährt nun schon im dritten Jahr unter seinem Niveau. Der letzte GP-Sieg liegt 56 Rennen zurück. Da gewann der heute 35-jährige Deutsche für Ferrari den GP Singapur. Es werden aller Wahrscheinlichkeit nach bis zum Saisonende neun sieglose Grand Prix dazukommen. Aktuell liegt der vierfache Weltmeister mit 16 Punkten auf Rang 14 der WM. Die Aussichten, dass der Tabellenplatz noch einstellig wird, sind ebenfalls gering.

Vettels nicht ganz perfekter Abgang führt zu der Frage, wer überhaupt den richtigen Moment erwischt und wer seinem Namen im Herbst seiner Karriere noch Schaden zugefügt hat. Die Rücktritte lassen sich in sechs Kategorien einteilen.

Nico Rosberg - Sky - TV
xpb
Nico Rosberg trat wenige Tage nach dem Gewinn des WM-Titels zurück. Heute arbeitet der Champion von 2016 als TV-Experte.

Das perfekte Karriereende

Das haben nur Mike Hawthorn, Jackie Stewart, Alain Prost und Nico Rosberg geschafft. Alle traten als Weltmeister zurück. Mike Hawthorn überlebte seinen Titelgewinn 1958 nur um 95 Tage. Dann kam der Engländer im Alter von 29 Jahren bei einem Autounfall nahe seiner Heimatstadt Guildford ums Leben. Hawthorn war mit nur einem Sieg kein glanzvoller Weltmeister. Seine Visitenkarte war die Zuverlässigkeit. Rivale Stirling Moss gewann 1958 vier Mal und ging doch leer aus.

Jackie Stewart hatte seinen Rücktritt 1973 schon vor der Saison beschlossen, es aber nur Ken Tyrrell und Ford-Sportchef Walter Hayes gebeichtet. Zu seinem letzten Grand Prix trat der Schotte nicht mehr an. Es wäre sein 100. Start gewesen. Doch nach dem tödlichen Unfall von Teamkollege Francois Cevert im Training zog Tyrrell seine Autos zurück. Mit fünf Siegen drückte Stewart der Saison seinen Stempel auf. Besser kann man nicht zurücktreten.

Alain Prost plante seinen Abschied wie ein Professor. Weil er 1992 kein konkurrenzfähiges Auto fand, setzte Prost ein Jahr aus. Der Mann mit der Hakennase konzentrierte sich darauf für das Folgejahr in das beste Auto im Feld zu kommen und Erzfeind Ayrton Senna bei Williams kaltzustellen. Der Plan klappte. Prost wurde 1993 in Estoril mit einem zweiten Platz zum vierten Mal Weltmeister. Er hatte sieben der 16 Rennen gewonnen und seinen Frieden gefunden.

Nico Rosbergs großer Coup bestand darin, nur fünf Tage nach dem Titelgewinn 2016 zu kündigen. Er wusste, dass er nie mehr die Energie aufbringen würde, Lewis Hamilton noch einmal zu schlagen. Hamilton war auch 2016 der schnellere Fahrer, Rosberg aber der effizientere. Experten sehen es als Rosbergs größte Leistung an, auf dem Höhepunkt seiner Karriere den Mut aufzubringen Good-bye zu sagen. Die Konsequenz hatten nur wenige.

McLaren MP4/8 - Mika Häkkinen - GP Australien 1993
Motorsport Images
Der fliegende Finne Mika Häkkinen gewann in seiner letzten F1-Saison 2001 wenigstens noch zwei Rennen.

Der nicht ganz perfekte Rücktritt

Dazu zählen alle Fahrer, die sich in ihrer letzten Saison wenigstens noch mit einem Sieg oder einer Pole Position verabschiedeten. Die durchblitzen ließen, dass sie immer noch siegfähig waren, es zum Titel aber wegen den Umständen nicht mehr reichte. Und die realisierten, dass der Höhepunkt überschritten war und jede weitere Saison nur noch Enttäuschungen bringen würde.

Juan-Manuel Fangio gewann 1958 bei seinen letzten drei Auftritten zwar keinen Grand Prix mehr, aber er zeigte mit seiner Pole Position im betagten und halb werksunterstützten Maserati 250F beim Heimrennen in Buenos Aires, dass er immer zu den besten Fahrern zählte. Doch das Feuer brannte mit immer kleinerer Flamme. Tödliche Unfälle seiner Kollegen setzten dem fünffachen Champion zu. Bei seinem Abschiedsrennen in Reims zahlte Luigi Musso den höchsten Preis. Fangio gab später einmal zu, dass er drei Rennen zu lange gefahren war. Er wäre besser als Weltmeister von 1957 zurückgetreten.

Das Karriereende von Denis Hulme, Niki Lauda, Nelson Piquet und Mika Häkkinen verlief nach dem gleichen Schema. Der große Elan war raus. Es gab einen jungen Teamkollegen, der schneller fuhr. Die Angst vor dem großen Unfall fuhr mit. Hulme gewann 1974 den GP Argentinien zu Saisonbeginn, war aber im Rest der Saison nur noch Mitläufer. Auch Lauda machte gegen den schnelleren Teamkollegen Prost 1985 nur noch einen Stich. Er gewann in Zandvoort seinen letzten Grand Prix.

Piquet staubte 1991 in Montreal seinen 23. GP-Sieg ab, bekam ab Monza den jungen Michael Schumacher an seine Seite gestellt. Der richtige Fingerzeig zum Aufhören, auch wenn Piquet zwei Mal vor dem angehenden Superstar ins Ziel kam und ihn in seinem letzten Trainingsduell in Adelaide besiegte.

Häkkinen missfiel, dass sich McLaren 2001 mehr um David Coulthard kümmerte. Und ein schwerer Unfall in Melbourne machte den zweifachen Weltmeister nachdenklich. "Ich sagte zu mir: Sei nicht zu gierig. Du hast alles erreicht."

Jack Brabham - 1969
Motorsport Images
Jack Brabham wäre gerne noch länger als 1970 gefahren, aber er versprach seiner Familie dass er aufhört.

Der solide Abgang

Nino Farina gewann 1953 seinen letzten Grand Prix und hörte 1955 auf. Der Eisenfuß aus Turin war in den letzten beiden Saisons immer noch konkurrenzfähig, doch er fuhr mit Schmerzen. Die Folgen eines Feuerunfalls bei einem Sportwagenrennen in Monza setzten dem ersten Weltmeister der Geschichte zu. Farina verabschiedete sich in Spa ehrenvoll mit einem dritten Platz.

Jack Brabham startete 1970 im Alter von 44 Jahren einen letzten Anlauf auf den vierten Titel, doch dem Australier kamen Jochen Rindt im Wunderauto Lotus 72 und eine gehörige Portion Pech dazu. Brabham gewann den Saisonauftakt in Südafrika, verlor dann aber in Monte Carlo und Brands Hatch jeweils in der letzten Kurve der letzten Runde. Ein böser Testunfall in Zandvoort war der letzte Warnschuss. Genug ist genug. Brabham räumte später ein, dass er gerne noch weitergefahren wäre, es aber seiner Familie versprochen hatte aufzuhören.

Alan Jones hatte sein Karriereende mit dem Sieg beim Grand Prix von Las Vegas 1981 eigentlich perfekt getimt. Doch dem Australier wurde daheim langweilig und er ließ sich zurückbitten. Weil die Topteams voll waren, landete er 1983 für ein Rennen bei Arrows und 1985 und 1986 für eineinhalb Jahre bei Haas-Lola. Der mit Pauken und Trompeten angekündigte Werkseinsatz von Ford wurde zum Flop. Jones zeigte phasenweise seine Qualitäten, wurde aber mit vier Punkten unter Wert geschlagen. Rückblickend fuhr er 20 Grands Prix zu viel.

Mario Andretti - GP Miami 2022
Wilhelm
Mario Andretti fuhr noch im Alter von 42 Jahren in der Formel 1.

Mit einem blauen Auge davongekommen

Bei Mario Andretti lag der letzte GP-Sieg beim Rücktritt zwar 50 Rennen zurück, doch der Amerikaner scheiterte 1979, 1980 und 1981 immer wieder an der Defektanfälligkeit seiner Autos. Der Speed war noch da, was Andretti 1982 im Alter von 42 Jahren bei einem sporadischen Einsatz für Ferrari mit der Pole Position und dem dritten Platz in Monza eindrücklich unter Beweis stellte. Der Haudegen aus Nazareth wurde 1984 noch IndyCar-Meister gewann 1993 im Alter von 53 Jahren sein letztes IndyCar-Rennen.

Keke Rosberg wechselte 1986 von Williams zu McLaren und schoss sich damit ein Eigentor. Teamkollege Prost wurde Weltmeister, er selbst mit 22 Punkten Sechster in der WM-Wertung. Der McLaren war ein Prost-Auto. Eine Pole Position und ein zweiter Platz machten den überraschenden Abtritt des Weltmeisters von 1982 wenigstens ehrenhaft.

Nigel Mansell kehrte als Weltmeister 1993 der Formel 1 den Rücken zu, gewann die IndyCar-Serie auf Anhieb und ließ sich ein Jahr später noch vier Mal als Aushilfsfahrer von Williams bitten. Dabei gewann Mansell das Abschlussrennen in Adelaide. Die zwei unglücklichen Einsätze im McLaren 1995 hätte Mansell besser gelassen.

Auch Damon Hill hätte sich das letzte Jahr besser erspart. Er kam mit den Rillenreifen nicht klar und ging gegen Teamkollege Heinz-Harald Frentzen bei Jordan unter. Ein Jahr zuvor gewann der Weltmeister von 1996 mit Jordan in Belgien noch seinen letzten Grand Prix.

Michael Schumacher - 2013
Wilhelm
Die Mercedes-Ingenieure sind heute noch voll des Lobes für Michael Schumacher. Die Früchte seiner harten Entwicklungsarbeit konnte er aber nicht mehr ernten.

Den Absprung verpasst.

Phil Hill, Graham Hill, John Surtees, Emerson Fittipaldi, James Hunt, Jody Scheckter, Michael Schumacher, Jacques Villeneuve, Jenson Button und Kimi Räikkönen haben den richtigen Zeitpunkt zum Aufhören verpasst. Die einen wie Phil Hill, Scheckter oder Hunt waren in ihrer letzten Saison nur noch zweitklassig. Die anderen wie Graham Hill, Surtees, Fittipaldi, Schumacher, Villeneuve, Button und Räikkönen schleppten sich viel zu lange mit Autos über die Runden, mit denen kein Blumentopf zu gewinnen war.

Am besten machte es noch Michael Schumacher, auch wenn ihm in seinen letzten drei Jahren mit Mercedes nur ein Podium gelang. Doch der Beitrag, den der 91-fache GP-Sieger für das Team lieferte, wurde erst publik, als er längst zurückgetreten war. Er war mit seiner Erfahrung, seinem technischen Verständnis und seinem Feedback einer der Geburtshelfer des späteren Dauer-Weltmeisters.

Phil Hill wurde von Cooper auf die Straße gesetzt. Graham Hill, John Surtees und Emerson Fittipaldi verbrachten die letzten Saisons in ihren eigenen Teams. Da waren sie Chef und Fahrer zugleich. Bei Hunt und Scheckter fuhr die Angst vor dem schweren Unfall mit. Villeneuve hat sich mit seinem BAR-Abenteuer selbst mattgesetzt. Bei Sauber kam der Kanadier nicht mehr auf die Füße. Als BMW 2006 das Team übernahm, wurde er mitten in der Saison entlassen.

Jenson Button blieb McLaren die letzten acht Jahre seiner Karriere treu. Pech für ihn, dass McLaren ab 2013 kein Spitzenteam mehr war. Kimi Räikkönen hätte schon nach seinem ersten Jahr mit Sauber merken müssen, dass seine Uhr abgelaufen war. Es wurden drei daraus, weil Kimi sich erst von dem Leben eines Formel-1-Fahrers lossagen musste.

Ayrton Senna - Williams FW16 - GP San Marino 1994 - Imola
xpb
Ayrton Senna gehörte zu den vier Weltmeistern, die während ihrer aktiven Karriere tödlich verunglückten.

Das tragische Ende

Vier Weltmeister wurden durch Unfälle aus ihrer Karriere gerissen. Alberto Ascari erwischte es just in dem Jahr, in dem er mit Lancia das Gegengewicht zur Kombination Mercedes und Fangio werden sollte. Ein sinnloser Tod bei privaten Testfahrten in Monza nur vier Tage nach dem Hafensturz von Monte Carlo. Ascari hatte weder Rennanzug noch Helm dabei, als ihm Lancia-Kollege Eugenio Castellotti anbot einen Ferrari 750 Monza probezufahren. Ausgerechnet der abergläubische Ascari ließ sich auf den Test mit Anzug und Krawatte und fremdem Helm ein. Die Fachwelt war sich damals einig: Der einzige, der Fangio fahrerisch herausfordern konnte, war Ascari.

Jim Clark starb 1968 bei einem unbedeutenden Formel-2-Rennen in Hockenheim. Seinen letzten Grand Prix Anfang des Jahres in Südafrika hatte er gewonnen und Fangio mit 25 GP-Erfolgen als Rekordsieger abgelöst. Clark ging als haushoher Favorit in die WM. Der spätere Verlauf der Saison unterstrich, dass der Schotte den Titel wahrscheinlich mit links gewonnen hätte. Sein Teamkollege Graham Hill erlöste Lotus von dem Trauma des Clark-Unfalls.

Jochen Rindt fuhr mit 20 Punkten Vorsprung zum viertletzten Rennen nach Monza. Im Abschlusstraining zum GP Italien riss auf der Anfahrt zur Parabolica vorne rechts die Bremswelle. Der Lotus 72 mit seinem machtlosen Passagier bog nach links in die Leitplanken ab. Rindt starb beim Aufprall. Sein Vorsprung reichte, um 1970 als einziger Fahrer der GP-Geschichte posthum Weltmeister zu werden.

Ayrton Senna ging 1994 wie Clark 26 Jahre vor ihm als erklärter Favorit in die Saison. Doch der Williams war nicht mehr das beste Auto im Feld, und Senna traf mit Michael Schumacher auf einen Gegner in Augenhöhe. Senna stellte den störrischen Williams mit dem Mut der Verzweiflung drei Mal auf die Pole Position, doch Schumacher gewann alle drei Rennen. Die Zielflagge in Imola sah der Brasilianer nicht mehr. Der dreifache Weltmeister krachte in der fünften Runde wegen eines mutmaßlichen Lenkdefekts in der Tamburello-Kurve in die Mauer und wurde vom rechten Vorderrad seines Autos erschlagen.

Und wo wird sich Sebastian Vettel einreihen? Wenn die zweite Saisonhälfte deutlich besser wird als die erste, wenn sein Aston Martin nicht nur über die Distanz, sondern auch eine Runde glänzen kann, dann kann es Vettel noch in die Kategorie "mit einem blauen Auge davongekommen" schaffen.

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